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Im Laufe seiner bald 1100jährigen Geschichte hat unser Kloster immer wieder Heilige hervorgebracht: von den ersten drei Äbten, die im 10. Jahrhundert lebten und wirkten, bis hin zu Bruder Meinrad Eugster (1848-1925), dessen Seligsprechungsprozess aktuell läuft. Ein Gemälde aus dem 17. Jahrhundert zeigt den Stammbaum der heiligen Mönche von Einsiedeln, die jedes Jahr am 3. August am «Gedenktag aller heiligen Mönche von Einsiedeln» gemeinsam gefeiert werden. Die bekannten und unbekannten Heiligen unseres Klosters werden unter der Rubrik «Einsiedler Heilige» am Tag ihres Heimgangs jeweils vorgestellt und sollen uns so motivieren, unseren eigenen Weg in der Nachfolge Jesu zu gehen.

14. Juni – Bruder Meinrad Eugster (+14.6.1925)

Vor 99 Jahren starb Bruder Meinrad Eugster. Seit der Heiligsprechung des berühmten heiligen Bischofs Wolfgang von Regensburg im Jahr 1052 ist er wohl erst der zweite Einsiedler Mönch, der das strenge päpstliche Kanonisationsverfahren durchläuft, damit seine Heiligkeit offiziell von der Kirche anerkannt wird. Seine Biographie ist dafür überraschend schnell erzählt. Er wurde im sanktgallischen Altstätten als Sohn des Dorflehrers und seiner Frau geboren und bekam den Taufnamen Joseph Gebhard. Nach dem Besuch der Primarschule und einigen Jahren der Fabrikarbeit zur Unterstützung der Familie machte er eine Schneiderlehre und kam anschliessend als wandernder Geselle in verschiedene Orte der Schweiz und Vorarlbergs. Weil er eine Berufung zum Ordensleben verspürte, nahm er eine Anstellung in der Klosterschneiderei in Einsiedeln an, um seinen Wunsch dort zu prüfen. Nach einem knappen Jahr wurde er als Kandidat im Kloster angenommen, begann am 5. September 1874 dort das Noviziat und machte genau ein Jahr später seine einfache Profess, wobei er den Ordensnamen Bruder Meinrad erhielt. Am 22. September 1878 legte er seine Mönchsgelübde der Beständigkeit, des Gehorsams und des klösterlichen Lebenswandels auf Lebenszeit ab. Im Kloster arbeitete er weiterhin als Schneider, half aber auch im Speisesaal, in der Sakristei, in der Kleiderkammer und überall, wo Unterstützung vonnöten war. Nachdem seine Kräfte in den letzten Lebensjahren stark nachgelassen hatten, starb er am 14. Juni 1925.

So heisst es auch in den offiziellen Akten, mit denen man im Vatikan das Seligsprechungsverfahren beantragte, dass Bruder Meinrad weder durch Wissen noch durch herausragende Taten hervorsteche. Sogar er selbst schreibt in seinen überlieferten Briefen oft, dass er nichts besonders von sich zu berichten wisse, aber ganz zufrieden sei. Gerade diese Zufriedenheit und Heiterkeit heben dann in den Seligsprechungsprozessakten die vielen Zeugen unter anderem hervor, die Bruder Meinrad einen so grossen Eifer in allen Tugenden zusprechen, dass er den Gipfel der Heiligkeit erreicht habe. Seit der Bestätigung dieses sogenannten heroischen Tugendgrades durch den heiligen Papst Johannes XXIII. 1960 nennt man Bruder Meinrad einen ehrwürdigen Diener Gottes. Der Titel des Dieners würde dem hilfsbereiten und arbeitssamen Bruder in seiner Bescheidenheit und Dankbarkeit vermutlich vollauf genügen. Die Aussagen über sein Leben und seine erhaltenen Briefe zeugen jedenfalls davon, dass er durch sein gewöhnliches Wirken im Alltag vielen Menschen in verschiedenster Weise gedient hat. Nicht nur seinen zahlreichen Aufgaben im Kloster ging er immer voller Fleiss nach, sondern reichte auch sonst überall eine helfende Hand. Mit seiner authentischen und überzeugenden Weise, sein Ordensleben zu führen, war er vielen Mitbrüdern ein Vorbild, ja geradezu eine Verkörperung der Benediktsregel. Ausserdem zeigt er sich in seiner Korrespondenz immer wieder als Mutmacher und Ratgeber. So riet er einem vom «täglichen Kreuz seiner vielen Sorgen, strengen Arbeiten und Unannehmlichkeiten» geplagten Pater, «auf Jesus Christus zu blicken, der uns das Kreuz vorausgetragen hat». Denn in der darin liegenden Hoffnung könne man schon auf dieser Erde einen Vorgeschmack des Himmels finden, «durch ein ruhiges und freudiges Gewissen, Frieden der Seele». Diese Überzeugung drückte Bruder Meinrad auch mit seinem Lieblingsspruch aus: «O, habt nur Geduld, es geht alles vorbei, nur die Ewigkeit nicht!». Damit vertröstete er nicht auf ein besseres Jenseits, sondern wollte immer wieder dazu ermuntern, das eigene Leben in Gottvertrauen anzupacken. Seinen eigenen Beitrag und Dienst dazu sah er stets im Gebet für die Anliegen seiner Mitbrüder, Freunde, Verwandten, Bekannten und aller anderen Menschen. So schrieb er einem Mitbruder, dass er ausser für ihn «die hl. Kommunion aufzuopfern und [ihn] täglich im Gebet nicht zu vergessen» er ihm «sonst keine Freude bereiten» könne, denn er, Bruder Meinrad selbst, sei «arm und schwach».

Zum Autor: Fr. Meinrad Maria Hötzel OSB ist Mönch des Klosters Einsiedeln und Diakon. Als Historiker interessiert er sich insbesondere für die Einsiedler Klostergeschichte und stöbert leidenschaftlich gern in unserem Archiv, um dort immer wieder Interessantes, Erbauliches und Kurioses zu finden. 

Übrigens: Informationen zur diesjährigen Gedenkfeier am 14. Juni 2024 finden Sie auf https://www.kloster-einsiedeln.ch/information/aktuelles/detail/freitag-14-juni-2024-99-todestag-von-bruder-meinrad-eugster

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