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In der Kolumne «Meine Benediktsregel» teilen verschiedene Autorinnen und Autoren, die mit unserem Kloster verbunden sind, in kurzen Texten ihre Gedanken darüber, wie sie die Benediktsregel als Inspiration für ihr Leben ausserhalb von Klostermauern zu nutzen versuchen.

Benediktsregel 48,1: Müssiggang ist der Seele Feind.

Benediktsregel 48,1: Müssiggang ist der Seele Feind. Deshalb sollen die Brüder zu bestimmten Zeiten mit Handarbeit, zu bestimmten Stunden mit heiliger Lesung beschäftigt sein.

Darf man sich nach getaner Arbeit nicht auch mal zurücklehnen, Erholung suchen und seine Freizeit geniessen?

Nicht nur der heilige Benedikt stellte in seiner Ordensregel fest, dass der sogenannte Müssiggang negative Auswirkungen haben kann; auch ein bekanntes Sprichwort besagt: Wem langweilig ist, der kommt nur auf dumme Gedanken.

Offenbar steckt also ein wahrer Kern in diesen Aussagen und es ist sicherlich auch eine Art Schutz, die Benedikt mit dieser Vorschrift in seiner Regel treffen möchte, schliesslich sollte ein Mönch nicht auf schlechte Gedanken kommen. Und das gilt sicherlich nicht nur für Ordensleute, sondern ganz generell für alle Menschen.

Aber um die anfangs gestellte Frage zu beantworten: Selbstverständlich darf man seine Freizeit geniessen! Es ist sogar wichtig und richtig, dass man eine klare Trennlinie zwischen Arbeit und Erholung zieht; ganz gleich, ob man nun ein Mönch im Kloster oder ein Christ im Alltag dieser Welt ist.

Die Sonntagsruhe, welche sich aus dem jüdischen Sabbat entwickelt hat, ist eine zutiefst religiöse Angelegenheit. Und wie Jesus klargestellt hat: Der Sabbat ist für den Menschen da und nicht umgekehrt (vgl. Mk 2,27). Die sonntägliche Ruhe soll uns eine Zeit mit Gott vermitteln, aber auch ganz generell einen Raum für Ruhe und Erholung bieten, den jeder Mensch braucht. Arbeit ist gut und sinnvoll, aber es braucht auch einen Ausgleich dazu.

Die entscheidenden Fragen, die Benedikt hier jedoch aus meiner Sicht stellt, sind jene der Unterscheidung: Wie verbringe ich meine Freizeit? Sinnvoll, indem ich in der heiligen Schrift lese und so Gott besser kennenlerne? Sinnvoll, indem ich einen lieben Freund besuche? Sinnvoll, indem ich meine Kräfte beim Sport in der Natur stärke?

Oder sinnlos, weil ich meine freie Zeit schlichtweg vergeude, indem ich von Bildschirm zu Bildschirm wische und durch die Videos zappe, die mir ein Algorithmus vorschlägt? Sinnlos, sodass ich vor lauter Langeweile auf falsche Gedanken komme?

Nur einige Beispiele können hier genannt werden; klar hingegen ist: wir brauchen den Geist der Unterscheidung, denn die Freizeit ist eine wichtige Angelegenheit! Was mir aber nicht guttut und was mich von Gott entfernt, das sollte ich meiden – dann braucht es vielleicht auch ein bisschen benediktinische Radikalität!

Matthias Gatt, 19 Jahre, Student.

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