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Pater Walbert Kaufmann

P. Walbert wurde am 13. März 1935 im Kantonsspital Luzern seinen Eltern Verena und Anton Kaufmann-Fellmann als erstes von insgesamt sechs Kindern geschenkt und vier Tage später auf den Namen Josef getauft. Er wuchs im luzernischen Winikon auf, wo er fünf Jahre die Primarschule besuchte. Nach der fünften Klasse ging er für ein Jahr an die Bezirksschule im benachbarten aargauischen Rheinau, bevor er 1948 bei den Kapuzinern ins Kollegium St. Fidelis in Stans einzog. Schon früh zeigte Josef reges Interesse am politischen Geschehen, so dass man den «Choufme» im Stanser Studiersaal oft mehr hinter dem «Vaterland» und dem «Surseer Landboten» antraf als hinter Latein und Griechisch, sich dabei eher für das Seilziehen zwischen Liberalen und Konservativen im Amt Sursee als für den Koreakrieg interessierend, wie ein Mitstudent schrieb. So verwundert es nicht, dass Sepp 1953 aktiv bei der Gründung einer neuen Sektion der Jungkonservativen in seiner Heimatgemeinde Winikon mithalf. Eher verwundert es, dass er sich dabei mit den kleinen Ämtchen des Pressechefs und des Aktuars begnügte, weil er die Übernahme der Leitung für sich als zukünftigen Theologen als wenig vorteilhaft beurteilte. Also keine politische Laufbahn, wie man hätte meinen können. «Was machst du nach der Matura?», fragte ihn ein Altstanser Freund auf der Zugfahrt von Luzern nach Sursee. «Ich probiere im Kloster Einsiedeln», war seine Antwort. Josef hat probiert, und mit dem Eintritt im Kloster Einsiedeln nach der Matura 1955 ging für ihn ein «durch viel Gebet und Überlegung gehüteter Wunsch» in Erfüllung, wie der Zwanzigjährige im selber Jahr schrieb. Nach dem Noviziat legte er 1956 seine zeitliche und drei Jahre später seine ewige Profess ab. Dabei nahm er den Namen des heiligen Gualbertus an. Am 4. Juni 1960 wurde er zum Priester geweiht.

Danach wurde P. Walbert für den Unterricht an der Stiftsschule bestellt. Nach einem Probejahr unterbrach er jedoch diese Unterrichtstätigkeit zugunsten des Altphilologiestudiums in Fribourg, das er nach vier Jahren mit dem Lizentiat abschloss. An der Stiftsschule Einsiedeln unterrichtete der Altstanser dann während über 30 Jahren Latein, Griechisch und Religion. In allen Fächern lag ihm die Vermittlung von Allgemeinwissen in Geschichte und Politik besonders am Herzen – und wir sehen, wie der «Politiker» sich auf diese Weise ein klein wenig Raum zu schaffen vermochte. In dieser Zeit nahm er auch Aufgaben in der Öffentlichkeit wahr. P. Walbert war beispielsweise Mitglied der Kantonalen Maturitätsprüfungskommission, und er diente der Volkshochschule Einsiedeln als deren Präsident.

1997 kam es zu einem Wechsel von der Lehrtätigkeit an der Schule zur Seelsorgetätigkeit als Vikar für die Pfarrei Einsiedeln – eine Aufgabe, die er bis Juli 2010 wahrnahm. Nebst der Seelsorge in den Altersheimen, besonders in der Langrüti, war ihm in dieser Zeit die KAB – die «Katholische Arbeitnehmer-Bewegung» – ein besonderes Anliegen, die ihn dann auch zu ihrem Ehrenmitglied ernannte. «Seine stille Freude darüber werde ich nie vergessen», schrieb die spätere Präsidentin der KAB. Wer P. Walbert predigen hörte, dürfte sich an die Bodenständigkeit und Prägnanz vieler seiner Predigten erinnern – eine Prägnanz, die freilich auch irritieren konnte, wenn man P. Walbert nicht näher kannte.

Solange es seine Kräfte zuliessen, verbrachte P. Walbert in den letzten Jahren viele Stunden auf dem Friedhof in Einsiedeln, wo er mit unzähligen Leuten ins Gespräch kam. Vor gut einem Monat war er das letzte mal einen Nachmittag lang bei herrlichem Sonnenschein dort. Er zeigte auf eine ganze Reihe von Gräbern und meinte, das sei «sein Quartier», die meisten hier Begrabenen hätte er in seiner Zeit als Vikar beerdigt. Und tatsächlich: Nannte man ihm irgend einen Namen, wurden ganze Geschichten lebendig – schöne und tragische; bisweilen fast romantische, aber ebenso auch dramatische. Lebensgeschichten von Menschen eben. Nun ist in Welt und Zeit auch P. Walberts Lebensgeschichte zu Ende gegangen. Auch sie mit ihren schönen und tragischen, mit ihren romantischen und ihren dramatischen Seiten. Dies alles möge er nun vor dem Angesicht Gottes schauen und dabei erfahren, dass dieses Angesicht ein Angesicht der Liebe ist, die tiefer um ihn weiss, als es ein Mensch in Welt und Zeit je für möglich halten kann.

P. Daniel Emmenegger

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