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Predigt von Nov. Carsten Rupp am 7. Sonntag der Osterzeit 2025

Liebe Schwestern und Brüder!

Die ganze Welt und vielleicht auch sie schauten vor drei Wochen gespannt auf einen Schornstein – genauer gesagt: auf ein Ofenrohr auf dem Dach einer 600 Jahre alten Kapelle. Im Zeitalter von Smartphones wirkt das absurd. Und doch: Millionen Menschen warteten auf ein uraltes Zeichen – weißen Rauch.

Nicht nur Gläubige, auch viele, die mit Kirche und Religion wenig anfangen können, verfolgten das Geschehen. Ein anachronistisches Schauspiel, das dennoch eine weltweite Faszination auslöste: die Wahl eines neuen Papstes. Ein Prozess, geheimnisvoll und von außen kaum durchschaubar. Ein Medienspektakel – ähnlich wie zuvor der Tod von Papst Franziskus.

Für manche war es eine willkommene Aufmerksamkeit für die Kirche, die über Tage hinweg im Zentrum der Weltöffentlichkeit stand. Andere fragten sich: Wozu das alles? Ist das noch zeitgemäß? Oder nur ein nostalgischer Rückblick auf eine vergangene Welt? Vielleicht auch einfach eine Abwechslung von den sonst oft bedrückenden Nachrichten?

Die Gründe, warum Menschen zuschauten, sind vielfältig. Sicher spielte auch die Spannung eine Rolle: Wer wird es? Und was wird er sagen?

Viele erinnern sich an den Moment, als der neue Papst auf dem Balkon des Petersdoms erschien. Alle warteten gespannt auf seine ersten Worte. Würde er ein Programm vorstellen? Persönliches erzählen?

Doch nicht s von dem. Er sagte nichts über sich, nutzte keine eigenen Worte. Seine ersten Worte waren die Worte eines anderen: „Der Friede sei mit euch.“ Worte, die Jesus nach seiner Auferstehung an seine Jünger richtete. Der Papst beginnt nicht mit eigenen Gedanken, sondern mit den Worten Jesu. Er weist von sich weg auf einen anderen. Er ordnet das Medienspektakel ein. Er lenkt auf den Wesentlichen, auf den Grund von allem. Auf Jesus Christus – nicht auf sich selbst.

In diesem Moment erfüllt sich, was Jesus im Evangelium gebetet hat: „Damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.“ (Joh17,21) Dieses Gebet ist Auftrag für alle, die sich Christen nennen: Das eigene Leben ein Hinweis auf Jesus Christus. «Damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.» (Joh 17,21). Ein Leben, das Gott sichtbar macht in dieser Welt, so ordnet der Papst mit den seien ersten Worten seinen Dienst ein. Ein Auftrag, der durch das Gebet Jesu uns allen gegeben ist.

Wie kann das gelingen? Indem wir uns das Leben Jesu zu eigen machen. Aus dem Leben, was er verkünden und gelebt hat: die Liebe Gottes zum Menschen.

Indem wir – wie Jesus – unser Leben ganz Gott anvertrauen. Indem wir darauf vertrauen, dass wir von Gott geliebt sind. 

Nicht im Sinne von „gemocht“, sondern als grundlegende Aussage unseres Daseins: Gott will, dass ich lebe. Mein Leben hat Zukunft, weil es in Gottes Hand gehalten ist. Gott liebt mich, dafür steht Jesus Christus ein. Gott liebt mich, das heisst, er will, dass ich lebe.
Auch wenn uns in schweren Zeiten der Boden unter den Füßen wegzubrechen scheint – wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott uns hält. So wie es sich im Sterben des Stephanus zeigt: Selbst als die Welt um ihn herum im Dunkel versinkt, bleibt er überzeugt, dass der Himmel offen ist. Er glaubt an die Lebensgemeinschaft mit Gott – auch im Tod.

Stephanus geht noch weiter: Er betet für die, die ihn töten. 
Selbst in diesem Moment erkennt er in ihnen Menschen, die von Gott geliebt sind. Er hält daran fest, dass Gottes Liebe auch ihnen gilt – mitten in ihrer bösen Tat.

Das ist der Kern christlichen Glaubens: Menschen, die sich ganz Gott überlassen. Menschen, die daran festhalten, selbst von Gott geliebt zu sein – und anderen diese Liebe ebenfalls zugestehen. Menschen, die andere so behandeln, wie Gott sie sieht.

In solchen Menschen erfüllt sich das Gebet Jesu: „Damit die Welt glaubt.“ Stephanus, der neue Papst, und wir alle – wir sind berufen, durch unser Leben auf Gott hinzuweisen. Damit andere glauben können, dass Gottes Liebe sich in Jesus Christus gezeigt hat. Der Glaube kommt zu uns auf zwei Beinen, ein Wort des Heiligen Hieronymus. Auf zwei Beinen in Person des Stephanus, des Papsts, durch sie und hoffentlich auch durch mich. Damit die Welt glauben kann, was Gott in Jesus Christus gezeigt hat: er liebt den Menschen. 

Amen.

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