Oftmals ist es überraschend, wo ein Mensch seine Wirkungsstätte findet. Am 15. Juli 1055 ist der Mönch Reginbold gestorben. Ursprünglich aus Solothurn stammend ist er Anfang des 11. Jahrhunderts in das aufstrebende Kloster Einsiedeln eingetreten. Jedoch ist über sein Leben und Wirken in Einsiedeln nichts bekannt. Aber für einen anderen Ort bekam er grosse Bedeutung. Denn 1032 bat Graf Radbot, der Erbauer der Habsburg und Ahne der berühmten nach dieser Burg benannten Dynastie, den Abt von Einsiedeln um Mönche für das neugegründete Kloster Muri. Als Vorsteher dieser ersten Mönchsgemeinschaft von Muri wurde Reginbold entsandt. Ob er gerne ging oder Heimweh nach Einsiedeln hatte, ob er die neue Verantwortung und Aufgabe als Chance begriff oder Herausforderung und Risiko fürchtete, wir wissen es nicht. Jedenfalls liess er sich senden und brachte ganz neues kirchliches Leben nach Muri. Denn er begann den Bau der Klosteranlage in Muri und schaffte mit einem Schlafsaal, einem beheizbarem Raum sowie Zellen einen ersten Lebensraum für die Mönche und liess für den Ort eine neue Pfarrkirche errichten. Bei allem Neuen, das er entstehen liess, brach er aber die Verbindung zu seiner Herkunft nicht ab, sondern stellt sein neues Kloster mit Büchern, Gewändern für den Gottesdienst und Reliquien, die aus Einsiedeln mitgebracht wurden sowie mit der Lebensweise der ersten Mönche in die Tradition seines ursprünglichen Klosters.
Mit Reginbold verweist ein mittelalterlicher Mönch mit den wenigen Informationen, die über ihn bekannt sind, dass neues kirchliches Leben aus einem Zusammenspiel von Aufbruch und Verwurzelung erwächst. In Muri selbst zeugt nur noch die alte Anlage und Kirche von der Klostergeschichte, die mit Reginbold begann. Doch lebt die Gemeinschaft von Muri weiter, denn nach der Aufhebung des Klosters 1841 leben die Mönche heute im Südtiroler Kloster Gries in Bozen und in Sarnen. Wie Reginbold mussten sich auch seine Nachfolger als Mönche von Muri auf Neues einlassen und sich neuen Aufgaben und Gegebenheiten stellen. Sich immer wieder neu senden zu lassen, aufzubrechen und doch der eigenen Herkunft und Tradition treu zu bleiben, kann die ganze Kirche und können wir alle von Reginbold lernen.
Zum Autor: Fr. Meinrad Maria Hötzel OSB ist Mönch des Klosters Einsiedeln und Diakon. Als Historiker interessiert er sich insbesondere für die Einsiedler Klostergeschichte und stöbert leidenschaftlich gern in unserem Archiv, um dort immer wieder Interessantes, Erbauliches und Kurioses zu finden.