Kloster Einsiedeln, zur Startseite
Kloster Einsiedeln, zur Startseite

Predigt von P. Gerhard Stoll zum Hochfest Mariä Geburt 2024

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn, Gott plant seine Heilsgeschichte mit uns Menschen, doch seine Pläne sind für uns unergründlich, zumindest schwer verständlich. Aber grosse Ereignisse werfen auch in seinen Plänen ihre Schatten, bzw. ihre Lichtstrahlen. So heute, wenn wir das Hochfest Mariä Geburt feiern.

Anna und Joachim, die irdischen Grosseltern von Jesus, werden schon in den ersten christlichen Heiligenkalendern, aber nicht in der Heiligen Schrift, erwähnt. Es heisst in einer der apokryphen, also  ausserbiblischen Schriften: den beiden Eltern der Gottesmutter Maria sei ein Engel mit der Botschaft erschienen: sie sollen zusammenkommen und ein Kind zeugen – eben Maria. Diese kam auf rein menschliche Weise zur Welt. Deren Kind Jesus hingegen wurde geboren aus Maria – durch das Wirken des Heiligen Geistes an Maria. Anna und Joachim ahnten wohl, dass es mit ihrer Tochter etwas Besonderes auf sich hatte und gaben sie in die Tempelschule in Jerusalem, wo sie als Tempeldienerin ausgebildet wurde und dann mit ungefähr 12 Jahren mit einem älteren Mann namens Josef verlobt wurde.   Die Fortsetzung dieser Geschichte können Sie nachlesen in der Weihnachtsgeschichte beim Evangelisten Lukas. Anna und Joachim – zwei Hörende, die den Plänen Gottes zur Verwirklichung verhalfen – heute feiern wir das Geburtsfest ihrer Tochter Maria. Im Tagesevangelium vorhin haben wir vom Ereignis der Geburt Jesu gehört. Das Ereignis der Geburt seiner Mutter schien dem Evangelisten nicht erwähnenswert. Aber trotzdem gilt: heute tritt Mara etwas in den Vordergrund – an das Licht der Welt! 

Für unsere Klostergemeinschaft hat der 8. September noch eine andere, grosse Bedeutung: an diesem Festtag der Gottesmutter feiern viele Mitbrüder ihren Professtag. Damals haben sie das Versprechen abgelegt, fortan nach dem Evangelium und der Regel des Hl.  Benedikt zu leben und Gott und den Menschen zu dienen. Auch hier begann neues Leben, auch hier verwirklichten sich Gottes Pläne.

Liebe Gemeinde,  «Maria, die grosse Frau im Hintergrund» so lautete der Titel eines Artikels einer kirchlichen Zeitschrift, den ich während meiner Studienzeit einmal gelesen habe. Der Verfasser schreibt darin: Maria habe zeitlebens immer nur im Hintergrund gestanden, immer sei sie nur für ihren Sohn da gewesen – von der Verkündigung durch den Engel bis unter das Kreuz. Und ganz am Schluss sagt er: vom Menschen Maria hätten wir überhaupt nie etwas erfahren, wenn sie nicht zur Mutter des Gottessohnes erwählt gewesen wäre; ohne Sohn ist Maria nämlich Nichts!

Soweit diese Erinnerung an einen 50 Jahre alten Kirchenzeitungsartikel.

Meine Lieben – es ist schwer, immer im Hintergrund zu stehen, im Stillen für andere da zu sein, ohne selbst gross raus zu kommen – all dies ist eine sehr schwierige Lebenshaltung, aber eine sehr wichtige Aufgabe. Leider wird sie von vielen Leuten unterschätzt oder gar auch noch belächelt.   Vielleicht ist es ein Trost für die Eltern und Grosseltern unter Ihnen, wenn ich heute zu Ihnen sage: Treten Sie selbst mehr in den Hintergrund gegenüber Ihren Kindern und Enkeln. Sie selbst sind sowieso nicht die einzigen Erzieher Ihrer Nachkommen – die Schule, Freunde/Innen beeinflussen ihre Kinder wahrscheinlich genauso stark. Einen Dienst sollten Sie Ihren Kindern jedoch immer erweisen: Begleiten Sie Ihre Kinder Im Gebet! Sagen Sie Ihnen gegebenenfalls, dass Sie in der Stille für sie beten.  Ich bin überzeugt, Ihre Kinder und Enkel sind Ihnen für diesen Dienst dankbar.

Liebe Schwestern und Brüder, wer im Hintergrund steht und sich selbst im Hintergrund hält, der ist so leicht nicht unterzukriegen. Eine kleine Begebenheit aus Köln soll uns das zum Schluss noch etwas verdeutlichen. Da wird berichtet: als man nach dem Zweiten Weltkrieg dort den Bauschutt der kurz zuvor zerbombten Kirche St. Kolumban beiseite räumte, da entdeckte man unter dem Trümmerhaufen eine noch fast unversehrte kleine Marienstatue. Man hob sie heraus, reinigte sie und stellte sie dann wieder in der vier Jahre später wieder neu erbauten Kirche auf.

Die Statue erhielt den neuen Namen "Maria in den Trümmern" Ich meine, diese Bezeichnung für die Gottesmutter ist sehr schön – sie sagt uns nämlich:   Über allem Unglück, über allen Schwierigkeiten des Alltags – da steht Maria unversehrt als unser Vorbild und auserwählte Fürsprecherin. Sie steht da ganz im Hintergrund und bringt doch Gutes und Wichtiges in unser Leben, nämlich Christus, auf den allein es in unserem Leben ankommt.  Für diesen Dienst hat Gott Maria erhöht und sie gross rauskommen lassen!  Amen.

Servicenavigation