P. Markus Steiner am 25. Sonntag im Jahreskreis 2023

24.09.2023

Stellen wir uns das einmal konkret vor: Ein Arbeitgeber zahlt tatsächlich seinen Angestellten gleich viel, ob sie nun zwölf oder eine Stunde gearbeitet haben. Das würde sich sehr schnell herumsprechen. Sehr bald würde keiner mehr sich den ganzen Tag abmühen, jeder würde nur noch ein Minimum leisten. Und die Arbeit würde nicht getan.

Nein, Jesu Gleichnis ist kein nachhaltiges Geschäftsmodell, kein Rezept für eine gerechte Wirtschaftsordnung. Es zeigt einfach, dass Gott anders ist als wir Menschen, nicht berechnend, kein Buchhalter. So grosszügig, dass man ihn als ungerecht einschätzen kann.

So gesehen ist das Gleichnis ein Teil der Auseinandersetzung Jesu mit den Pharisäern, die ihn als Freund der Sünder und Zöllner hinstellten. Für sie darf es nicht sein, dass diese gleich belohnt werden wie jene, die das ganze Gesetz immer treu erfüllen. Was gäbe es denn sonst für einen Grund gesetzestreu zu sein?

Auch die Kirche hat immer wieder ähnlich argumentiert. Verschiedene Leistungen müssen doch auch verschieden honoriert werden. Gerechte und Ungerechte können nicht gleich behandelt werden. Der grosszügige Gutsherr hilft nicht, die Gläubigen bei der Stange und auf Linie zu halten.

Und ist nicht auch für Gott ein solches Verhalten kein nachhaltiges Geschäftsmodell? Warum sollte man sich dann noch nach seinem Willen ausrichten? Ist nicht sogar Gott tatsächlich ungerecht, wie diejenigen es suggerieren, die den ganzen Tag gearbeitet haben? Hat nicht der ältere Bruder des verlorenen Sohnes recht, der findet ihm werde Unrecht getan? Und doch: Jesus besteht darauf, dass Gott eben anders ist, als die Menschen es erwarten. Dass er über Gute und Böse regnen lässt. Dass er nicht will, dass man ihm nur aus Berechnung dient. Dass seine Güte ohne Mass ist.

Was ergibt sich für uns daraus? Einmal: Wir dürfen Gott ohne Angst begegnen. Auf seine Güte dürfen wir vertrauen, auch wenn wir selbst nur einen kleinsten Teil der Arbeit verrichten, die auf Gottes Gutsbetrieb getan werden muss. Aber es gilt auch das Umgekehrte: Wir sollen uns nach Gottes Grosszügigkeit ausrichten. So kommt denn Jesus zu den scheinbar unsinnigen Forderungen der Bergpredigt, etwa dass wir dem, der von uns den Mantel will, auch noch das Hemd geben sollen. Das Gleichnis ist also nicht eine Ermächtigung zur Gleichgültigkeit, sondern eine Aufforderung zur Dankbarkeit gegenüber Gott und zur Güte und Grosszügigkeit gegenüber den Menschen.