
P. Ansgar Schuler zum 20. Sonntag im Jahreskreis
Es gibt Sätze im Evangelium, die würden wir am liebsten streichen, weil sie nicht in unser Bild von Jesus passen.
Jesus ist es doch, der uns den Frieden bringt, den Frieden, den die Welt nicht geben kann. Er ist es doch, der sich für Versöhnung, für das Ende der Vergeltung eingesetzt hat, der uns aufgefordert hat, einander immer wieder zu vergeben, weil Gott uns vergibt.
Und da heisst es heute im Evangelium: „Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen? Nein, ich sage euch, nicht Frieden, sondern Spaltung.“
Jesus sagt unmissverständlich, dass seine Botschaft Konflikte heraufbeschwört, die in die Familien hineinreichen. Er sieht es voraus, dass es um seinetwillen zu Auseinandersetzungen kommen wird zwischen Menschen, die im gleichen Haus wohnen, zwischen Eltern und Kindern, Schwiegereltern und Schwiegerkindern.
Und tatsächlich. Was mag in den Ehefrauen der Apostel vorgegangen sein, als diese plötzlich alles zurückliessen und Jesus nachfolgten? Wie wird wohl der Fischer Zebedäus sich gefühlt haben, als ihn nicht nur seine beiden Söhne Jakobus und Johannes, sondern auch seine Frau mit dem Fischereibetrieb allein liessen und mit Jesus durch das Land zogen? (Mt 27,56)
Oder näher bei uns, in Obwalden: Was mag Dorothea empfunden haben, als ihr Mann und Vater von zehn Kindern, Nikolaus von der Flüe, wegging von der Familie, als er immer noch nah, aber zugleich so weit weg war, im Ranft, um sein Einsiedlerleben zu führen, weil Gott ihn unwiderstehlich rief?
Jesus will, dass wir Position beziehen. Unser Ja sei ein Ja und unser Nein ein Nein. Dies gilt für viele Fragen des Lebens, wo wir als Christen herausgefordert sind, Stellung zu beziehen.
Denken wir an den Schutz des ungeborenen Lebens, an die Wahrung der menschlichen Würde, auch in Krankheit und Alter, an den Einsatz für die Rechtlosen und Benachteiligten.
Wenn wir mit Jesus das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchen, geraten wir unausweichlich in Konflikte.
„Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen“, so hat Jesus eben im Evangelium gesagt. Feuer ist im Alten und im Neuen Testament Bildwort für das Gericht Gottes.
Der Gott der Bibel ist ein Gott der Gerechtigkeit, ein Gott, der uns die Verantwortung für unser Leben anvertraut hat und vor dem wir uns verantworten müssen.
Es ist nicht einfach egal, was wir tun, so nach dem Motto: Take it easy. Gerade das heutige Evangelium führt uns durch die Worte Jesu wieder einmal die Ernsthaftigkeit unseres Lebens vor Augen: Wir müssen uns immer wieder entscheiden, und unsere Entscheidungen haben Gewicht.
Jesus hat uns kein leichtes Leben versprochen. Aber er hat uns versprochen, dass er unser Leben teilt, so wie es wirklich ist, mit allem, was dazugehört, auch mit all den Konflikten.
Er lässt uns nicht allein damit. Auf seine Zusage können wir uns verlassen.
Von Carl Friedrich von Weizsäcker wird ein Wort überliefert, das es wert ist, von uns in unseren Alltag mitgenommen zu werden:
„Ein Christ ist im tiefsten Inneren glücklich, er hat vor niemandem Angst, und – ist immer in Schwierigkeiten.“