
22. August 2023: 6. Orgelkonzert mit P. Theo Flury
Am Dienstag, 22. August 2023 wird das sechste und letzte Orgelkonzert dieses Sommers stattfinden. Pater Theo spielt im Anschluss an die Komplet unserer Mönchsgemeinschaft Werke von Johann Sebastian Bach und Max Reger (150. Geburtstag). Das Nachgebet von uns Mönchen beginnt um 20.00 Uhr, das Konzert ungefähr um 20.15 Uhr. Herzliche Einladung.
Der Einsiedler Stiftsorganist Pater Theo schreibt zum Orgelkonzert am 22. August:
Johann Sebastian Bach hat im Laufe seines Lebens eine Anzahl seiner Werke für Cembalo und Orgel im Druck veröffentlicht; in den Jahren von 1731 bis 1741 geschah dies in einer vierteiligen Sammlung unter dem Namen Clavierübung.
Als dritten und mit 77 Seiten umfangreichsten Teil veröffentlichte Bach 1739 eine Folge von Orgelwerken. Den Rahmen bilden Präludium und Fuge in Es – Dur, dazwischen befinden sich 21 Choralbearbeitungen. Albert Schweitzer hat das Ganze auch als Orgelmesse bezeichnet, da die verwendeten Choräle nicht an bestimmte Zeiten des Kirchenjahres gebunden sind, sondern gleichbleibenden Teilen eines Gottesdienstes entsprechen, beginnend mit Kyrie, Gloria und Credo.
Heute Abend werden die drei grossen Kyriebearbeitungen erklingen. Die genau zitierte Vorlage ist «Kyrie fons bonitatis», ein gregorianischer Gesang, der in der katholischen Liturgie im II. Messordinarium enthalten ist. Im erste Kyrie erscheint der Cantus firmus – die Melodie in langen Notenwerden, um die herum sich ein fein ziseliertes kontrapunktisches Gewebe entspinnt – in der Sopranstimme, im Christe wechselt der Cantus firmus in die Tenorlage, während im letzten Kyrie derselbe in die Bassstimme verlegt wird. Offensichtlich ist im lutherischen Gottesdienst eine rhythmisierte Paraphrase der Melodie gebraucht worden. Der deutsche Text für das letzte Kyrie lautet wie folgt: «Kyrie, Gott, Heiliger Geist, / tröst’, stärck’ uns im Glauben allermeist, / dass wir am letzten End fröhlich abscheiden / aus diesem Elend. Eleison!» Der Schluss der Komposition unterstreicht lautmalerisch und in eindrücklicher harmonischer Verdichtung besagtes Abscheiden aus der irdischen Not.
Präludium und Fuge in Es – Dur rahmen die Kyriechoräle ein. Die dreiteilige Fuge baut sich auf drei Themen auf, wobei das erste Thema im Verlauf der Fuge sowohl als Gegenstimme zum zweiten als auch zum dritten Thema auftaucht.
Max Reger wurde vor 150 Jahren geboren – hinein in eine unruhige Welt grosser Um – und Aufbrüche. Er studierte an den Konservatorien in Sondershausen (bei dem Musiktheoretiker Hugo Riemann) und in Wiesbaden (dort weiterhin bei Riemann und bei Albert Fuchs). Am Wiesbadener Konservatorium fand er eine Anstellung als Lehrer für Klavier und Orgel. Infolge seiner Militärdienstzeit und beruflicher Rückschläge erlitt er einen nervlichen und physischen Zusammenbruch. 1898 holte ihn seine Schwester Emma hochverschuldet, alkoholabhängig und krank ins Elternhaus zurück. Seine Wiesbadener Jahre nannte er später seine „Sturm- und Trankzeit“.
Viele der Orgelwerke Regers wurden in frühen Jahren geschrieben. Geprägt wurde sein Kompositionsstil auch durch die Freundschaft zum Thomasorganisten und späteren Thomaskantor Karl Straube. Durch ihn lernte Reger die damals größten und modernsten Orgeln mit ihren vielseitigen Spielhilfen und technischen Neuerungen kennen. Seine Orgelwerke erfordern oft die volle Ausnutzung der technischen Möglichkeiten dieser Instrumente.
Kyrie – Gloria – Benedictus – Te Deum aus op. 59 werden ebenfalls als Orgelmesse bezeichnet. Opus 59 enthält verschiedene Orgelkompositionen in überschaubaren Dimensionen, verglichen mit jenen der episch anmutenden grossen und technisch äusserst anspruchsvollen Orgelwerke. Die in Opus 59 enthaltenen Stücke sind in jeder Hinsicht knapper gehalten als die grossen Würfe – aber sie geben doch, leichter fassbar, den ganzen Reger wieder. Auch im Fall von Regers Orgelmesse ist, wie bei Bach, die Anlehnung an den Gregorianischen Gesang unverkennbar: das Kyrie könnte, mit dem fallenden Quintintervall zu Beginn, dem Kyrie des XI. Messordinarium entsprechen (Orbis factor), das Gloria seinerseits zitiert mehrfach deutlich den Beginn des Gloria des IV. Messordinariums (Cunctipotens genitor Deus). Das Benedictus hingegen lässt keine thematische Rückbindung erkennen, während sich das Te Deum wiederum unverkennbar auf die entsprechende gregorianische Vorlage bezieht.