P. Pascal Meyerhans zum 31. Sonntag im Jahreskreis

30.10.2022

Als bei uns im Kloster bei den Gebetsgottesdiensten vom alttestamentlichen Kohelet, der ja immer wieder vom Windhauch redet, alles ist Windhauch, vorgelesen wurde, fiel mir ein Satz auf: Kohelet spricht in diesem Satz vom Menschen so: »genau wie er kam, so muss er auch gehen.» Dieser Satz gab mir zu denken. Was machen wir in der Zwischenzeit, zwischen Kommen und Gehen, zwischen Geburt und Tod, machen wir etwas Vernünftiges, Aufbauendes?

Mir kamen verschiedene Menschen in den Sinn: die steinreichen Oligarchen mit ihren Superjachten. Haben sie etwas Sinnvolles gemacht aus ihrem Leben? Mir kam auch die Jüdin Edith Stein in den Sinn, die als Studentin nichts von Religion wissen wollte, ja Atheistin wurde. Sie war aber blitzgescheit und merkte, dass das keine Zukunft hat. Bei einem Aufenthalt bei ihrer Freundin, fand sie die Lebensbeschreibung von Teresa von Avila. Sie las das Buch in einer Nacht. Das hat sie so gepackt, dass sie am andern Morgen wusste: jetzt weiss ich, was ich zu tun habe: «Ich werde Christin». Ein totaler Richtungswechsel in ihrem Leben.

Mir kam auch Charles de Foucauld in den Sinn. Als Jugendlicher fiel er vom Glauben ab, hat sich auf alle Seiten verrannt in einem ausschweifenden Leben als Offizier, sosehr, dass er plötzlich nicht mehr ein und aus wusste, bis ihm nach vielen Umwegen klar wurde: so geht es nicht, es gibt nur noch einen Ausweg: Gott und Vertrauen in seine Barmherzigkeit. Nach seiner Bekehrung ist er Jesus radikal und konsequent nachgefolgt. Er hat damals geschrieben: «Sobald ich glaubte, dass Gott existiert, wusste ich, ich kann nicht anders, als ganz für ihn zu leben.» Dann hat er noch hinzugefügt: »Es gibt keinen Augenblick in unserem Leben, in dem wir nicht einen neuen Weg beginnen könnten und müssten.» Er tat das.

Mir kam auch Franz von Assisi in den Sinn, Ignatius von Loyola, Menschen mit radikaler Umkehr, Menschen, die gescheit waren, die in sich gingen und wussten, es gibt nichts anderes als einen Rückzieher, einen neuen Weg. Kohelet sagt: «Genau wie er kam, muss er gehen.» Zwischen diesen beiden kleinen Sätzen versuchen wir Menschen aber doch oft etwas aufzubauen, Scheingebilde, Lug und Trug, Kohelet würde sagen: Windhauch. Viele wollen das aber nicht hören, finden das Wort «Windhauch» einfältig.

Das Dazwischen, zwischen Kommen und Gehen, ist unser Leben, dieser Windhauch. Was machen wir damit? Die Menschen, die mir in den Sinn gekommen sind, haben nach Fehlentscheidungen, gewöhnlich nach Unerfahrenheit oder Besserwisserei, nach eigensinniger Sturheit, dann aber nach langem Suchen und Wollen, einen unbedingt notwendigen Richtungswechsel vollzogen. Das Leben soll gelingen und nicht misslingen. Gelingen wird es aber nur zusammen mit Jesus Christus. Wer ehrlich ist und ein gewisses Quantum Verstand hat, wird seine Konsequenzen so ziehen, wie die genannten Vorbilder es taten.

Und jetzt sind wir bei Zachäus, beim heutigen Evangelium. Wie auch bei der Geschichte des verlorenen Sohnes, an anderer Stelle, die Sie vermutlich kennen, geht es auch hier darum, dass jemand sich verrannt hat, eigenwillig falsche Wege gegangen ist und jetzt in mühsamer Einsicht, Umdenken, Weichen stellen, zurück auf den richtigen Weg findet, der dann aber eine unerhörte Befreiung, Erleichterung und Aufatmen mit sich bringt. Auf jeden Fall sind aber Seitenhiebe zu erwarten von Aussenstehenden, die mit solchen Entscheiden nicht einverstanden sind. Bei Edith Stein war es die ganze Familie, die sich anfangs zu ihrem Entscheid quer stellte. Niemand konnte sie aber von ihrem Entschluss abbringen, genau gleich wie bei Zachäus: dort waren es die umstehenden Leute, die Pharisäer, die sich empörten und lachten, wer weiss, vielleicht gehören auch wir zu denen.