Salve aktuelle Ausgabe (Vorschau)

Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr 2 · 2 0 2 4 S A LV E

2 S A L V E Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr Wandel Wallfahrt – Unterwegs auf dem geistlichen Weg 4 Klostergemeinschaft Einsiedeln – Von Wandel und Wandlung 6 Stiftsschule – Eine Schule im Fluss 8 Propstei St. Gerold – Hier grünt vieles 10 Klostergemeinschaft Fahr – Gemeinsame Schritte der Veränderung 12 Wallfahrt Liturgischer Kalender 14 Gottesdienste in Einsiedeln 16 Wallfahrtsinformationen 18 Grosse Pilgergruppen 19 Der Wallfahrtspater lädt ein – zu Ostern und Pfingsten 20 Kloster Einsiedeln Klostermarkt Zürich 22 Marienbild 23 Konventglöckli 24 Stiftsschule Schulagenda 26 Et voilà 27 Schulseelsorge – Wandel anregen 28 Internat – «Eine fantastische Erfahrung» 30 Stiftstheater 32 Alumni – Die besten Maturaarbeiten 38 St.Gerold Baustellen der Hoffnung 40 Kultur- und Seminarprogramm 42 Kloster Fahr Grusswort 49 «ü30 fahrwärts» – Kreativität und Durchhaltevermögen 50 Wandel und Beständigkeit 52 Ehemalige der Bäuerinnenschule – «Salve» verabschiedet sich 54 Veranstaltungskalender 56 Meditation 58 Kaleidoskop Der Einsiedler-Künstler-Mönch Pater Rudolf Blättler und Kneipp 60 Schweiz. Paracelsus-Gesellschaft – Attraktiver Paracelsus 66 Neue Bücher 68 Impressum 79 16. Jahrgang · Ausgabe 2, April/Mai 2024 Erscheint sechsmal jährlich www.zeitschrift-salve.ch www.gebetsgemeinschaft.ch www.kloster-einsiedeln.ch www.kloster-fahr.ch www.propstei-stgerold.at www.siljawalter.ch www.zeitschrift-salve.ch www.gotteswort.ch www.GOTTsuchen.ch Kaum etwas ist so beständig wie die Wandlungsfreude der Wolken am Himmel. Die «Engelerscheinung» über dem Kloster dauerte nur Augenblicke (Salve 2/2012, S.28. Foto: Hedwig Füchslin).

LE I TGEDANKE 3 Liebe Leserin, lieber Leser Nichts ist so beständig wie der Wandel. Das zeigen eindrücklich die fünf Artikel, die sich mit dem Wandel in den fünf Bereichen befassen, aus denen das «Salve» berichtet. Gerade um sich treu zu bleiben, mussten sie sich wandeln. Auch was sich nicht wandelt wird anders, wenn sich das Umfeld ändert. Das «Salve» ist sehr beständig geblieben, seit es unsere Zeitschrift unter diesem Namen gibt: gleicher Aufbau, gleiche graphische Gestaltung, viele gleiche Rubriken, oft die gleichen Autorinnen und Autoren, treue Leserinnen und Leser. Doch jetzt ist es Zeit für einen Wandel. Die nächste Nummer wird grundlegend neu gestaltet sein. Neuer Wein gehört auch in neue Schläuche. Während zehn Jahren waren wir zu zweit für das «Salve» verantwortlich. Es war eine gute Zusammenarbeit, jeder hat seine besonderen Kompetenzen eingebracht. Wir durften viel positives Echo entgegennehmen. Jetzt aber können wir diese Verantwortung abgeben. Und möchten uns herzlich bedanken: bei den Klosterleitungen für ihr Vertrauen, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre hervorragende und zuverlässige Arbeit, bei den Leserinnen und Lesern für ihre Treue. Nun hoffen wir, dass Sie diese Treue auch dem neuen «Salve» bewahren. Wir wünschen Ihnen in allem den Segen des Herrn. Ihr Pater Markus Steiner Erich Liebi

4 WANDEL Der Wallfahrtsort Einsiedeln Wallfahrt – heiliger Wandel Für manche ist die Wallfahrt ein Hort der Beständigkeit inmitten einer sich rasant verändernden Kirche und Welt. Doch das Gegenteil ist der Fall: Der Wandel gehört zum Wesen der Wallfahrt und prägt auch den Wallfahrtsort. Wie dieser Wandel geistlich fruchtbar gemacht werden kann, schildert der Einsiedler Wallfahrtspater. Wer alte Fotos oder Filmaufnahmen von Wallfahrtsgottesdiensten aus den 30er oder 50er Jahren des letzten Jahrhunderts sieht, der bemerkt nicht wenige Unterschiede zum heutigen Wallfahrtsbetrieb im Jahr 2024. Zwar kommen noch immer Hunderttausende von Menschen jedes Jahr nach Einsiedeln, doch die Gründe für den Besuch von Kloster und Wallfahrtsort sind heute vielfältiger, die Ansprüche und Erwartungen höher, das religiöse (Hintergrund-)Wissen kleiner und die Selbstverständlichkeiten weniger. Doch hat der Wandel nicht erst im letzten Jahrhundert eingesetzt. Der Blick in die Geschichte zeigt: Jede Epoche hat in der Einsiedler Wallfahrt ihre Spuren hinterlassen: Neues ist geworden, Altes ist vergangen. Und das ist gut so, denn: Nur ein Wallfahrtsort, der sich wandelt, bleibt lebendig. Wallfahrt kommt vom Wandel Dieser Wandel des Wallfahrtsortes passt zumWesen des Pilgerns, resp. der Wallfahrt. Pilgern wird oft als «Beten mit den Füssen» bezeichnet. Pilgerinnen und Pilger sollen auch körperlich spüren, was sie glauben. Zum Kern unseres christlichen Glaubens gehört die Wandlung – und dies in mehrfachem Sinn. Die Wallfahrt greift diese Grundthematik des christlichen Glaubens auf. Das deutsche Wort «Wallfahrt» – wie auch das ältere Wort «wallen» – leitet sich vom Verb «wandeln» ab. Wer auf Wallfahrt geht, der geht nicht nur, der wandelt (sich) sogar. Aber nicht erst am Ziel der Wallfahrt, sondern schon auf dem Weg geschieht Wandlung. Doch kein Mensch kann seine Wandlung machen oder programmieren. Er kann den Boden dafür bereiten, sich um passende Rahmenbedingungen bemühen. Das gemeinsame oder individuelle Unterwegssein, die Zeit zum Nachdenken, die Erfahrung von Stille, die bewusst Gott geschenkte Zeit – das alles kann die Wandlung vorbereiten und unterstützen. Das eigentliche Wunder Wandlung feiern wir Christinnen und Christen auch in jeder Eucharistie. Wer an ihr teilnimmt, wird hineingenommen in die Wandlung Jesu. Die Begegnung mit dem lebendigen Gott verwandelt den Menschen. «Das eigentliche Wunder einer Wallfahrt ist die innere Wandlung von Menschen», so lautet eine prägnante Aussage vom «Wallfahrtsspezialisten» Prof. Michael Rosenberger. Da sich in der Eucharistiefeier die Wandlung sakramental vollzieht, gehört die Mitfeier der Eucharistie unbedingt zu jeder Wallfahrt. Aus diesem Grund kann, wer nach Einsiedeln pilgert, an einer von mindestens vier Eucharistiefeiern pro Tag teilnehmen. Ob im festlichen Pontifikalamt am Hauptaltar oder in der schlichten Frühmesse in der Gnadenkapelle: in der Kraft des Heili­

5 WANDEL gen Geistes werden die schlichten Gaben von Brot und Wein zu Leib und Blut Christi. Die Wandlung des Christen Was in der Feier der Heiligen Messe sakramental geschieht, soll der Christ, soll die Christin im Leben existenziell mitvollziehen: Jesus Christus soll in uns immer mehr Gestalt annehmen. Wie es der grosse Benediktinerabt Dom Columba Marmion (1858–1923) gesagt hat: «Wir müssen aus Gnade werden, was Christus von Natur aus ist: Kinder Gottes». Das weite Herz als Ziel Wir Mönche haben in unserer monastischen Profess die «stabilitas loci» versprochen, die Beständigkeit amOrt. Durch das verlässliche Hiersein einer konkreten Gemeinschaft gestalten wir mit unseren Mitarbeitenden einen Ort, der sich auch in Zukunft wandeln wird. Auch unser eigenes Leben als Mönche ist hineingenommen in diesen fortwährenden Wandlungsprozess. Benediktinisch gesehen ist diese Wandlung das «weite Herz». Der heilige Benedikt skizziert im Vorwort seiner Mönchsregel diese Vision eines gelungenen geistlichen Lebens: «Wer aber im klösterlichen Leben und im Glauben fortschreitet, dem wird das Herz weit, und er läuft in unsagbaremGlück der Liebe den Weg der Gebote Gottes» (RB Prol 49). Wer als Pilgerin oder Wallfahrer unterwegs ist, der bildet diesen lebenslänglichen geistlichen Weg konkret ab. Wie die Wallfahrt, so ist unser ganzes christliches Leben ein heiliger Wandel. Pater Philipp Steiner Die Zuger Fusswallfahrt nähert sich 2016 ihrem Ziel (Foto: Jean-Marie Duvoisin).

6 WANDEL Von Wandel und Wandlung Eine benediktinische Lebensaufgabe Ist Wandel zählbar? Was unsere Gemeinschaft betrifft, ist das durchaus so. Ältere Mitbrüder sagen oft: «Als ich eintrat, waren wir noch so und so viele.» Ist denn dieser Wandel auch qualitativ messbar? Ein Wandel der Qualität ist nicht so offensichtlich wie jener, der sich in Zahlen ausdrücken lässt. Vom klösterlichen Lebenswandel In der Aufarbeitung unserer Geschichte der sexuellen Übergriffe im Umfeld des Klosters sind die meisten Fälle aus jener Zeit bekannt, in der wir einen Höchststand anMitgliedern hatten. Mindestens in dieser Hinsicht war demnach eine grosse Zahl nicht nur von Vorteil. Von den Jahrhunderten vorher, als wir nie mehr als dreissig Mönche waren, kann ich nicht sagen, sie seien besser oder schlechter als wir gewesen. Sie hatten andere Herausforderungen und mussten auf diese reagieren – und offensichtlich haben sie das immer auch gut gemacht, sonst wären wir nach 1090 Jahren nicht mehr hier. Aufruf zu ständigem Wandel «Wandeln» heisst von seiner Wortbedeutung her «ändern» oder «langsam gehen». Dass es für einen Wandel Zeit braucht, ist klar. Ob und wie sich etwas verändert, ist weniger sichtbar. Der Aufruf zum steten Wandel ist in der Benediktsregel jedenfalls gegeben. Das mag erstaunen, sind Mönche und Nonnen doch für ihr Gelübde der «stabilitas», der Beständigkeit, bekannt. Der heilige Benedikt ergänzt allerdings dieses Gelübde um zwei weitere, damit es beim Mönch oder bei der Nonne nicht zu einem Stillstand kommt: Das Gelübde des klösterlichen Lebenswandels fordert die Einzelnen dazu auf, im Alltag des Klosterlebens auf Jesus Christus hin unterwegs zu bleiben. Und das Gelübde des Gehorsam ist ein dialogisches: Es verpflichtet, auf andere zu hören und damit eigene Meinungen und Erfahrungen nicht absolut zu setzen. Beide Gelübde rufen zum steten Gehen und Ändern auf und sind so Aufruf zum stetenWandel. Zusage zum Leben Was ich vorhin als klösterlichen Lebenswandel bezeichnete, heisst in der Benediktsregel «conversatio morum» (RB 58,17). «Conversari» bedeutet wörtlich: «Mit jemandem einen Umgang haben». Das Gelübde der «conversatio» ist eine Einladung, mit der Regel des heiligen Benedikt einen Umgang zu Der Wandel verleiht Flügel (Foto: Wikimedia).

7 WANDEL pflegen, der uns voranbringt. Und natürlich will das Gelübde einen persönlichen Umgang mit jenem pflegen lassen, zu dem uns die Regel führenwill: mit Gott selbst. Es geht daher um Beziehung mit Gott, um einen vertrauten Umgang mit ihm über Gebet, Lesung und Arbeit. Die «conversatio morum» ist dabei vor allem eine Zusage an Christus! Die Segel in den Wind des Wandels setzen Wandel im benediktinischen Sinne ist also eine Haltung der immer neuen Hinwendung zu Christus. Das Wort «conversatio» kommt in der Regel bereits im Prolog ein erstes Mal vor, wo es heisst: «Wer aber im klösterlichen Leben («conversatio») und im Glauben fortschreitet, dem wird das Herz weit, und er läuft in unsagbarem Glück der Liebe den Weg der Gebote Gottes» (RB prol. 49). Mag auch das Klosterleben in Klausur seine äussere Begrenztheit haben: Dem Mönch und der Nonne möchte die «conversatio» Flügel verleihen und das Herz weit machen. Was genau versteht der heilige Benedikt unter Wandel, wenn er vom «weiten Herzen» spricht? Nicht so sehr der Lebensalltag wird im Kloster dauernd gewandelt, sondern die eigene Haltung dazu. So drückte es in der Antike schon der griechische Philosoph Aristoteles (384–322 v. Chr.) aus. «Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.» Erhebet die Herzen Nicht zuerst die Umwelt, sondern das eigene Herz wandeln lassen: Das ist ein lebenslanger Prozess. Dazu passt im benediktinischen Umfeld allerdings weniger das Wort «Wandel» als vielmehr der Ausdruck «Wandlung». Denn im Mittelpunkt unseres benediktinischen Lebens sind das Stundengebet und die Eucharistiefeier. In Letzterer feiern wir konkret «Wandlung», die mit dem Ruf eingeleitet wird: «Erhebet die Herzen». Die Antwort der feiernden Gemeinde ist: «Wir haben sie beim Herrn». Das Herz soll verwandelt werden – in die Grundhaltung Jesu Christi, die wir in der Wandlung der Messe feiern. «Salve»: Wandlung zum Leben In der Wandlung der Eucharistiefeier werden nicht nur Brot und Wein in die reale Gegenwart Jesu Christi gewandelt. Das Ziel dieser Wandlung drückt Papst Benedikt XVI. so aus: «Alle Menschen warten immer schon irgendwie in ihrem Herzen auf eine Veränderung und Verwandlung der Welt.» Und weil in der Wandlung die Hingabe Jesu für uns Menschen gefeiert wird, sagt der Papst weiter, dass diese «allein wirklich die Welt erneuern kann: Gewalt wird in Liebe umgewandelt und so Tod in Leben.» Wo Gewalt in Liebe gewandelt wird und Totes zu Lebendigem, ist dies nicht zähl- und messbar. Dennoch können wir durch unseren Lebenswandel mithelfen, die Welt zu verwandeln. Wenn sich nun das «Salve» wandelt, ist das meine Hoffnung für dieses Magazin: Es soll weiter Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit geben und mit dem Zeugnis unserer Gemeinschaften von Einsiedeln und Fahr in Text und Bild mithelfen, die Welt zu wandeln. Abt Urban Federer Wandlung: Abt Urban Federer zelebriert die hl. Messe (Foto: Jean-Marie Duvoisin).

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