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In der Kolumne «Meine Benediktsregel» teilen verschiedene Autorinnen und Autoren, die mit unserem Kloster verbunden sind, in kurzen Texten ihre Gedanken darüber, wie sie die Benediktsregel als Inspiration für ihr Leben ausserhalb von Klostermauern zu nutzen versuchen.

«Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und gute Tage zu sehen wünscht?»

«Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und gute Tage zu sehen wünscht?» (Benediktsregel Prolog, 15)

Weihnachten steht vor der Tür, das Fest, an dem wir uns daran erinnern, dass Gott selbst gekommen ist, um unter den Menschen zu leben. Diesem Ereignis folgten damals viele gute Tage. Gemäss dem heiligen Benedikt erlebt man gute Tage, wenn man «ihn schauen darf, der uns in sein Reich gerufen hat» (Prolog, 21). Gottes Gegenwart unter uns ist also seit Jesu Auferstehung immerwährend, er selbst versprach ja: «Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt» (Mt. 28, 20). Benedikt erinnert seine Mönche in Prolog 21 daran, indem er sie anspornt, sich unter die Führung des Evangeliums zu begeben, um Gottes Gegenwart auch tatsächlich zu erfahren.

Ein Blick in die Tageszeitung kann heutzutage jedoch Zweifel aufkommen lassen, ob Gott in dieser Welt tatsächlich gegenwärtig ist. Es macht schon fast den Anschein, als hätte er die Welt vergessen und uns Menschen unserem Schicksal überlassen. Wenn wir uns aber Jesu Leben vor Augen halten, zeigt sich ein etwas anderes Bild. Jesu Geburt und Verkündigung fiel in eine Zeit der Unterdrückung und der Kriege. Jesus kam also zu verzweifelten, Not leidenden Menschen. Damals hofften einige, er wäre gekommen, um die römische Herrschaft zu beenden. Aber er tat nichts dergleichen, sondern betonte, dass sein Königreich nicht von dieser Welt sei. Im Gegensatz zum Römischen Reich hat Jesu Königreich bis heute Bestand. Und so ist es gemäss Benedikt möglich, unter der Führung des Evangeliums Weihnachten, also die Begegnung mit Gott, das ganze Jahr über zu erfahren, denn Jesus ist mitten unter uns, auch wenn die Nachrichten etwas anderes vermuten lassen.

Zur Autorin: Verena, Jg. 1967, ist selbständigerwerbend, Mutter dreier erwachsener Kinder und Oblatin des Klosters.

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