
Abt Urban an Fronleichnam 2023
In seiner Predigt ging Abt Urban auf die „Abendmahlskuppel“ in unserer Klosterkirche ein. Zum besseren Verständnis der Predigt finden Sie ein Foto davon am Ende der Predigt.
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder
Warum feiern wir Geburtstag? Wir feiern die Geburt einer Person, also das, was vor 9 Jahren war. Wir feiern aber auch die Wiederholung dieses Geburtstags, z.B. das neunte Mal, dass wir diesen Jahrestag feiern können. Wir feiern also den Menschen, der vor neun Jahren geboren wurde, wir feiern, dass er heute lebt und unter uns ist.
Mit Fronleichnam ist es dasselbe: An Fronleichnam feiern wir einerseits das Abendmahl, das Jesus vor mehr als 2’000 Jahren mit seinen Jüngern gefeiert hat. Und wir feiern dieses Abendmahl heute und sagen damit: Das ist dasselbe, einfach mehr als 2’000 Jahre später, Jesus lebt auch heute unter uns.
Das, was ich hier zu erklären versuche, zeigt unser Kirchenraum. Wenn Ihr die Köpfe verrenkt, dann seht Ihr über uns die Weihnachtskuppel. Die Erwachsenen, die ein bisschen weiter hinten sitzen, sehen die Abendmahlskuppel. Zwischen den beiden Kuppeln ist ein Gewölbebogen, «Gurtbogen» genannt, auf dem Ihr Ornamente sehen könnt: eine goldene Blume in der Mitte, und viele Verzierungen in Grün, Gold und Ockerrot.
In der Abendmahlskuppel selbst seht Ihr zuerst die Decke mit gemalten Fenstern, hinter denen ein Nacht-dunkler Himmel zu sehen ist, dazwischen ein Tapetenmuster. Dieses Tapetenmuster seht Ihr etwas rötlicher auch vorne an der Decke des Chors um die Bilder herum. Unten in der Abendmahlskuppel nun sitzt Jesus mit seinen Jüngern beim Abendmahl. Jesus strahlt so viel Licht aus, zeigt so viel von Gott, dass man gar nicht gut sieht, dass hinter ihm die gleiche Tapete gemalt ist wie an der Decke über ihm oder eben dort vorne im Chor. Was aber gut zu sehen ist: Über Jesus ist ein Balken angebracht mit der gleichen Verzierung wie auf dem Gurtenbogen: eine goldene Blume, und viel grüne Verzierung, auch einige in Ockerrot.
Warum erkläre ich Euch die Abendmahlkuppel so genau? Weil die Künstler Asam uns etwas zeigen wollten: Jesus sitzt für das Abendmahl mit seinen Jüngern in einem Raum, der gleich aussieht wie die ganze Kuppel und die Verzierungen in dieser Kirche. Der Raum des Abendmahls und dieser Kirchenraum sehen also gleich aus. Damit sagen diese Bilder: Es geht nicht zuerst um das Abendmahl, wie es vor mehr als 2’000 Jahren gefeiert wurde, sondern um heute, um das Abendmahl, das wir hier und heute in diesem Kirchenraum feiern. Und im Chor wurde dieses Tapetenmuster an der Decke übernommen, weil dort der Altar steht, um den herum wir nun Eucharistie feiern: das Abendmahl hier und heute.
Ich vergleiche das nochmals mit einem Geburtstag: So wie wir die Geburt eines Menschen vor 9 und mehr Jahren feiern, feiern wir am heutigen Fest das Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern vor mehr als 2’000 Jahren. Wir feiern aber am Geburtstag noch viel mehr, nämlich dass ein Mensch heute lebt und schon 9 und mehr Jahre alt ist. Genauso feiern wir am heutigen Fest in der Eucharistie, dass das Abendmahl Jesu heute lebt und das Gleiche aussagt wie damals: Das ist mein Leib, für Euch, ich bin mit Euch und gebe Euch Leben!
Meine Lieben, dass Jesus dies so verstanden hat, zeigt das Evangelium. Die Menschen stritten sich, weil sie sich sagten: «Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben?» Ja, Jesus gibt sich im Brot so, dass wir ihn «zum Fressen gernhaben können»: «Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.» Also ist die Eucharistiefeier nicht nur eine Erinnerung an damals, sondern Leben für jetzt und für die Ewigkeit – wie ein Geburtstag nicht nur eine Erinnerung an damals ist, sondern den Menschen feiert, damit er heute leben kann. Auch der hl. Paulus hat das so verstanden. Er bekam aus der griechischen Gemeinde in Korinth eine Anfrage. Dazu gibt er eine Antwort und sagt dabei: Das Brot, das wir zusammen brechen, ist «Teilhabe am Leib Christi». Wer dieses Brot isst, nimmt also Christus in sich auf – und das ist viel wichtiger als die Erinnerung an damals. Denn so lebt Christus in uns und wir aus ihm – hier und jetzt.
Lasst uns also das heutige Fest wie einen Geburtstag feiern: Mit Freude und Dankbarkeit. Wir erinnern uns an damals, aber viel wichtiger ist doch: Wie feiern das Heute. Denn wir feiern, dass Gott mitten unter uns und unser Leben ist, wie damals Jesus inmitten seiner Jünger beim Abendmahl war. Amen.