«Jesus stand vom Mahl auf, legte sein Gewand ab und umgürtete sich mit einem Leinentuch.»
Liebe Schwestern und Brüder in Christus, wenn ich nach dieser Predigt das Messgewand ablege und mir eine Schürze umbinde, ahme ich nach, was Jesus beim letzten Abendmahl getan hat. Na ja, ich tue nicht genau, was Jesus tat. Er wusch Füsse, die vom Staub der Strasse dreckig waren – ich gewaschene Füsse. Er benützte sein Leinentuch, um damit die Füsse abzutrocknen ؘ– ich habe für das Trocknen andere Tücher zur Verfügung. Die Schürze, die ich mir umbinden werde, soll meine Gewänder schützen. Das aber tat Christus nie: sich selbst schützen. Lieber machte er sich schmutzig, als sich vor Menschen zu schützen.
Damit wird klar: Bei der Nachahmung der Fusswaschung geht es nicht um eine exakte Wieder-holung dessen, was im Abendmahlssaal geschah. Sie ist vielmehr eine symbolische Vergegenwärtigung der Haltung Jesu, die er seinen Jüngern im Evangelium so erklärt: «Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füsse gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füsse waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.»
Um uns ein Beispiel zu geben, hat sich Jesus zuerst ein Leinentuch umgebunden. Dieses Binden erinnert mich daran, dass Jesus etwas Bindendes für uns vorgelebt hat. Das biblische Wort für das Bindende zwischen Mensch und Gott ist der «Bund». Die Lesung aus dem ersten Korintherbrief hat davon gesprochen: «Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut.» – Diesen neue Bund sehen Sie in der erleuchteten Kuppel: das letzte Abendmahl. Um den Menschen beizustehen, ging Gott schon im Alten Testament mit dem Volk Israel verschiedene Bünde ein. Durch die Gebote, die Mose auf dem Berg Sinai gegeben wurden, band Gott wohl am stärksten sein erwähltes Volk Israel an sich. – Diesen wichtigsten Bund des Alten Testamentes sehe ich von mir aus in der erleuchteten Abendmahlskuppel: Das Bundeszelt mit des Gesetzestafeln der 10 Gebo-te, dem neuen Bund gegenübergestellt. Wenn das Volk Israel die Gebote und Gesetze Gottes hält, kann es die Segnungen dieses Bundes erfahren.
Liebe Tauf- und Firm-Bewerberinnen und -Bewerber, wenn ich mir heute eine Schürze umbinde, um Euch die Füsse zu waschen, dann soll das eine Erinnerung sein, dass Gott dem Menschen dienen möchte. Er schaut Euch dabei nicht einfach als Menschen an, an denen ich einen Ritus verrichte. Gott wünscht sich Euch als Bundes-Partnerinnen und -Partner. Ihr bindet Euch in der Osternacht in Taufe und Firmung an ihn, sowie er sich an Euch bindet. Gesetze müssen wir dafür keine erfüllen, denn diesen Bund hat Jesus am Kreuz geschlossen mit seinem Blut. Das glauben wir, das feiern wir in der Eucharistie: «Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!», hiess es in der Lesung. Jedes Mal, wenn Christus in wichtigen Lebenssituationen gegenwärtig wird, reden wir von einem Sakrament, das Gottes Bund mit den Menschen konkret vergegenwär-tigt. Darum sprechen wir nicht nur für die Eucharistie vom Bund Gottes mit den Menschen: «Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes», wird es im Hochgebet dazu heissen. Wir sprechen auch vom Ehebund und meinen damit mehr als einen Vertrag zwischen Mann und Frau. Das Sakrament der Ehe vermittelt dem Brautpaar das Leben Gottes, das im Bund mit Gott verheissen ist – und dies in guten und in schlechten Tagen, wie es bei der Eheschliessung heisst. Gerade auch in schlechten Zeiten soll es für Eheleute tragend werden, dass sich Gott für immer an das Paar gebunden hat.
Ubi caritas et amor, Deus ibi est – «Wo Liebe ist und Güte, da wohnt Gott», werden wir wäh-rend der Fusswaschung singen. Binden wir uns dabei selbst Schürzen des Glaubens um und ahmen wir dabei Christus nach, indem wir die Füsse anderer waschen und ihnen so den Gottes Bund der Liebe und der Versöhnung anbieten – auch wenn wir uns dabei schmutzig machen. Wir können uns an Gott binden, denn er hat sich in seinem Sohn an uns gebunden. Amen.