
Abt Urban am Benediktstag 2023
Gleich zweimal richtete Abt Urban am 21. März 2023, dem Hochfest des Heimgangs unseres heiligen Vaters Benedikt, das Wort an die versammelte Gottesdienstgemeinde: im feierlichen Pontifikalamt um 11.15 Uhr und in der feierlichen Pontifikalvesper um 16.30 Uhr. Das Pontifikalamt feierten erfreulich viele Gläubige mit, doch die Vesper sprengte den üblichen Rahmen: Denn mit uns Mönchen feierten die rund 370 Schülerinnen und Schüler sowie zahlreiche Lehrpersonen der Stiftsschule die Vesper!
Kurzpredigt von Abt Urban im Pontifikalamt
«Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.» So bittet Jesus im heutigen Evangelium.
Der hl. Benedikt nimmt diese Bitte in seine Regel auf und lässt sie den Abt konkret umsetzen. Dieser darf im Kloster keine Unterschiede zwischen den Mönchen machen: «Denn ob Sklave oder Freier, in Christus sind wir alle eins, und unter dem einen Herrn tragen wir die Last des gleichen Dienstes. Denn bei Gott gibt es kein Ansehen der Person. Nur dann unterscheiden wir uns in seinen Augen, wenn wir in guten Werken und in der Demut eifriger sind als andere» (RB 2,20f.).
Einheit ist ein Ziel, eine Verheissung, die unsere Welt braucht. Im Moment haben wir eher das Gefühl, dass vieles in unserer Gesellschaft in die Extreme geht und auseinanderdriftet. Einheit heisst aber nicht, dass alle gleich denken und marschieren müssen wie in Diktaturen. Die Einheit ist für Benedikt nur in Christus möglich und indem wir einander eifrig dienen. Und Christus selbst weiss in seiner Bitte, dass die Einheit in Gott die Verschiedenheit zwischen Vater, Sohn und Geist meint. Diese Verschiedenheit in der Einheit ist uns verheissen, wenn wir uns alle als von Gesegnete eins in Christus wissen.
Kurzpredigt von Abt Urban in der Pontifikalvesper
Wer von Euch dort drüben (von Euch aus gesehen rechts) den Benediktsaltar sieht, sieht unten links auf dem Bild den sterbenden Benedikt am 21. März 547. Im Gesicht ist er totenbleich, mehr tot als lebendig. Das Erstaunliche an diesem Tod, wie ihn uns sein Biograph Gregor der Grosse erzählt, ist die Art und Weise, wie Benedikt stirbt. Wenn wir an den Tod denken, denken wir an ein Bett, auf dem ein Sterbender oder Toter liegt. Benedikt steht aber beim Sterben, gestützt von seinen Mitbrüdern.
Wenn unser Jahresmotto «Du» lautet, zeigt mir diese Sterbeszene, dass wir einander nicht nur ein Du sind, wenn es uns gut geht, wenn wir es lustig miteinander haben. Wir können uns auch gegenseitig stützen, wenn es uns nicht gut geht, wenn wir leiden, wenn gar etwas an uns am Sterben ist.
Um einander ein solch stützendes Du zu sein, müssen wir unser Ich stärken. Der hl. Benedikt will im Vorwort seiner Regel, dass wir ein gesundes «Ich» sagen können. «Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und glück sein möchte?», fragt er uns. Wir sind eingeladen, «Ich» zu sagen – und dann auch etwas für das Leben zu tun. Darum ist es schön, dass wir heute den Benedikts-Preis einführen konnten und mit Sabine Dankelschijn eine erste Preisträgerin haben. Wir sollten immer wieder neu versuchen Gutes tun. Wir sollen nicht Schlechtes sprechen, sagte die Lesung, sondern überall das Gute suchen und dem Frieden nachjagen. Denn Friede ist nicht leicht zu haben, um Frieden müssen wir kämpfen.
Das Befreiende für glaubende Menschen ist, dass wir «Du» und «Ich» sagen können, weil wir in Gott ein Du haben, das uns annimmt und immer bei uns ist: «Seht, ich bin da», heisst es in der Lesung aus der Benediktsregel. Darum stirbt dort drüben Benedikt nicht nur getragen von seinen Mitbrüdern. Er schaut seinem Du, Gott entgegen, der ihm von der oberen Bildhälfte als Licht entgegenkommt. Ich wünsche uns allen, dass wir vor diesem lichtvollen Du alle «Ich» und dann auch «Du» sagen können.