«’Alles sei allen gemeinsam’, wie es in der Schrift heisst, damit keiner etwas als sein Eigentum bezeichnen oder beanspruchen kann. […].» (Benediktsregel Kapitel 33, 6)
Nächste Woche, am 4. Oktober, feiert die Kirche den Gedenktag des hl. Franziskus von Assisi – auch er ein Ordensgründer. Gegen Ende des Lebens, bereits von schwerer Krankheit gezeichnet, verfasste er seinen Sonnengesang, diesen wunderbaren Text, der seither immer wieder Menschen zum Nachdenken über unsere Beziehung zur Natur und zum Göttlichen inspirierte. Mit Franziskus verbinden wir radikale Armut, Geschwisterlichkeit mit allen Mitgeschöpfen, aber auch Leichtigkeit und Fröhlichkeit. Ist da nicht ein krasser Gegensatz zu unserem ‘Vater Benedikt’? Die behäbigen Benediktinerklöster überall in Europa vermitteln doch eher einen Eindruck von Reichtum, Erdenschwere und grosser Ernsthaftigkeit. Und doch ist Armut eines der Gelübde, die man (neben Gehorsam, klösterlichem Lebenswandel und Ortsgebundenheit) beim Eintritt in ein Benediktinerkloster ablegt. Wie geht das zusammen?
Benedikt ermahnt dazu, dass allen alles gehört (RB 33, 3-6) und dass man jedem das zuteilen soll, was er nötig hat (RB 34, 1-5). Ziel ist letztendlich, dass alle zufrieden sind. Ein Benediktinerkloster möchte nicht «protzen», sondern es möchte ein Ort sein, wo die Menschen gerne hinkommen, um aufzuatmen, um Gott zu suchen und zu finden.
Ich versuche mich öfter zu fragen: Was brauche ich wirklich, um glücklich und zufrieden zu sein – und worauf könnte ich verzichten? Dabei lerne ich mehr und mehr, dass es nicht die materiellen Dinge sind, die uns glücklich machen. Das Wesentliche im Leben haben wir nicht selbst verdient – es ist uns geschenkt. So gesehen gehört uns nichts. Wir empfangen und schenken weiter. Das ergibt eine andere Dynamik als jene, die gegenwärtig in unserer Welt herrscht.
Die heiligen Franziskus und Benedikt gegeneinander auszuspielen ist also keine gute Idee. Sie ergänzen einander, und wir brauchen beide. Das hat sich wohl auch unser Papst Franziskus gedacht, als er seinen Namen wählte – als Nachfolger von Papst Benedikt XVI.
Zur Autorin: Cäcilia, Jg. 1959, ist pensioniert, Mutter dreier erwachsener Kinder, zweifache Grossmutter und Oblatin des Klosters Einsiedeln seit 2010.