
P. Lukas Helg am Dreifaltigkeitssonntag 2023
Ein junger Theologe im Dogmatik-Examen. Die Fragen des Examinators prasseln auf ihn ein. „Erklären Sie die Inkarnation“. Schweigen. „Erklären Sie den Arianismus“. Erneutes Schweigen. „Können Sie mir wenigstens das Geheimnis der Trinität erklären?“ Der junge Theologe strahlt. „Ja, das kann ich“. Worauf der Professor antwortet: “Sie sind leider durchgefallen. Das Geheimnis der Heiligsten Dreifaltigkeit kann man nicht erklären“.
Und ich, liebe Mitchristen, ich soll Ihnen am heutigen Dreifaltigkeitssonntag über die Dreifaltigkeit predigen, die man anscheinend gar nicht erklären kann? Nur nie predigen müssen an diesem Sonntag, habe ich mir während meines Theologiestudiums gedacht! 53 Jahre bin ich nun schon Priester und bin bisher davor verschont worden. Aber jetzt kann ich nicht mehr kneifen. So halte ich Ihnen meine erste Trinitätspredigt.
Ich bin mit meiner Not in guter Gesellschaft, denn schon der heilige Augustinus, der grosse Kirchenvater, knorzte am Thema der Dreifaltigkeit herum, als er am Meer entlang spazieren ging. Da bemerkte er ein Kind. Es schöpfte mit einem kleinen Gefäss Wasser aus dem Meer in einen kleinen Teich am Ufer. „Was machst Du da?“ „Ich schöpfe das Meer in diesen Teich.“ Augustinus lachte. „Das wird Dir nie gelingen“. Und das Kind erwidert: „Ich mache es wie Du: mit Deinem kleinen Verstand willst Du das Geheimnis des dreifaltigen Gottes erklären. Das wird Dir nie gelingen“.
Da war ein König, der unbedingt das Geheimnis der Dreifaltigkeit verstehen wollte. Er rief die gescheitesten Theologen zusammen. Die sollten ihm die Dreifaltigkeit erklären. Aber sie konnten es nicht. Da kam ein einfacher Bauer, führte den König auf den Platz vor dem Palast und liess ihn in die strahlende Mittagssonne schauen. „Willst Du, dass ich erblinde?“ schimpfte der König. „Majestät, die Sonne ist nur ein schwacher Abglanz von Gottes Grösse. Wie nur wollen Sie den dreifaltigen Gott selbst aushalten können?“
Ich wollte es wissen. Bei der Vorbereitung dieser Predigt habe ich das „Lexikon für Theologie und Kirche“ konsultiert und den Artikel zum Thema „Dreifaltigkeit“ studiert – in der Hoffnung, Impulse für meine Predigt zu erhalten. Schwierige Kost, die ich auch bei mehrmaligem Lesen nicht ganz verstehe. Und wenn ich etwas verstehe, habe ich Mühe, es in meine Predigt einzubauen. Ich staune, was kluge Theologen alles über den dreifaltigen Gott wissen. Mir sind jene Theologen sympathischer, denen es vor dem Geheimnis Gottes die Sprache verschlägt und denen die Worte fehlen. Im Reden über Gott werden sie ganz bescheiden und am Ende reden sie eigentlich gar nicht mehr über Gott, sondern beten ihn schweigend an. Für den heiligen Augustinus ist das Reden über den dreifaltigen Gott eine Notrede, „gerade noch besser als gar nichts“. Zitat: „Wir reden von drei Personen, nicht, weil wir damit der Wirklichkeit genügten, sondern um nicht ganz verstummen zu müssen“. Thomas von Aquin, der Startheologe des Mittelalters, gesteht: „Alles, was ich geschrieben habe, kommt mir wie Spreu vor“. Oder Karl Rahner. Kurz vor seinem Tod hat er gesagt: „Ich fühle mich wie ein leeres, ausgeronnenes Fass angesichts dessen, was ich eigentlich gewollt habe.“
Liebe Mitchristen!
Zu Beginn dieses Gottesdienstes haben wir das Kreuzzeichen gemacht. Eines unserer bekanntesten Gebete ist das „Ehre sei dem Vater“. Ich wollte einmal wissen, wie oft wir bei uns im Kloster an einem Tag in den gemeinsamen Gebeten das Kreuzzeichen machen und das Ehre sei dem Vater beten? Was glauben Sie? Mindestens 15 x das Kreuzzeichen und mehr als 20 x das Ehre sei dem Vater. Sie müssen das nicht nachahmen. Aber wie wärs, wenn Sie jeden Tag mit einem Ehre sei dem Vater und dem Kreuzzeichen beginnen und am Abend damit beenden? Das wäre ein Leben im Angesicht des dreifaltigen Gottes. In beiden Kurzgebeten geht es um den dreifaltigen, besser um den drei-einen Gott. Unser Gott ist ein Gott der Liebe. Wahre Liebe geht nur zwischen Personen. Mit unseren menschlichen Worten sagen wir: Gott ist drei-einig: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Drei Personen in einem Gott. Ein Gott in drei Personen.
Wie soll ich mir das vorstellen? Denken wir an eine verheiratete Mutter mit ihrem Mann und 3 Kindern, deren Eltern noch leben. Für ihre Eltern ist sie noch immer die Tochter, für ihren Ehemann ist die Gattin, für ihre Kinder die Mutter. Sie ist also zugleich Tochter, Gattin und Mutter. Und doch ist sie nur Eine. Vielleicht ist es bei Gott ähnlich: Er ist Einer, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Ein anderer Erklärungsversuch spielt mit der Zahl 3 und deutet 3 nicht als Zahl wie wenn wir sagen: 3 Sänger, 3 Feiertage, 3 Kilo Kirschen, sondern eher hebräisch gedacht wie beim „Heilig, Heilig, Heilig“ im Sanctus der Messe, 3-mal heilig. Das bedeutet: heiliger geht es nicht. Allerheiligst. Auf die Dreifaltigkeit übertragen könnte man dann sagen: 3-mal Gott. Dreifaltiger Gott. Dreieiniger Gott. Mehr Gott geht gar nicht. 3 wäre also keine Zahl, sondern mathematisch gesprochen eine Potenz. Gott hoch 3.
Liebe Mitchristen!
Anstatt uns noch länger mit hilflosen Erklärungsversuchen zu beschäftigen, sollten wir das tun, was uns möglich ist und was wir verstehen. Wir sollten den dreifaltigen Gott anbeten. Das wollen wir jetzt tun. Ich lade sie herzlich ein, aufzustehen zu einem kurzen Gebet.
Vater im Himmel, aus Liebe hast du uns geschaffen, in Liebe bist du uns nahe durch deinen Sohn, in Liebe leitest du uns durch den Heiligen Geist, dafür danken wir dir.
Alle: Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Ich danke Ihnen.