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In der Kolumne «Meine Benediktsregel» teilen verschiedene Autorinnen und Autoren, die mit unserem Kloster verbunden sind, in kurzen Texten ihre Gedanken darüber, wie sie die Benediktsregel als Inspiration für ihr Leben ausserhalb von Klostermauern zu nutzen versuchen. 

«Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens.»

«Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens […].» (Benediktsregel Prolog, 1)

Pfingsten steht vor der Tür, das Fest der Sendung des Heiligen Geistes. Für die erste Ausgabe dieser Kolumne liegt es nahe, ganz am Anfang der Regel zu beginnen: beim ersten Wort, bei dem die Unterstützung des Heiligen Geistes besonders vonnöten ist: «Höre». Gemeint ist damit das Hören auf Gott und das Evangelium. Die Benediktsregel ist eine hervorragende Anleitung für dieses Bemühen und deckt unzählige Arten auf, wie Hören geschehen kann. Eine davon möchte ich hier aufgreifen, im Bewusstsein, nur an der Oberfläche kratzen zu können, denn benediktinisches Hören beinhaltet so viel mehr. 

Im Kapitel über die Gäste beschreibt der heilige Benedikt, dass der Abt erwägen soll, ob der kritisierende Gast nicht vielleicht von Gott selbst zu ihm geschickt wurde. Ich habe tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass ich immer dann enorm viel lernen kann, wenn ich mich durch einen Menschen ganz besonders provoziert fühle. Seine Perspektive auf ein Ereignis oder eine Sache kann meinen Horizont erweitern, auch wenn ich seine Meinung nicht teile. Und wenn ich mich ehrlich fragen kann, warum ich so provoziert bin, lerne ich auch viel über mich selbst. Wenn es mir also gelingt, diesem Menschen zuzuhören und seine Auffassung wohlwollend zu prüfen, kann ich mit Hilfe des Heiligen Geistes dazulernen, so oder so, ob ich nun meine eigenen Ansichten revidieren muss, oder nicht.

Zur Autorin: Verena ist selbständigerwerbend, Mutter dreier erwachsener Kinder und Oblatin des Klosters
 

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