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Fr. Meinrad M. Hötzel zum Ersten Fastensonntag 2024

Am Ersten Fastensonntag, dem 18. Februar 2024, hielt unser neugeweihter Diakon, Fr. Meinrad, seine erste Predigt. Die Lektüre lohnt sich!

Liebe Schwestern und Brüder!

Regenbögen sind schon etwas Wunderschönes!

Meine Mutter beispielsweise liebt dieses bunte fröhliche Farbenspiel der Natur am Himmel. So photographieren meine Geschwister und ich jeden Regenbogen, den wir sehen, für sie.

Eine solche Faszination für den Regenbogen steht wohl auch am Ursprung der heutigen Lesung. In vielen Kulturen des Alten Orients hat man versucht, sich dieses Naturphänomen zu erklären. Man brachte es mit göttlichem Wirken in Verbindung, weil es sich ja in der himmlischen Sphäre abspielt, die dem Göttlichen nahe ist.

Während die Märchen und Geschichten, die ich als Kind hörte, den Regenbogen oft als eine Brücke in den Himmel oder an andere tolle Orte erscheinen liessen, hatten die altorientalischen Menschen von vor 3000 Jahren eine andere Assoziation: den Pfeilbogen. Man stellte sich die bunte himmlische Erscheinung als den Kriegsbogen einer Gottheit vor, mit dem sie gegen Chaosmächte kämpfte, die die Welt bedrohten. Dieser wurde an den Himmel gehängt, um den Sieg der Gottheit und ihre Macht anzuzeigen.

An diese Vorstellungswelt knüpft auch das Alte Testament an, wie wir in der heutigen Lesung aus dem Buch Genesis gehört haben. Gott hat versucht, mit der Sintflut die Bosheit der Menschen auszurotten. Nun musste er feststellen, dass zwar bis auf Noah und dessen Familie sowie die geretteten Tiere in der Arche alles Leben auf der Welt vernichtet war; eine Besserung des Menschen war auf diese Weise aber nicht zu erzwingen.

Gott sieht also ein, dass er mit Zwang und Vernichtung nicht weiterkommt, sondern mit den Menschen, wie sie sind, leben muss. Daher will er sie auf andere Weise zur Umkehr und zu einem Leben mit der Schöpfung, wie er es sich vorgestellt hat, bringen. Diesen Weg beginnt er mit Noah und seinen Söhnen, indem er einen Bund mit ihnen schliesst, was er dann mit Abraham, mit dem Volk Israel und dem Neuen Bund in Jesus Christus noch viele Male bekräftigen und weiterführen wird. Er verpflichtet sich also selbst zu Beziehung und Freundschaft mit der Schöpfung, insbesondere mit den Menschen.

Für einen Bund braucht es ein Erinnerungszeichen, das ist hier der Regenbogen. Dieser steht für Gottes Macht und Kampfbereitschaft für seine Schöpfung und den Plan, den er mit dieser Schöpfung hat. Eben diesen Bogen hängt er jetzt in die Wolken, um anzuzeigen, dass die Welt niemals mehr in der Flut des Chaos versinken wird, was auch immer die Menschen tun werden.

Damit erinnert sich Gott vor allem selbst an seinen Vorsatz der Treue zu dem Leben auf der Welt. So vollendet er die Schöpfung, indem er den Lichtern am Himmel, Sonne, Mond und Sterne, mit denen er der Welt eine Ordnung gegeben hat, noch den Regenbogen hinzufügt. Dieses Himmelsbild des Regenbogens ist auch gleichzeitig ein Symbol dafür, was Gottes Bund mit seiner Schöpfung bedeuten soll: Schöpfer und Geschöpfe bleiben verschieden, aber wirken gemeinsam in Harmonie daran, dass das Licht über der Dunkelheit des Chaos neu erstrahlt.

Auch für die Menschen wird der Regenbogen so eine Botschaft, und zwar eine freudige und hoffnungsvolle, denn dieses Zeichen verkündet einen ewigen Frieden und den Sieg der Ordnung des Lebens über Chaos und Tod.

Wenn das Markusevangelium direkt nach Taufe und Versuchung Jesu dessen Tätigkeit damit umschreibt, dass er das Evangelium, die Frohe Botschaft, Gottes verkündet, dann verstanden die Zeitgenossen unter diesem griechischen Wort euangelion tatsächlich zunächst eine politische Freudennachricht, ja oft eine Sieges- und Friedensbotschaft.

Man kann sagen, dass Gott mit der Menschwerdung in Jesus Christus genau das umsetzt, was er sich für den Umgang mit der Schöpfung und den Menschen schon im Bund mit Noah vorgenommen hat. Anstatt einfach alle Trockenheit und Ödnis, alle Versuchungen mit radikalen Methoden aus der Welt zu schaffen, treibt der Geist Gottes Jesus in die Wüste und setzt ihn so Versuchungen aus, wie jeder Mensch es nur zu gut kennt. Und das gerade, nachdem er in der Taufe als der geliebte Sohn Gottes und damit Bringer des Neuen Bundes verkündet wurde.

Die vierzig Tage in der Wüste, in denen Jesus versucht wurde, bedeuten, dass er sozusagen im Zeitraffer Gottes Bundeshandeln mit den Menschen nacherlebt. Denn das Volk Israel hat auf der vierzigjährigen Wanderung in der Wüste den Bund mit Gott als Weg kennengelernt, gemäss Gottes Wunsch für die Schöpfung zu leben. Dies steht seither als Möglichkeit allen Menschen vor Augen. Aus dieser Erfahrung heraus verkündet Jesus das Reich Gottes, also Gottes Willen, in seiner Schöpfung Gerechtigkeit und Friede Wirklichkeit werden zu lassen.

Die Frohe Botschaft Jesu ist also noch immer jene des Regenbogens: dass Gott über die Schöpfung herrscht. Das bedeutet, dass er treu zu ihr steht und das Leben garantiert.

Dies will er verwirklichen, indem er mit den Menschen einen Bund schliesst, ja eine Beziehung zu jedem einzelnen Menschen persönlich eingehen will, damit auch die Menschen in der Schöpfung so leben, dass Leben gemäss Gottes Plan möglich ist. Die vom Menschen geforderte Umkehr besteht darin, sich darauf einzulassen.

Das Wort Umkehr fassen wir aber oft ganz anders auf. Von einem Moment auf den anderen wollen wir uns komplett wandeln. Wenn ich mir schon eingestehe, welches meine negativen Seiten und meine schlechten Eigenarten sind, dann will ich sie auch umgehend mit Stumpf und Stil ausreissen. Wie schon die guten Vorsätze für das Jahr bietet auch jetzt die Fastenzeit eine willkommene Gelegenheit dafür.

Jedoch: So gut dieses Ziel ist, kann hier der Übereifer auch gerade zum Gegenteil führen. Wie sich nach der Sintflut auch bei den überlebenden Menschen wieder die gleichen bösen Eigenschaften zeigten, so erweisen sich Vorsätze gerne als schnell gebrochen oder total vergessen und unliebsame Gewohnheiten resistent selbst gegen strengstes Fasten. Gleichzeitig kann die Flut der eigenen Unzufriedenheit mit sich selbst und der Anstrengungen der Selbstoptimierung auch die Freude am eigenen Leben und die Liebe zu sich und anderen ertränken. Da frage ich mich selbst: Habe ich die Fastenzeit als eine Zeit begonnen, den Bund mit Gott neu zu entdecken und zu leben? Oder laufe ich eher Gefahr, mich im Kampf mit mir selbst zu verausgaben?

Wenn letzteres, hilft es da mehr, in diesen vierzig Tagen Jesus in die Wüsten meiner schlechten Eigenschaften und meiner Versuchungen hineinzulassen. Ja, vielleicht sollte ich mich überhaupt einmal selbst vom Geist hineintreiben lassen und mich diesen wirklich stellen. Ein möglicher Rahmen dafür wäre beispielsweise, das Sakrament der Versöhnung in der Beichte zu empfangen. So könnte es mit Jesus gelingen sich gegen meine je eigenen Versuchungen fest zu machen – was ursprünglich die Wurzel des Wortes «fasten» ist.

In diesem Sinn könnte dann das Fasten auch nach den schlimmsten gewittergleichen Ausbrüchen meiner dunklen Seiten und Ergüssen meines Ärgers über mich selbst zu einem Gefühl des Trostes gleich dem Anblick eines Regenbogens führen. Der lässt mich wissen, dass die dunklen Wolken nicht alles sind, sondern die Sonne wieder scheint und ich darauf vertrauen darf, dass auch in meinem Leben Gott herrscht. Mit solchen Regenbogen-Erlebnissen im Gedächtnis kann ich dann mit Jesus die Frohe Botschaft vom Reich Gottes in meinem eigenen Leben und darüber hinaus ausbreiten.

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