
P. Cyrill zum Fest Fronleichnam
Lesung: 1 Kor 11,23-26
Evangelium: Lk 9,11b-17
Emotionen lassen sich vielfach nur schwer in Worte fassen. Deswegen nehmen wir Zeichen zu Hilfe, die unsere innere Verfasstheit ausdrücken, sei es eine Rose oder einen Kuss, sei es die Faust oder den Stinkfinger. So ausdrucksstark solche Zeichen sein mögen, so missverständlich und zweideutig sind sie manchmal. Zeichen sind nicht eindeutig, können missverstanden werden oder bewusst täuschen. Der Kuss als intimes Zeichen der zärtlichen Zuneigung kann sogar zum Judaskuss verkommen.
Heute feiern wir ein untrügliches Zeichen von Gott her: das Zeichen seiner realen Selbsthingabe, die Eucharistie. Christus schenkt sich selbst. Weil seine göttliche Glorie und Majestät uns überfordern würden, gibt er sich in einem Zeichen, das wir fähig sind in unserer Begrenztheit anzunehmen. In diesem Zeichen drückt er sich selbst aus, seine Liebe, seine Hingabe, seine Zuwendung in der Geschichte, angefangen von der Schöpfung, über die Bundesschlüsse mit seinem Volk, seine Menschwerdung, bis zu seiner Hingabe am Kreuz und seiner Auferstehung.
Im Theologischen sprechen wir davon, dass dieses Zeichen «ex opere operanto» sei. Es bewirkt, was es bezeichnet unabhängig von der seelischen Verfasstheit des Priesters oder des Empfangenden. Wir können darauf zählen: dieses Zeichen ist gewiss, untrüglich, real und nicht durch menschliche Bedingtheit begrenzt. Gott schenkt in der Eucharistie nicht etwas, sondern sich selbst. Darin drückt er sich selbst aus. Er will communio, d.h. Gemeinschaft mit uns haben. Und Gemeinschaft erheischt Gegenseitigkeit. Diese lässt sich nur ebenbürtig gewähren, indem ich ebenfalls nicht nur etwas von mir gebe, sondern mich ganz schenke mit meiner Geschichte, meinen Bedürfnissen, meinem Willen, meiner Person. Wir brauchen dabei nicht zu fürchten, unterzugehen und uns zu verlieren. Im Gegenteil macht die communio mit Gott uns gross, bring uns zur vollen Entfaltung. Wir werden ganz Mensch.
Damit wird der Kommuniongang nicht zum legeren Spaziergang, sondern ich komme im Vollbesitz meines Bewusstseins und meiner Identität. Viele haben sich angewöhnt, vor dem Empfang der Kommunion die Kniebeuge zu machen oder niederzuknien und die Kommunion direkt in den Mund zu empfangen. Andere strecken in Sehnsucht die Hände aus und machen mit ihren Händen einen Thron. Sie stehen bewusst, aufrecht und zeigen damit ihre Offenheit und Bereitschaft, in die communio Christi, seine Schicksalsgemeinschaft einzutreten. Letztlich ist es egal wie ich die Kommunion empfange, Hauptsache, ich drücke mich selbst aus und trete so in einen ebenbürtigen Dialog der gegenseitigen Hingabe ein. Meine innere und äussere Haltung bei der Kommunion soll Zeichen meiner Selbsthingabe und so der Selbstentäusserung Gottes gemäss sein.
Diese communio ist ein dialogisches Geschehen, eine personale Begegnung. Kommunion ist nicht etwas Statisches. Die Gemeinschaft will mich verändern, wandeln. Die Wandlung betrifft nicht nur das Brot, das ich empfange, sondern will mich verwandeln. Christi reale Gegenwart will mich hineinnehmen in seine göttliche Realität bis hin zur Vollendung in seiner ewigen Liebe. Das sakramentale Zeichen gibt meiner Hoffnung Gewissheit. Es eröffnet dem Empfangenden in seiner konkreten Situation und Geschichte, am Heilsgeschehen Gottes Anteil. Das bedeutet aber nicht, dass Gottes Heil vorher nicht vorhanden war. Die Erlösung ist bereits geschehen. Das Sakrament ist nur ein Weg der Anteilnahme am Heilsgeschehen, das bereits realisiert ist. So kann ich, auch wenn ich geistigerweise die Kommunion empfange – wie die Besucher im Livestream – genauso an der Gnade der Kommunion vollen Anteil erhalten. Nicht das Sakrament bewirkt das Heil, sondern Christi Hingabe am Kreuz.
Diese Gedanken dürften uns entlasten. Die Erlösung ist schon vollzogen. Die Kommunion mit Christus und seinem Leib nimmt uns in einen Prozess der Wandlung mit. Wir müssen nicht schon vollkommen sein, um darin einzutreten.
Wichtig scheint mir darin das dialogische Geschehen. Ich komme mit meiner Hingabe, aber auch mit meinen Widerständen und Zweifeln. Ich gebe eben mich selbst! Dann passiert genau das, was wir im Evangelium vernommen haben: Die Jünger sagen zu Jesus: «Schick die Menschen weg, damit sie Unterkunft finden und zu essen bekommen.» Und Jesus antwortet: «Gebt ihr ihnen zu essen!» Darauf die Jünger: «Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische!» Und Jesus nimmt das Wenige, segnet es, bricht es und lässt es austeilen. Und am Ende dieses dialogischen Geschehens heisst es: «Es blieben zwölf Körbe übrig!»
Diese Wandlung kann auch heute mit uns geschehen. Wir geben das Wenige, das wir haben. Jesus segnet es und vermehrt es. Wenn wir uns in der communio, der Gemeinschaft mit Christus auf einen existentiellen Dialog einlassen, wird dieser Prozess uns wandeln, ja grösser machen. Unsere mehrdeutigen Zeichen der Selbsthingabe werden eindeutiger.
Auch wenn unsere Zeichen der Hingabe und Liebe oft noch zweideutig oder halbherzig sind, dürfen wir uns auf das untrügliche Zeichen seiner Liebe im Sakrament stützen. Wir sind von Gottes JA getragen.