Abt Urban am Aschermittwoch 2023

22.02.2023

Liebe Schwestern und Brüder

Straft uns der Aschermittwoch mit einem langen Evangelium, um uns zu zeigen, dass ab heute andere Zeiten angebrochen sind? Nein, der Aschermittwoch beglückt uns mit einem gekürzten Evangelium. Ohne diese Kürzungen, wäre es länger ausgefallen.

Das Evangelium des heutigen Aschermittwoch will uns vieles für die Fastenzeit mitgeben – und lässt dafür einiges aus. So werden wir aufgefordert, gute Taten oder die eigene Spiritualität nicht zu Schau zu stellen. Und natürlich sagt das Evangelium auch etwas zum Fasten: Das soll keine trübe Angelegenheit sein, sondern etwas zwischen Gott und Dir. Zur Schau gestelltes Fasten bringt keinen Lohn, bringt Dich also nicht weiter.

Was aber lässt die Liturgie heute aus, um uns nicht mit Länge zu überfordern? Schauen wir zusammen an, wo im Matthäus-Evangelium wir uns eigentlich befinden. Der Evangelist Matthäus beginnt sein Evangelium mit der Vorgeschichte. Er beantwortet dabei die Frage, woher dieser Jesus kommt. Dann beginnt er zu zeigen, dass dieser Jesus in Wort und Taten der Messias, also der Christus ist. In diesem Teil, wo es eben auch um das Wort, um die Predigt geht, gibt er uns dafür die Bergpredigt Jesu wieder. Aus der Bergpredigt nun stammt der heutige Evangelien-Abschnitt. Der Kern der Bergpredigt, so haben wir das letzten Sonntag in der Predigt lernen können, ist das Vaterunser. Und genau dieses Gebet wurde heute ausgelassen. Es wird uns für die Fastenzeit gezeigt, wie wir beten sollen – wir sollen, dort, wo wir sind, zu unserem Vater beten, unsere Beziehung zu ihm aufbauen. Der Inhalt des Gebets: der wurde für heute gekürzt, das Vaterunser kennen wir auswendig.

Aber genau dieser Inhalt ist es, der macht, dass die Fastenzeit keine trübe Angelegenheit wird, denn wir erwarten ja Gottes Reich: Dein Reich komme. Wir müssen nichts zur Schau stellen, um jemand zu sein, denn wer betet: Vater!, sieht sich als geliebtes Kind. Und wer fastet und damit im Leben weiterkommen möchte, geht von der Grundhaltung aus: Dein Wille geschehe, nicht der meine. So ist das Vaterunser, auch wenn es heute im Evangelium ausgelassen wurde, der Dreh- und Angelpunkt des Aschermittwochs, des Beginns der Fastenzeit. Sie ist die Zeit, Gottes Reich und Gegenwart zu erwarten, Gottes Leben, Ostern! Darum möchte ich am Schluss meiner Gedanken mit dem hl. Paulus ausrufen, wie wir es in der Lesung gehört haben: «Jetzt ist die da, die Zeit der Gnade; ist er da, der Tag der Rettung.» Denn wo sich die Bitten des Vaterunsers erfüllen, ist bereits Ostern angebrochen.

Amen.