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Den sexuellen Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche aufarbeiten und neue Massnahmen ergreifen

Die kirchlichen Institutionen der Schweiz SBK, RKZ und KOVOS haben am 12. September 2023 den Schlussbericht des Pilotprojekts zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs veröffentlicht. Auch wurden neue Massnahmen vorgestellt, um institutionelle Mängel anzugehen.

Die drei nationalen kirchlichen Institutionen der Schweiz – die Schweizerische Bischofskonferenz (SBK), die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ) und die Katholischen Ordensgemeinschaften der Schweiz (KOVOS) – haben 2021 gemeinsam entschieden, die Geschichte des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen und Erwachsenen durch katholische Kleriker, kirchliche Angestellte und Ordensangehörige in der Schweiz seit den 1950er Jahren von unabhängiger Seite wissenschaftlich erforschen zu lassen. Dazu haben sie der Universität Zürich den Auftrag für ein einjähriges Pilotprojekt (2022–2023) erteilt. Im Zentrum steht die Erforschung der Mechanismen und Strukturen, die sexuellen Missbrauch ermöglichten und die verhinderten, dass dieser aufgedeckt und geahndet wurde.

Ende Juni 2023 haben SBK, RKZ und KOVOS zudem entschieden, die unabhängige historische Erforschung in einem dreijährigen Folgeprojekt 2024–2026 zu vertiefen. Mittlerweile sind die Verträge für das Projekt im Rahmen von 1.5 Mio. Franken unterzeichnet. Damit will die Kirche ihre Verantwortung gegenüber den Betroffenen und der Gesellschaft wahrnehmen und ihre eigene Vergangenheit konsequent aufarbeiten. Zentrales Anliegen ist, den Missbrauch in den eigenen Reihen und dessen Ursachen noch entschiedener zu bekämpfen und weitere Opfer zu verhindern.

Das Scheitern anerkennen und durchbrechen
Der Schlussbericht des Pilotprojekts, der am 12. September 2023 veröffentlicht wurde, zeigt auf, dass sexueller Missbrauch und dessen Vertuschung auch in der katholischen Kirche Schweiz System hatte. Wichtige Grundzüge der katholischen Kirche haben sexuellen Missbrauch in diesem Aussmass überhaupt ermöglicht oder gar begünstigt. Gemeint sind «die spirituellen, sozialen und ökonomischen Machtkonstellationen […] die den Missbrauch im Umfeld der katholischen Kirche in der Schweiz seit 1950 prägten und ‘spezifisch katholisch’ sind». Dazu gehören beispielsweise klerikale Machtpositionen und spiritueller Missbrauch, das Priesterbild sowie die Ausbildungs- und Personalpolitik, die künftige Seelsorgende in der Vergangenheit nur ungenügend bis gar nicht auf ihre professionelle Eignung im Umgang mit Menschen geprüft hat. Ebenso ist damit eine Sexualmoral gemeint, die durch eine weitgehende Tabusierung von Sexualität «verhinderte, dass über Missbräuche gesprochen wurde und diese sanktioniert wurden.» Auch die Haltung gegenüber Frauen, die nicht selten als Arbeitskräfte ausgenutzt wurden, bildete gerade in den von Ordensgemeinschaften geführten Heimen und Schulen eine Grundlage für Überforderung und Gewalt.

Bisherige und neue Massnahmen
Viele Kirchliche Institutionen haben in den letzten 20 Jahren bereits verschiedene Schritte unternommen, um das Geschehene aufzuarbeiten und dem Risiko von sexuellen Übergriffen präventiv zu begegnen, darunter im Jahr 2011 das Kloster Einsiedeln.

SBK, RKZ und KOVOS haben neben der Fortführung der wissenschaftlichen Erforschung weitere Massnahmen beschlossen, um institutionelle Mängel auf nationaler Ebene anzugehen:

  1. Für Betroffene sowie Informantinnen und Informanten sollen schweizweit professionelle Angebote geschaffen werden, bei denen sie Missbräuche melden können.
  2. Künftige Priester, ständige Diakone, Mitglieder von Ordensgemeinschaften und Seelsorgende sollen im Rahmen ihrer Ausbildung standardisierte psychologische Abklärungen durchlaufen.
  3. Für die Führung von Personaldossiers und für die Weitergabe von relevanten Informationen über kirchliche Mitarbeitende werden Mindeststandards eingeführt.
  4. Die Mitglieder aller drei Auftraggeberinnen verpflichten sich, keine Akten mehr zu vernichten, die im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen stehen oder den Umgang damit dokumentieren.

Medienmitteilung und Stellungnahme

Medienmitteilung zum Einsiedler Untersuchungsbericht 2011

Der ehemalige Sonderstaatsanwalt des Kantons Zürich, Pius Schmid, der die Untersuchungs-Kommission in Bezug auf sexuelle Übergriffe durch Mitglieder des Klosters Einsiedeln leitete, riet noch am 7. Februar 2023 in einem Interview dem Kloster, den Schlussbericht aus Persönlichkeitsschutz weiterhin nicht zu veröffentlichen. Unsere Medienmitteilung von 2011 habe alles Wesentliche gesagt, ohne Namen oder nachvollziehbare Fälle zu beschreiben.

Übergriffe im Bereich des Klosters Einsiedeln – Medienmitteilung des Klosters Einsiedeln vom 27. Januar 2011

Stellungnahme von Abt Urban zum Fall im Beobachter 2024

Die Stellungnahme von Abt Urban Federer zum jüngsten Fall finden Sie HIER.

Mehr zum Projekt:

Die Website gibt Informationen für Betroffene und beschreibt das aktuelle Forschungsprojekt. Auch gibt sie Auskunft über den Stand der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Schweiz, u.a. mit Informationen zu den Untersuchungen, die das Kloster Einsiedeln im Jahr 2011 abgeschlossen und kommuniziert hat.

www.missbrauch-kath-info.ch

Informationen für Missbrauchsbetroffene

Kirchliche Anlaufstelle im Bistum Chur:

www.bistum-chur.ch/fachgremium-uebergriffe

Unabhängige Anlaufstellen für Betroffene:

Opferhilfe Schweiz
www.opferhilfe-schweiz.ch
www.aiuto-alle-vittime.ch

Interessensgemeinschaft für Missbrauchsbetroffene im kirchlichen Umfeld
www.ig-gegen-missbrauch-kirche.ch/verein_igmiku

Menschen, die in der Kindheit/Jugend sexuelle Gewalt im kirchlichen Umfeld erlebt haben
www.missbrauch-kirche.ch/wer_sind_wir

Selbsthilfe Schweiz
www.selbsthilfeschweiz.ch

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