Salve Dezember 2023 / Januar 2024

Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr 6 · 2 0 2 3 S A LV E

2 S A L V E Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr Jahresthema Synodalität der Kirche – Prozesse anstossen 4 Wallfahrt Liturgischer Kalender 10 Gottesdienste in Einsiedeln 12 Wallfahrtsinformationen 14 Der Wallfahrtspater lädt ein zum Adelheid-Betsonntag 15 Kloster Einsiedeln In memoriam Pater Alois Kurmann 16 Junioratswoche 2023 – Alles über Maria 21 Der Stiftschor auf Reisen 22 Oblatentagung – Vertrauen in Psalm 139 24 Weiheformel der Marianischen Sodalität 26 Konventglöckli 28 Stiftsschule Schulagenda 30 Et voilà 31 Internat – Vorzeitiger Abschied 32 Schulseelsorge – Carlo Acutis 34 Regionale Alteinsiedler-Treffen 2024 36 Griechenlandreise 38 Hebraicum 40 Alumni bei Swissbiomechanics 41 Klassentag M 68 – Weltoffenheit… 43 Klassentag M 73 – In alter Frische 44 St.Gerold Der Friedhof – Alpha und Omega 46 Kultur- und Seminarprogramm 48 Kloster Fahr Grusswort 50 Arealentwicklung – Miteinander ist das Zauberwort 52 Klostergeschichte wird weitergeschrieben 54 Die neue Nachbarschaft – Erfahrbar 56 Treffen Ehemaliger der Bäuerinnenschule 58 Veranstaltungskalender 60 Meditation 62 Kaleidoskop Bruder Kaspar Moosbrugger zum Gedenken 64 Der Kirchenmaler Fritz Kunz 66 Neue Bücher 72 Inhaltsverzeichnis 2023 77 Impressum 87 15. Jahrgang · Ausgabe 6, Dezember 2023 / Januar 2024 Erscheint sechsmal jährlich www.zeitschrift-salve.ch www.gebetsgemeinschaft.ch www.kloster-einsiedeln.ch www.kloster-fahr.ch www.propstei-stgerold.at www.siljawalter.ch www.zeitschrift-salve.ch www.gotteswort.ch www.GOTTsuchen.ch Synodalität als Prozess: Schuljahresmotto 2023/24 der Stiftsschule Einsiedeln (Foto: zVg).

LE I TGEDANKE 3 Liebe Leserin, lieber Leser Eine Nummer im Zeichen des Abschieds. Ein Abschied von diesem Jahrgang des SALVE mit seinem Thema «Synodaler Prozess». Es hat sich ergiebig erwiesen, da die Autorinnen und Autoren es weit ausgelegt haben. Sie haben gezeigt, dass Kirche von unten in unseren Klöstern lebendig ist. Abschied vor allem von Pater Alois. Sein unerwarteter Tod hat uns alle betroffen gemacht. Seine Beiträge haben das «Salve» wesentlich mitgeprägt. In ihnen kamen seine Kenntnisse in Sprachen zum Ausdruck, seine Liebe zur Bibel und seine Verbundenheit mit den ehemaligen Schülerinnen und Schülern der Stiftsschule. Sie fehlen nun in dieser Nummer, werden für immer fehlen. Darüber hinaus war Pater Alois in den letzten Jahren auch an den Korrekturen beteiligt. Mitten während den Korrekturen für die Nummer 5 hat ihn dann eine Lungenembolie getroffen. Für all dies sei ihm übers Grab hinaus ein herzliches «Vergelt’s Gott» gesagt. Einen weiteren Abschied gilt es anzukündigen. Das «Salve» in seiner jetzigen Form geht dem Ende entgegen. Noch zwei Nummern werden im Jahre 2024 so erscheinen, wie Sie es gewohnt sind. Nach fünfzehn Jahren drängt sich eine Neugestaltung auf. Der unaufhaltsame Abonnentenschwund zeigt, dass eine Öffnung notwendig ist. Es braucht auch neue Leute mit neuen Ideen. Der fortschreitenden Digitalisierung ist Rechnung zu tragen. Die Vorbereitungsarbeiten sind weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Wir hoffen natürlich, dass Sie dann sich auch vom neuen «Salve» angesprochen fühlen. Über die Abogebühren werden Sie rechtzeitig informiert werden. Nun wünschen wir Ihnen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr. Ihr Pater Markus Steiner

4 J AHRE S THEMA Synodalität der Kirche Prozesse anstossen In meinen Tätigkeitsfeldern habe ich verschiedene Möglichkeiten, in einem synodalen Kirchenverständnis zu wirken. Darunter verstehe ich ein gemeinsames Unterwegssein auf Christus hin, einander stützend, beratend und korrigierend Prozesse der menschlichen und christlichen Reifung anzustossen und zu begleiten. Zum einen darf ich in der Schulseelsorge tätig sein, zum anderen begleite ich Erwachsene auf ihrem Weg des Christwerdens und zudem gebe ich gerne Impulse aus wichtigen päpstlichen Dokumenten weiter. Am Rosenkranzsonntag, den 1. Oktober, wollte Abt Urban sichergehen, dass in der Heiligen Messe eine Fürbitte für die Weltsynode in Rom gebetet wird. Ich entgegnete ihm, dass die Synode erst am kommenden Mittwoch, 4. Oktober, starte. Darauf antwortete er, dass die Synode mit dem Gebet beginne. Diese Aussage hat mir Eindruck gemacht. Tatsächlich hat Papst Franziskus gerade am Vorabend dieses Gesprächs das Ökumenische Abendgebet «together» zum SynodenAuftakt abgehalten. Damals sagte er: «Synodos: Lasst uns gemeinsam gehen, nicht nur die Katholiken, sondern alle Christen, das ganze Volk der Getauften, das ganze Volk Gottes, denn nur das Ganze kann die Einheit aller sein». Mehrfach betonte er, dass der Heilige Geist der Hauptakteur der Synode sei. Die Synode ist ein Weg, den der Heilige Geist wirkt. Wir müssen zuerst hören, bevor wir reden und handeln. Eine Synode sei kein Parlament, wo Mehrheiten den Kurs bestimmen. Es gehe auch nicht darum, eigene Interessen durchzuboxen. «Bitten wir darum, dass die Synode ein Kairós der Geschwisterlichkeit wird, ein Ort, an dem der Heilige Geist die Kirche von Geschwätz, Ideologien und Polarisierungen reinigt». Das programmatische Schreiben «Evangelii Gaudium» von Papst Franziskus, erschienen 2013 (Foto: Herder Verlag). Bei der Eröffnungsansprache in der Audienzhalle zu Beginn der Synode, am 4. Oktober, erwähnte Papst Franziskus die Dynamik vor und nach der Amazonas-Synode 2019:

5 J AHRE S THEMA «Als es die Synode für das Amazonasgebiet gab, gab es die öffentliche Meinung, den Druck, dass es ‹viri probati›, verheiratete Männer, die geweiht werden können, geben solle: Wir sind mit diesem Druck hineingegangen. Jetzt gibt es einige Spekulationen über diese Synode: »Was werden sie tun?«, »Vielleicht das Priesteramt für Frauen«..., ich weiss nicht, diese Dinge, die sie draussen sagen.» Der äussere Druck engt den Prozess der Unterscheidung ein. Es besteht keine innere Freiheit, auf Gottes Geist zu hören. Dieser äussere Druck war im Nachgang der Amazonas-Synode die mündliche Begründung des Papstes, warum er nicht den viri probati im Amazonasgebiet zustimmen konnte. Zeit ist mehr wert als Raum In seinem programmatischen Schreiben «Evangelii Gaudium» stellt Papst Franziskus das Prinzip auf, dass Zeit mehr wert sei als Raum (vgl. EG 222). «Dieses Prinzip erlaubt uns, langfristig zu arbeiten, ohne davon besessen zu sein, sofortige Ergebnisse zu erzielen. Es hilft uns, schwierige und widrige Situationen mit Geduld zu ertragen oder Änderungen bei unseren Vorhaben hinzunehmen, die uns die Dynamik der Wirklichkeit auferlegt […] Eine der Sünden, die wir gelegentlich in der sozialpolitischen Tätigkeit beobachten, besteht darin, dem Raum gegenüber der Zeit und den Abläufen Vorrang zu geben. Dem Raum Vorrang geben bedeutet, sich vorzumachen, alles in der Gegenwart gelöst zu haben und alle Räume der Macht und der Selbstbestätigung in Besitz nehmen zu wollen. Damit werden die Prozesse eingefroren. Man beansprucht, sie aufzuhalten. Der Zeit Vorrang zu geben, bedeutet, sich damit zu befassen, Prozesse in Gang zu setzen anstatt Räume zu besitzen» (EG 223). Prozesse anstossen Dieses Prinzip nimmt er auch wieder in seinem Schreiben «Amoris Laetitia» auf. In der Erziehung beispielsweise «geht es mehr daEr hat den Prozess angestossen: Jesus von Nazareth verkündet das Evangelium (Reichenauer Malschule, Foto: Wikimedia).

6 J AHRE S THEMA rum, Prozesse auszulösen, als Räume zu beherrschen. Wenn ein Vater versessen darauf ist zu wissen, wo sein Sohn ist, und alle seine Bewegungen zu kontrollieren, wird er nur bestrebt sein, dessen Raum zu beherrschen. Auf diese Weise wird er ihn nicht erziehen, er wird ihn nicht stärken und ihn nicht darauf vorbereiten, Herausforderungen die Stirn zu bieten. Worauf es ankommt, ist vor allem, mit viel Liebe im Sohn Prozesse der Reifung seiner Freiheit, der Befähigung, des ganzheitlichen Wachstums und der Pflege der echten Selbständigkeit auszulösen. Nur so wird dieser Sohn in sich selbst die Elemente besitzen, die er braucht, um sich schützen zu können und um unter schwierigen Umständen klug und intelligent zu handeln» (AL 261). Seit ich diese Intention von Papst Franziskus, Prozesse anzustossen, bemerkt habe, entdecke ich in all seinen Schreiben und in seinem Handeln diese Sinnrichtung, nicht einfach zu bestimmen, sondern etwas durch die Zeit reifen und läutern zu lassen. Creatio continua Ich meine auch in Gottes Handeln diese Intention entdeckt zu können: Ist etwa nicht die Schöpfung als Evolutionsprozess diesem Prinzip verpflichtet? Wir verstehen die Schöpfung als creatio continua. Sind nicht das Wirken Jesu auf Erden, die Erlösung am Kreuz, die Auferstehung, die Tätigkeit der Apostel und der Kirche der simplen Absicht verpflichtet, Prozesse in Gang zu setzen? Und Jesus prophezeit, dass wir damit nicht zum Ende kommen werden, bis der Menschensohn kommt (Mt 10,23). Erziehung als Prozessbegleitung Besteht nicht die Erziehung darin, Prozesse für ein freies und verantwortungsvolles Handeln anzustossen? Jedenfalls verstehen wir das in der Schulseelsorge so. In diesen Prozessen der Entwicklung sind wir nie allein. Im Gegenteil, wir brauchen einander, um in der Schule des Lebens voranzukommen. Das diesjährige Schuljahresmotto «wir:» will gerade daraufhin arbeiten. DieTaufe als Prozessbeginn: «Der Herr vollende an dir, was er in der Taufe begonnen hat» (Foto: zVg).

7 J AHRE S THEMA ses Motto betont, dass wir gemeinsam unterwegs sind. Nicht bloss als Individuen, sondern in einer neuen Grösse. Wenn sich Menschen zusammentun, überbietet das Gemeinsame die blosse Anhäufung von Individuen. In der Beziehung zueinander geschieht etwas Neues. Wenn man sich ein- gibt, entsteht eine neue Identität: ein Wir. Dieses Wir ist grösser als das, was wir gerade benennen. Es ist ein Wir mit Doppelpunkt. Der Doppelpunkt will etwas Kommendes, etwas zu Erwartendes andeuten. Es kommt etwas, es geschieht etwas. Gerade der Doppelpunkt will darauf aufmerksam machen, dass dieses Wir nicht vollständig ausgedrückt werden kann. Es steht im Prozess, in der Entwicklung. Deswegen bleibt das Wir auch spannend. Die Schulseelsorge ist mit den Heranwachsenden unterwegs und begleitet sie. Ihr Reifen und Wachsen beobachten zu können, ist etwas Schönes. Synodale Entfaltung Wir können dieses Begleiten von Prozessen synodal – gemeinsam auf dem Weg – bezeichnen. Auch der individuelle Glaubensweg jedes Getauften betrachte ich als eine synodale Entfaltung. Jeder befindet sich auf einem Weg der Unterscheidung durch Reifung und Läuterung. Die geistliche Unterscheidung braucht andere Menschen, die mit ihm den Weg mitgehen. Manchmal braucht es korrigierende oder klärende Worte, und stets Ausdauer und Geduld. Eine Reifung benötig immer Zeit und Freiheit. Taufe als Prozessbeginn In der Mönchsprofess oder in einer Weiheliturgie äussert der Abt, bzw. der Bischof, diesen Gedanken ausdrücklich: «Der Herr vollende an dir, was er in der Taufe begonnen hat.» Die Taufe ist wohl schon vollkommene Heiligung und doch erst der Beginn eines Prozesses. Der Heilige Geist stösst in uns einen Prozess, eine Entwicklung und Entfaltung an. Ich glaube, dass sich diese Entfaltung im Himmel fortsetzen wird, wo wir «in Gottes Bild verwandelt werden, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, durch den Geist des Herrn» (2 Kor 3,18). Katechumenat In meinen Tätigkeitsfeldern habe ich verschiedene Möglichkeiten, synodal – gemeinsam unterwegs – zu begleiten. Zum einen habe ich die Schulseelsorge an der StiftsErziehung als Prozessbegleitung: Schuljahresmotto 2023/24 der Stiftsschule Einsiedeln (Foto: zVg).

8 J AHRE S THEMA schule erwähnt, zum anderen möchte ich den Weg des Christwerdens anführen. Im Katechumenat darf ich mit Menschen ein Stück der Reifung ihres Glaubens mitgehen. Die Interessenten und ihre Begleitpersonen oder Paten treffen sich mindestens ein Jahr lang praktisch jede zweite Woche in Einsiedeln zum Gebet, Bibellesen, Essen und Austausch über Themen des Glaubens. Das ist eine recht intensive Zeit, die wir in vier Phasen teilen. Schlichte gottesdienstliche Feiern kennzeichnen die Übergänge. Vier Phasen Die vorkatechumenale Phase mündet ungefähr ein Jahr vor der Taufe in die Feier der Aufnahme ins Katechumenat. In dieser Feier drücken die Kandidaten ihre Intention aus, auf Gottes Ruf zu antworten und Jesus nachzufolgen, und die Kirche nimmt sie als Katechumene an. Die zweite Phase gehört zur entfernteren Vorbereitung und dauert gewöhnlich bis anfangs Fastenzeit. Die Feier «Erwählung» kennzeichnet den Beginn der näheren Vorbereitung (dritte Phase) zur Taufe, während der die Kirche formell die Bereitschaft der Katechumenen für die Sakramente der Eingliederung prüft. Diese Phase versteht sich als Zeit der Reinigung und Erleuchtung. Sie wird begleitet von Stärkungsriten. Das Katechumenat endet mit dem Empfang der Initiationssakramenten, der Taufe, der Firmung und der Kommunion, gewöhnlich in der Osternacht. Damit ist die Zeit des Christwerdens jedoch nicht fertig. Es folgt eine Zeit der Reflexion und der Vertiefung (vierte Phase) gewöhnlich bis Pfingsten. Diese Zeit ist wichtig, um die ersten Erfahrungen als neugetaufte Person zu reflektieren und in die konkrete kirchliche Gemeinschaft am Ort hineinzuwachsen. Christwerden ist ein Prozess Das Christwerden ist ein Prozess, der seine Zeit braucht. Die Erfahrung lehrt, dass kein Weg einfach gradlinig verläuft. Er kennt Voranschreiten und Wachstum, aber auch Unterbrechungen und Stillstand. Ich erinneChrist werden als Prozess – hier die Feier der Übergabe des Vaterunsers (Foto: zVg). re mich an den 23-jährigen Colin, der mir nach der Feier der Übergabe des Vaterunsers bekannte, dass er kurz davor gewesen war, das Katechumenat abzubrechen, dass er durch diesen schlichten Gottesdienst aber neu die Gewissheit erhalten habe, dass Gott ihn zur Taufe rufe. Ich habe die ersten Absolventen des regionalen Katechumenats von Einsiedeln gefragt, ob es nicht besser sei, die rund zwanzig Treffen auf wenige ganztägige Zusammenkünfte zu reduzieren, um die zeitliche Belastung zu verringern. Die einhellige Antwort bestätigte den eingeschlagenen Weg. Das schrittweise Vorwärtsgehen sei nötig, um einen Prozess der eigenen Umkehr und des neuen Denkens ermöglichen zu können. Glaube ist Beziehung Der Glaube ist Beziehungsarbeit – Beziehung mit Gott, Beziehung in Gemeinschaft der Glaubenden und Beziehung mit seiner eigenen «Heils»-Geschichte. Es ist deswegen gut, wenn man sich genügend Zeit lässt,

9 WALLFAHRT J AHRE S THEMA 2022 in Einsiedeln habe ich ein Spiel entwickelt, um über die Themen von Amoris Laetitia ins Gespräch zu kommen. Bei einer Weiterbildung für Ehepaare, die Ehevorbereitungskurse durchführen, durfte ich dieses Dokument vorstellen. Ich sollte vor allem die Impulse, die dieses Schreiben den Verantwortlichen in der Ehe- und Familienpastoral geben möchte, herausarbeiten. Meines Erachtens besteht ein wichtiger Impuls darin, die Familien nicht als Objekte der Familienpastoral zu betrachten, sondern sie wesentlich als Subjekte dieser Pastoral einzubeziehen. Zur Ehevorbereitung soll gar die ganze Gemeinde stärker einbezogen werden und das Zeugnis der Familien begünstigen. Elektrisiert hat mich der Gedanke, dass die Ehevorbereitung im Weg der christlichen Initiation verankert werden soll. Da werden ähnliche Wege vorgeschlagen, wie bei der Taufvorbereitung für Erwachsene. Katechumenale Wege für das Eheleben Das vatikanische Dikasterium für Familien hat diesen Impuls der Synode aufgenommen und 2022 pastorale Leitlinien zu «Katechumenale Wege für das Eheleben» veröffentlicht. Nun liegt der Ball wieder bei den Teilkirchen, ob und wie sie diesen Impuls aufnehmen. Jedenfalls habe ich diesen Impuls bei der genannten Weiterbildung weitergegeben in der Hoffnung, dass dies einen Prozess auslöst, der in naher oder ferner Zukunft Früchte trägt. Als Getaufte sind wir auf dem Weg der Nachfolge Christi synodal – gemeinsam unterwegs. Die Taufe hat einen Prozess in uns begonnen. Mit Paulus können wir hoffentlich einander bescheinigen: «Wir beten immer für euch, dass unser Gott euch eurer Berufungwürdigmache und in seiner Macht allen Willen zum Guten und das Werk des Glaubens vollende» (2 Thess 1,11). Pater Cyrill Bürgi mit dem christlichen Glauben und der neuen Lebenspraxis vertraut zu werden. Gleichzeitig kann man so das Kirchenjahr miterleben, das auf seine Weise die Geheimnisse des Glaubens vermittelt und feiert. Die Katechumenatsgruppe ist eine begleitende Weggemeinschaft. Sie setzt sich aus Mitgliedern der Pfarrei und engagierten Christen und anderen Taufbewerbern zusammen und knüpft an vorhandenen Beziehungen (Freundschaften, Paten) an. Dieses gemeinsame Unterwegssein erfahre ich als synodalen Prozess. Ehe als Prozess Im Herbst 2014 und 2015 haben sich zwei Synoden mit Ehe und Familie beschäftigt. Im April 2016 erschien dazu das nachsynodale Schreiben «Amoris Laetitia». Auchhier wollte Papst Franziskus einen Prozess anstossen. In diesem Dokument finden sich wertvolle Impuls zu Ehe und Familie, zu den pastoralen Herausforderungen in diesem Feld. Franziskus versteht darin «die Ehe als dynamischen Prozess von Stufe zu Stufe entsprechend der fortschreitenden Hereinnahme der Gaben Gottes» (AL 122). Impulse aus Amoris Laetitia Bei verschiedenen Gelegenheiten durfte ich mit diesem Dokument arbeiten. Zwei möchte ich erwähnen. Für den Weltfamilientag Ehe als Prozess: Spielerisch mit «Amoris Laetitia» ins Gespräch kommen (Foto: zVg).

10 WALLFAHRT DEZEMBER Gebetsmeinung Weltkirche Beten wir für die Menschen, die mit Behinderungen leben, dass sie im Zentrum gesellschaftlicher Aufmerksamkeit stehen und ihnen von Einrichtungen inklusive Angebote gemacht werden, die ihre aktive Teilnahme wertschätzen. Kirche Schweiz Menschen auf der Strasse sind vielfachen Gefahren ausgesetzt. Wir bitten Gott für Obdachlose, Flüchtlinge und Prostituierte um den Schutz des Immanuel, des Gott-mit-uns, in allen Situationen, in denen menschliche Hilfe unerreichbar ist. Liturgischer Kalender für den Dezember und Januar 1. Fr Herz-Jesu-Freitag 3. So 1. Adventssonntag Hl. Franz Xaver (†1552) Ordensmann 7. Do Hl. Ambrosius (†397) Bischof, Kirchenlehrer 8. Fr Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria 10. So 2. Adventssonntag 13. Mi Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 14. Do Hl. Johannes vom Kreuz (†1591) Ordensmann 16. Sa Hl. Adelheid (†999) Kaiserin 17. So 3. Adventssonntag (Gaudete) Adelheidsonntag 24. So 4. Adventssonntag Heiliger Abend 25. Mo Hochfest der Geburt unseres Herrn Weihnachten 26. Di Hl. Stephanus, erster Märtyrer 27. Mi Fest Hl. Johannes Apostel, Evangelist 28. Do Fest Unschuldige Kinder 31. So Fest Heilige Familie

11 WALLFAHRT 28. So 4. Sonntag im Jahreskreis Hl. Thomas von Aquin (†1274) Ordenspriester, Kirchenlehrer 31. Mi Johannes Bosco (†1888) Priester, Ordensgründer JANUAR Gebetsmeinung Weltkirche Wir beten, dass der Heilige Geist uns helfe, die Gabe der verschiedenen Charismen innerhalb der christlichen Gemeinschaft zu erkennen und den Reichtum der verschiedenen liturgischen Traditionen der katholischen Kirche zu entdecken. Kirche Schweiz Am Anfang des Jahres sind wir eingeladen, uns mit dem Thema «Friede» auseinanderzusetzen. Wir beten für das Ende aller Kriege und für alle Menschen, die unter den Folgen von Kampfhandlungen leiden. 01. Mo Hochfest der Gottesmutter Maria Neujahr, Weltfriedenstag 02. Di Hl. Basilius (†379), Hl. Gregor von Nazianz (†390) Bischöfe, Kirchenlehrer 05. Fr Herz-Jesu-Freitag 06. Sa Hochfest Erscheinung des Herrn (Epiphanie) Dreikönige 07. So Fest Taufe des Herrn 13. Sa Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 14. So 2. Sonntag im Jahreskreis 15. Mo Hl. Maurus und Plazidus Schüler des hl. Benedikt 17. Mi Hl. Antonius (†356) Einsiedler 18.–25. Weltgebetsoktav für die Einheit der Christen 21. So Hochfest Hl. Meinrad (†861). Mönch, Einsiedler, Märtyrer, Patron des Ortes 3. Sonntag im Jahreskreis 24. Mi Hl. Franz von Sales (†1622) Bischof, Kirchenlehrer 25. Do Fest Bekehrung des Apostels Paulus

12 WALLFAHRT Fr 1. Herz-Jesu-Freitag 20.00 Uhr Feierliche Herz-Jesu-Komplet KK So 3. Erster Adventssonntag 15.00 Uhr Musik zum Advent KK Fr 8. Hochfest der Unbefleckten Empfängnis Mariens 09.30 Uhr Festliches Pontifikalamt KK 11.00 Uhr Pilgermesse KK 14.00 Uhr Pilgerandacht mit Rosenkranzgebet GK 16.30 Uhr Pontifikalvesper KK 17.30 Uhr Eucharistiefeier GK Sa 9. 06.15 Uhr Rorate-Messe GK So 10. Zweiter Adventssonntag 15.00 Uhr Musik zum Advent KK Mi 13. Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 16.00 Uhr Andacht mit Eucharistischem Segen UK Sa 16. 06.15 Uhr Rorate-Messe GK So 17. Adelheid-Betsonntag zur Abwendung von Feuersgefahr 09.30 Uhr Konventamt KK 16.30 Uhr Vesper mit Eucharistischer Aussetzung KK a nschl. Eucharistische Prozession GK Sa 23. 06.15 Uhr Rorate-Messe GK So 24. Weihnachten – Heiligabend 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK 17.30 Uhr Eucharistiefeier GK 20.00 Uhr Feierliche Vigil KK DEZEMBER Gottesdienste in Einsiedeln Abkürzungen: KK Klosterkirche, GK Gnadenkapelle, MK Magdalenenkapelle, BK Beichtkirche, UK Unterkirche 22.00 Uhr Musikalische Einstimmung KK 23.00 Uhr Mitternachtsmesse KK Mo 25. Weihnachtstag 08.00 Uhr Eucharistiefeier GK 10.30 Uhr Festliches Pontifikalamt KK 15.30 Uhr Spirituelle Führung «Heilsgeschichte im Bild» KK 16.30 Uhr Feierliche Pontifikalvesper KK 17.30 Uhr Eucharistiefeier GK Di 26. Stephanstag Gottesdienstordnung wie an Sonntagen So 31. Jahresende 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK 17.30 Uhr Jahresabschlussmesse KK 20.00 Uhr Feierliche Vigil KK a nschl. Eucharistische Anbetung bis 22.45 Uhr MK 23.00 Uhr Besinnung mit Text und Musik KK 24.00 Uhr Wort zum neuen Jahr von Abt Urban KK Die Rorate-Gottesdienste bei Kerzenlicht sind ein beliebter Advents-Brauch. Jeweils an den Samstagen im Advent um 6.15 Uhr bei der Gnadenkapelle.

13 WALLFAHRT Mo 1. Hochfest der Gottesmutter Maria – Neujahr 08.00 Uhr Eucharistiefeier GK 09.30 Uhr Feierliches Pontifikalamt KK 11.00 Uhr Pilgermesse GK 16.30 Uhr Pontifikalvesper KK 17.30 Uhr Eucharistiefeier GK Sa 6. Hochfest der Erscheinung des Herrn – Drei Könige 08.00 Uhr Eucharistiefeier GK 09.30 Uhr Feierliches Pontifikalamt KK 11.00 Uhr Pilgermesse GK 16.30 Uhr Pontifikalvesper KK 17.30 Uhr Eucharistiefeier GK JANUAR Das Reliquiar mit dem Schädel des heiligen Meinrad wird am 21. Januar in der Vesper (Beginn um 16.30 Uhr) vom Hauptaltar zur Gnadenkapelle getragen, wozu die Meinradslitanei gesungen wird. Im Anschluss an die Prozession wird mit der Hauptreliquie der Segen gespendet. Um 14.00 Uhr kann ebenfalls ein Segen mit einer Meinradsreliquie empfangen werden, nämlich im Rahmen der Pilgerandacht beim Meinradsaltar. Sa 13. Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 16.00 Uhr Andacht mit Eucharistischem Segen UK So 21. Hochfest des hl. Meinrad 08.00 Uhr Eucharistiefeier GK 09.30 Uhr Festliches Pontifikalamt KK 11.00 Uhr Pilgermesse GK 14.00 Uhr Kurze Andacht und Einzelsegen mit der Reliquie des hl. Meinrad beim Meinradsaltar KK 16.30 Uhr Pontifikalvesper KK a nschl. Prozession und Segen mit dem Haupt des hl. Meinrad 17.30 Uhr Eucharistiefeier GK

14 WALLFAHRT Seelsorge Beichtzeiten Sonn- und Feiertage: 08.30–09.15 /10.45–11.00 / 15.00–16.00 /17.00–18.00 Uhr Montag bis Samstag: 10.00–11.00 / 15.00–16.00 / 17.00–18.00 Uhr Das «Goldene Ohr» das.goldene.ohr@kloster-einsiedeln.ch Klosterkirche Ostern bis Allerheiligen: 6.00–21.00 Uhr Allerheiligen bis Ostern: 6.00–20.30 Uhr Segnung von Andachtsgegenständen Montag bis Samstag: 12.00 / 14.55 / 16.15 / 17.00 Uhr Sonn- und Feiertage: 10.45 / 12.00 / 14.55 / 16.15 / 17.00 Uhr Wallfahrtsinformationen Öffnungszeiten Kirchenpforte Montag bis Samstag: 09.00–11.00 / 13.30–16.15 / 17.00–18.00 Uhr Sonn- und Feiertage: 09.00–09.15 / 10.30–11.00 / 11.45–12.00 / 13.30–16.15 / 17.15–18.00 Uhr Wallfahrtsbüro Sie erreichen uns telefonisch von Montag bis Freitag 09.00–11.00 / 13.30–17.30 Uhr November bis Februar sowie während der Sommerferien: 09.00–11.00 Uhr Telefon: +41 (0)55 418 62 70 wallfahrt@kloster-einsiedeln.ch www.wallfahrt-einsiedeln.ch Klosterladen Sonn- und Feiertage: 10.45–16.30 Uhr Montag–Freitag: 10.00–12.00 Uhr / 13.30–17.30 Uhr Samstags: 10.00–16.30 Uhr Telefon: 055 418 64 71 www.klosterladen-einsiedeln.ch Gottesdienste in der Klosterkirche Werktage 06.15 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 07.15 Uhr Laudes 09.30 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 11.15 Uhr Konventmesse (Hauptaltar) 12.05 Uhr Mittagsgebet 16.30 Uhr Vesper/Salve Regina 17.30 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 18.05 Uhr Rosenkranzgebet 20.00 Uhr Komplet Sonn- und Feiertage 17.30 Uhr Vorabendmesse (Hauptaltar) 07.15 Uhr Laudes 08.00 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 09.30 Uhr Konventmesse (Hauptaltar) 11.00 Uhr Pilgermesse (Hauptaltar) 16.30 Uhr Vesper/Salve Regina 17.30 Uhr Eucharistiefeier (Hauptaltar/Gnadenkapelle) 18.15 Uhr Rosenkranzgebet 20.00 Uhr Komplet Bitte konsultieren Sie unsere Website: www.kloster-einsiedeln.ch

15 WALLFAHRT Der Wallfahrtspater lädt ein Der Adelheid-Betsonntag Im Kloster Einsiedeln existiert eine Fülle von besonderen liturgischen Feiern. Eine Einsiedler Spezialität ist der sogenannte «Adelheid-Betsonntag» im Advent. Er hält die Erinnerung an eine besondere Frau auf dem Kaiserthron des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wach und lädt zum Gebet ein. Für die Dezember/Januar-Ausgabe von «Salve» gäbe es eigentlich bedeutsamere Themen als der im Titel genannte «Adelheid-Betsonntag»: Mariä Empfängnis, Weihnachten und das Meinradsfest. Die Gottesdienste an diesen Feiertagen können Sie auf den Seiten 10–13 nachlesen. Hier soll die Gelegenheit genutzt werden, auf eine eher unbekannte Feier aufmerksam zu machen. Die Bedeutung der Frauen Ohne Frauen gäbe es kein Kloster Einsiedeln. Dieser Satz hat nicht nur im Blick auf die wertvolle Arbeit der rund neunzig heutzutage im Kloster tätigen weiblichen Mitarbeitenden seine Richtigkeit. Auch der Blick in die Geschichte des Klosters zeigt: Ohne die Unterstützung mächtiger Frauen hätte die im Jahr 934 gegründete Benediktinerabtei im «Finstern Wald» nicht existieren können. Zwei dieser Wohltäterinnen werden als Heilige verehrt: die heilige Kaiserin Adelheid und die selige Herzogin Reginlinde. Gedenktag am 16. Dezember Am 16. Dezember feiern wir im Kloster Einsiedeln den Gedenktag der heiligen Adelheid (931–999). Sie war die Enkelin der seligen Herzogin Reginlinde von Schwaben (†958), die unser Kloster bei seiner Gründung tatkräftig unterstützt hat. Die klösterliche Überlieferung weiss zu berichten, dass Adelheid als Gemahlin Kaiser Ottos des Grossen (912–973) wesentlichen Anteil daran hatte, dass dieser dem jungen Kloster bei der Meinradszelle im Jahr 947 die Reichsunmittelbarkeit und freie Abtswahl gewährte. Die kluge, fromme und reformfreudige Kaiserin gilt in Einsiedeln deshalb seit altersher als «Stifterin». Ihren liturgischen Gedenktag feiern wir besonders im Konventamt um 11.15 Uhr und in der Vesper um 16.30 Uhr. Adelheid-Sonntag am 17. Dezember Den auf den 16. Dezember folgenden Sonntag begehen wir als sogenannten «Adelheid-Betsonntag». Dann erfolgt im Rahmen einer feierlichen Vesper die Eucharistischer Aussetzung mit anschliessender Prozession zur Gnadenkapelle: ein Hauch von Fronleichnam mitten im Dezember… Das feierliche Abendlob am Sonntag, 17. Dezember 2023 um 16.30 Uhr ist Gelegenheit, Gott für die vielen Wohltäterinnen und Wohltäter in 1089 Jahren Einsiedler Klostergeschichte zu danken. Die besinnliche Gebetszeit lädt nochmals zu einer Verschnaufpause in den ansonsten so geschäftigen Tagen vor Weihnachten. Pater Philipp Steiner

16 KLOS TER E INS I EDELN «Aufsteigt der Strahl und fallend giesst Er voll der Marmorschale Rund, Die, sich verschleiernd, überfliesst In einer zweiten Schale Grund; Die zweite gibt, sie wird zu reich, Der dritten wallend ihre Flut, Und jede nimmt und gibt zugleich Und strömt und ruht.» Vor nicht allzu langer Zeit, liebe Schwestern und Brüder, sass ich mit ein paar Mitbrüdern in einer gemütlichen Runde, als plötzlich jemand zu diesem Gedicht Conrad Ferdinand Meyers anhob. Schon nach der ersten Zeile stimmte Pater Alois mit ein und pries in alten poetischen Worten die Schönheit eines römischen Brunnens, wie er sein plätschern- des Wasser von einer Schale in die nächste ergiessen lässt: «Und jede nimmt und gibt zugleich und strömt und ruht.» Dieser gemeinsam erlebte Moment hätte für Pater Alois typischer nicht sein können: Nicht nur, dass er diesen Text überhaupt kannte und dass er ihm offensichtlich zusagte und dass er ihn sogar auswendig rezitieren konnte, sondern auch, dass sich diese Szene in einer geselligen Runde abspielte, bei einem Glas Wein, weissem natürlich. Dass diese Erinnerung gleich auf mehreren Ebenen zum Verstorbenen passt, ist sprechend für ihn, war er doch ein vielschichtiger Mensch. So meinte etwa ein ehemaliger Mitschüler auf die Nachricht seines Todes: «Es mag mi gad zimli, dass dä Alois gstorbä isch. Ich hanä guet mögä uf sini Art, au wänni sini sensibli Siitä ersch chli spat entdeckt han anem.» Sechs Jahre lang war er unser Lateinlehrer, wobei es uns zumindest als dreizehnjährige Erstklässler so schien, als wüsste er schlichtweg alles. Dieser Eindruck führte gar so weit, dass wir davon ausgingen, dass er die Abenteuergeschichten des römischen Jungen Quintus, aus denen er uns – das Buch habe ich hier mitgebracht – ab und zu vorlas und ad hoc aus dem Lateinischen übersetzte. Wir hätten es ihm zugetraut. Später, bei Besprechungen zu meiner Maturaarbeit, die ich bei ihm über ein Werk des frühchristlichen Schriftstellers Tertullian schrieb, kam ich kaum aus dem Staunen über die imposante Bücherwand heraus, die in seinem Zimmer stand. Es dauerte nochmals eine Weile, bis ich verstand, dass er weit mehr war als der beeindruckende Gelehrte, den ich bislang in ihm gesehen hatte: treuer Freund, leidenschaftlicher Seelsorger und Beichtvater, begnadeter Prediger, der mit In memoriam Pater Alois Kurmann 1943–2023 Pater Alois Kurmann, 1943–2023.

17 KLOS TER E INS I EDELN seinen Worten die Leute in einer Alpkapelle genauso zu erreichen vermochte wie die Zuhörerschaft bei einer theologischen Abendveranstaltung. Ein hochgebildeter Theologe und Altphilologe, belesen in Belletristik gleichermassen wie in Fachliteratur, Wissenschaftler und Mönch, vormittags vor einem Artikel kritischer Bibelauslegung, abends kniend in Anbetung vor dem Tabernakel: Pater Alois verstand es, fides et ratio – Glaube und Denkvermögen, Kopf und Herz – auf edelste Art zu vereinen. So übersetzten wir in seinem Lateinunterricht nicht nur spitzzüngige Reden Ciceros, sondern auch Abschnitte aus der Heiligen Schrift und aus der Benediktsregel. Und er war es auch, der mich auf meine Bitte hin noch als Schüler das lateinische «Ave Maria» lehrte. Erst kürzlich ging unser Gespräch über den römischen Philosophen Seneca. Diesen hatte – wie viele Schriftsteller, ja wie die Menschen insgesamt zu allen Zeiten – die Tatsache umgetrieben, dass unser Leben nicht nur vergänglich, sondern auch kurz ist. Wie reagiert der Mensch darauf? Wir könnten verzweifeln ob der scheinbaren Sinnlosigkeit des Lebens, unseres Seins und Tuns, das doch so schnell dem Vergessen anheimzufallen scheint. Wir könnten aber auch quasi als Flucht nach vorn versuchen, aus der kurzen Zeitspanne menschlichen Lebens möglichst viel herauszupressen, indem wir uns ganz dem Genuss hingeben, stets bestrebt, ja keinen flüchtigen Moment der Freude zu verpassen: «Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot!» (1Kor 15,32) Und ein dritter Weg? Es ist der Versuch, auf etwas zu bauen, das bleibt – und dadurch selbst Anteil an dessen Ewigkeit zu erhalten. Wie dies zu erreichen ist, trieb auch den reichen jungen Mann um, von dem wir im Evangelium gehört haben: «Was muss ich Gutes tun, um das ewige Leben zu gewinnen?» Die Gebote, die Christus ihm – ja uns – aufzählt, verstand Pater Alois richtig nicht als Einschränkung, als Einengung, sondern als Wegweiser hin zu einem Leben in Fülle, das allein aus der Beziehung zumGeber alles Guten strömt, als Wegweiser zu innerer Freiheit und zu Gelassenheit, nicht zuletzt anderen gegenüber. Dabei sind niemals die Gebote an sich das letzte Ziel. Vielmehr sollten sie immer etwas Höherem, dem Leben dienen. Mir scheint, dass alles, was Pater Alois tat, dem Leben dienen sollte, demWohl der Menschen. Der Pfad zu Gott geht nie am Menschen vorbei. Indem Pater Alois diesen von Christus beschriebenen Weg beschritt, in aller Freiheit irdischen Gütern gegenüber und im Bewusstsein, hier keine Bleibe zu haben, sondern sich auf das kommende Ewige auszurichten – genau dadurch liess er doch auch hier etwas Bleibendes zurück, bei uns. Denn ich habe mich, liebe Schwestern und Brüder, in den letzten Tagen oft gefragt, auch an seinem Sarg, wie es ihm nur gelang, die Brücke zu so unterschiedlichen Menschen zu schlagen. Wie kommt es etwa, dass so viele ganz unterschiedliche Menschen betroffen davon sind, dass er nicht mehr unter uns ist? Vielleicht dadurch, dass er immer sich selbst blieb und nie einen Hehl aus seinen Überzeugungen machte, mit wem er auch gerade sprach. Und dachte dieses Gegenüber auch noch so anders als er, konnte er ihm doch Wertschätzung, ja gar Bewunderung entgegenbringen und dies auch zum Ausdruck bringen – konnte er sich herzlich mit ihm freuen, aber genauso auch von Herzen mit ihm leiden. Mit seinem gesunden Selbstbewusstsein sah er sich auch nie veranlasst, bei anderen nach Anerkennung zu heischen oder eifersüchtig so sein zu wollen wie andere. Unterschiedliches hat er dabei nie übersehen, noch wegzureden versucht. Er konnte es vielmehr pointiert benennen. Aber gerade weil er den anderen anders sein liess, konnte er eine Brücke zu ihm schlagen. Das Leben besteht aus unterschiedlichen Polen, das erfahren wir alle, aus Polen, die es miteinander zu verbinden gilt, die miteinander in Einklang zu bringen sind, ohne sie zu vermischen, weil wir die Spannung

18 KLOS TER E INS I EDELN Lebenslauf Pater Alois Kurmann verstarb am 29. September in der Folge eines operativen Eingriffs amHerzen, von demer sichwieder etwas mehr «Lebensenergie» erhoffte, die durch eine «Müdigkeit», die Pater Alois in den letzten beiden Jahren immer wieder beklagte, doch sehr gehemmt war. Ja, er freute sich geradezu darauf, wieder kleine Wanderungen unternehmen zu können. Wie wir inzwischen wissen, kam es anders: Statt des Anrufs, Pater Alois wieder von der Klinik abholen zu können, ereilte uns ganz unerwartet die Todesnachricht. Diese ging vielen Menschen sehr nahe, wie die grosse Anteilnahme anlässlich seiner Beerdigung zeigte. «Es war in der Nacht vor einer lebensentscheidenden Operation. Ich lag, an Schläuche angeschlossen, in schweissfeuchten Kissen und starrte gebannt ins Dunkel. Dort, durch die breite Tür, würden sie mich morgen hinausrollen und imWarenlift in die Tiefe fahren, in den OP-Saal. Last exit? Eine Reise ohne Wiederkehr? Meine Finger waren ins Laken gekrallt, das Herz klopfte bis zum Hals […].» Diese Worte stammen nicht von Pater Alois. Aber Pater Alois hat sie gelesen, genau einen Tag vor seiner eigenen Operation. Sie standen in der «Neuen Zürcher Zeitung» auf der letzten Seite, geschrieben vom bekannten Schweizer Schriftsteller Thomas Hürlimann. Seine eigene Gefühlslage dürften diese Worte, soweit sie eben zitiert wurden, kaum ausdrücken. Andererseits können und wollen wir eine vielleicht leise Vorahnung, dass seine eigene Operation «eine Reise ohne Wiederkehr» sein könnte, auch nicht ganz ausschliessen. Wir werden auf die Worte von Thomas Hürlimann noch zurückkommen. Zunächst aber öffnete sich für Alois nicht die Tür in einen Operationssaal, sondern die Tür ins Leben. Das war am 17. November 1943. An diesem Tag wurde dem Ehepaar Alois und Anna Kurmann-Schmid ein Knabe geschenkt, den sie auf den Namen Anton Alois taufen liessen. Drei Jahre später kam noch ein Bruder dazu, mit dem zusammen Alois in der Rohrmatt bei Willisau aufwuchs. Schon sehr früh begann sich in seinem Leben eine weitere Tür zu öffnen, durch die er später hindurchgehen sollte. Hören wir, was Pater Alois selbst rückblickend dazu berichtet: «Als ich noch nicht in die Schule ging, fragte mich der Pfarrhelfer unserer Pfarrei: ‹Was möchtest Du einst werden?› Ich sagte. ‹Das, was Du bist!› [… ] Als ich in der fünften Klasse der Primarschule war, sagte mir [derselbe Pfarrhelfer] bei einem Schulbesuch: ‹Du musst in die Mittelschule›.» Der damalige Pfarrhelfer vonWillisau erkannte offenbar ein gewisses Talent des jungen Schülers und wies ihm so eine Tür, die Alois von sich aus nicht aushalten könnten. Conrad Ferdinand Meyer hat es in seinem eingangs zitierten Gedicht mit dem Ineinander von Geben und Nehmen der einzelnen Wasserschalen des römischen Brunnens bildhaft zum Ausdruck gebracht. Nicht selten sind diese Pole in uns selbst. An Pater Alois haben wir gesehen, wie diese Lebensaufgabe gelingen kann, die Brücke zu schlagen zwischen scheinbar Gegensätzlichem, etwa zwischen Offenheit für Neues, die Bereitschaft, sich zu verändern und die Treue zu sich selbst, auch zwischen Strenge und Liebe. Auch wir, wir alle, stehen vor dieser Aufgabe – auch davor, auf Erden zu leben und sich doch auszustrecken nach demUnendlichen, auch zu trauern über den Verlust eines geliebten Menschen und sich darüber zu freuen, dass er sein ersehntes Ziel erlangt hat: das ewige Leben. Pater Thomas Fässler

19 KLOS TER E INS I EDELN wohl kaum gefunden hätte. Alois trat ein. An der Mittelschule, dem Progymnasium, eröffnete sich Alois vor allem die Welt der Alten Sprachen und der Deutschen Literatur. Alles andere interessierte ihn nicht. «Ich lief Gefahr, so richtig intellektuell-unpraktisch zu werden. Ich habe es damals keineswegs eingesehen, aber jetzt ist es mir klar und die Menschen, die mich damals näher kannten, bestätigen es mir.» So schätzte der Frater Novize Alois seine Situation als junger Mönch im Kloster ein. Auf die Mittelschule folgte das Gymnasium an der Stiftsschule Einsiedeln. Hier trat Alois 1960 in die fünfte Klasse ein. Er war nach eigenenWorten ein schüchterner und verschlossener Jugendlicher, ein Einzelgänger. Seine Welt waren die Bücher. Das Gemeinschaftsleben im Internat bereitete ihm grosse Mühe. Er hatte Heimweh und dachte oft daran, davonzulaufen. Durch die Erfahrung echter Freundschaften ab der sechsten Klasse vollzog sich jedoch allmählich ein Wandel, der in der siebten Klasse Früchte zeitigte: «Ich suchte jetzt plötzlich Menschen, mit denen ich reden konnte. Ich habe nicht Gesellschaft gewollt, nicht die Masse, sondern den einzelnen Menschen. Und ich habe viele gefunden, die mir zusagten, und denen ich vielleicht auch etwas bieten konnte». Aber auch der grossen Schar jener Menschen gegenüber, die nicht zu seinen näheren Freunden zählten, änderte Alois von nun an seine Gesinnung. «Ich habe mich bemüht, sie zu lieben; weil ich es mit dem Gefühl keineswegs konnte, habe ich es in der Tat versucht; ich habe ihnen geholfen wie ich konnte […]. Ich habe mich bemüht, es nicht um des Ruhmes willen zu tun, sondern wie Christus uns befiehlt.» Offensichtlich braucht man einen Menschen nicht gern zu haben, um ihn zu lieben! Vielleicht war es diese zutiefst christliche Haltung, die ihn an eine weitere Tür führte, durch die er hindurchgehen sollte: Die Tür ins Kloster. Durch diese ging er am 29. August 1964, zur Freude seiner Mutter, zum Entsetzen aber seines Vaters: «Du verlierst deine Freiheit!», meinte dieser. Alois aber setzte sich durch mit der klaren Vision, zur Ehre Gottes durch Wissenschaft und Leben den Menschen zu helfen. Er war überzeugt, dies als Mönch am ehesten tun zu können. Den Raum hinter der Tür ins Kloster empfand Alois zunächst als eng: «Das Jahr des Noviziates war eine Qual, voll Kleinlichkeit, Leerlauf, intellektueller Kleinkrämerei», schrieb er rückblickend. Aber er hielt durch und legte am 8. September 1965 die monastischen Gelübde der Beständigkeit, des klösterlichen Lebenswandels und des Gehorsams für die Dauer von drei Jahren ab, um sie nach diesen drei Jahren für sein ganzes restliches Leben zu versprechen. Sein Taufname wurde auch Professname. Am 19. Juli 1969 weihte ihn der frühere Einsiedler Abt und nunmehrige Kardinal Benno Gut zum Priester. Der Raum hinter der Tür ins Kloster mag für Pater Alois eng gewesen sein. Aber er war nicht ohne weitere Türen. Eine solche öffnete sich bereits zwei Jahre nach seinem Klostereintritt: Mit dem Ziel, später an der klostereigenen Theologischen Schule zu unterrichten, sollte er in Rom Bibelwissenschaft studieren. Pater Alois erzählte selten ohne Rührung von dieser erhebenden Studienzeit kurz nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Doch diese Tür wurde nach Abschluss des Lizentiates abrupt wieder geschlossen: Da die Zukunft der Theologischen Schule unsicher war, wollte man lieber in die Stiftsschule investieren. Pater Alois sollte in Fribourg Romanistik und Anglistik studieren. Doch er spürte, dass er das weder wollte noch konnte und zeigte dies seinem Abt auch an. So brach er das Studium nach nur einem Semester bereits wieder ab und kam zurück nach Einsiedeln.

20 KLOS TER E INS I EDELN Hier unterrichtete er für vier Jahre probehalber an der Stiftsschule Latein, Griechisch, Französisch, Italienisch und Religion in den unteren Klassen. Die Tür zur Stiftsschule begann sich aufzutun, und er konnte sich vorstellen, durch sie einzutreten und Gymnasiallehrer zu werden. In der Folge schrieb sich Pater Alois 1977 als Student der Klassischen Philologie an der Universität Zürich ein. Nach dem Lizentiat und einer Assistenzstelle promovierte Pater Alois schliesslich am 14. Februar 1986 mit einer Dissertation über Gregor von Nazianz – mit inzwischen fast 43 Jahren! Über den Altphilologenverband unterhielt Pater Alois auch über die Studienzeit hinaus viele Kontakte mit anderen Kennern der Alten Sprachen. 1987 wurde er in den Vorstand gewählt, für zwei Jahre (1994 bis 1996) hatte er gar den Vorsitz. Spätestens jetzt wurde Pater Alois nun selbst für viele Menschen zu einem Türöffner ins Leben. Dies zunächst für die jungen Leute an unserer Schule, wo Pater Alois während 25 Jahren Latein und Griechisch unterrichtete. Rund zehn Jahre lang war er auch Präfekt des Internates, und 1989 wurde er der erste Prorektor unserer Schule. Mit vielen seiner Schülerinnen und Schüler blieb Pater Alois auch über deren Schulzeit hinaus verbunden. Bis zu seinem Tod war er noch zuständig für das Personalverzeichnis: Er erkundigte sich nach dem Werdegang ehemaliger Stiftsschüler, notierte Hochzeiten, Geburten und natürlich auch, wenn sich für jemanden die Tür des irdischen Lebens schloss. Eine gute Verbindung des Gymnasiums zur Universität war ihm wichtig. So war er Mitglied einer entsprechenden Kommission, die er ab dem Jahr 2000 ebenfalls eine Zeit lang präsidierte. Ein Türöffner wurde Pater Alois auch für Frauen und Männer, die sich theologisch aus- und weiterbilden liessen. Seit 1980 leitete er periodisch Teile des Glaubenskurses der deutschsprachigen, interdiözesanen Organisation «Theologiekurse». Den Absolventen versuchte Pater Alois insbesondere die Schriften des Neuen Testaments zu erschliessen. Das Studium in Rom blieb also nicht ohne Nutzen. Das Neue Testament: Es ist Wort Gottes – auch und gerade für Pater Alois. Gottes Wort anderen Menschen zu erschliessen, geschah bei ihm nicht nur durch blosses Unterrichten, sondern auch – und nicht zuletzt! – durch die Seelsorge. An den Sonntagen nahm Pater Alois praktisch immer Gottesdienstvertretungen wahr: In Pfarreien, in Klöstern, auf Alpen. Auch in seiner Willisauer Heimat und in Fühli im Entlebuch, der Heimat seiner Mutter, war er oft anzutreffen. Auch im Kloster hatte für Pater Alois der seelsorgerliche Dienst am Menschen hohe Priorität: In der Beichte, in Gesprächen, für die Pater Alois nachMöglichkeit immer zur Stelle war, wenn jemand darumbat. Er schien seinen Vorsatz aus den ersten Klosterjahren nicht vergessen zu haben: «Jeder, der von mir etwas will, soll sicher sein, dass ich ihm nach Möglichkeit helfe.» Hier haben wir es wieder: Liebe durch die Tat. Dafür gibt es im Lateinischen einen Begriff (und niemand wusste das besser als Pater Alois); ein Begriff, der auch demheiligen Benedikt in diesem Zusammenhang bestens bekannt war: «Caritas». Was Pater Alois praktisch zu leben versuchte, durfte er auch in die Organisation der Caritas Schweiz während zweier Amtsperioden in Vertretung des Klosters als Vorstandsmitglied einbringen. Am Freitag, dem 29. September, öffnete sich Pater Alois eine letzte Tür: Die Tür in den Operationsraum. Ja, es war «last exit», eine Reise ohneWiederkehr. Wir erinnern uns an die zu Beginn zitierten Worte von Thomas Hürlimann, die Pater Alois einen Tag vor seinem Tod gelesen hatte: «Meine Finger waren ins Laken gekrallt, das Herz klopfte bis zum Hals – und sonderbar, auf einmal wurde ich ruhig. Wie es geschah, weiss ich nicht, ich kann nur sagen, dass es

21 KLOS TER E INS I EDELN geschah. Es. Es geschah. Es vollzog sich. Das Krankenzimmer war auf einmal der Saal eines Museums, und das einzige Bild stellte in vollendeter Schönheit eine Tür dar. Es war die Tür, die ich eben noch angestarrt hatte, allerdings schloss sie mich nicht mehr in die Enge meiner Angst ein, sondern eröffnete mir einen unbekannten Raum. Es überkam mich ein Glück [… und] ich wusste: Du hast gewonnen, so oder so. Entweder wirst du nach der OP […] zurückkehren, oder hinter der Tür der Türen empfängt dich das Zeitlose.» «Das Zeitlose»: Für Pater Alois hatte es ein Gesicht. Jesus Christus, Gottes Wort. Er ist die Tür zum Ewigen Leben. Dieses dürfen wir für Pater Alois erhoffen. Mögen wir es dabei auch selbst aus tiefstem Herzen ersehnen! Pater Daniel Emmenegger Die diesjährige Junioratswoche fand vom 28. August bis 1. September im Benediktinerinnen-Kloster Sankt Johannes in Müstair statt. Frau Prof. Dr. Marianne Schlosser (Wien) referierte über das Thema «Maria». Es ging zuerst um die ersten Mariendarstellungen und Gebete, sowie die ältesten Formen der Marienfrömmigkeit. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der Deutung Mariens als Urbild der Kirche (z. B. bei Origenes, die Mater Ecclesiae in Anlehnung an die Geburt Christi aus Maria). Zur Sprache kamen überdies Berichte aus dem Jakobusevangeliumund dem Pseudo-Matthäusevangelium, sowie Glaubensüberlieferungen der Ostkirchen. Auch wurde Maria als historische Person in der Tradition der Kirche behandelt. Anschliessend ging es um die vier Mariendogmen: Gottesmutterschaft, Immerwährende Jungfräulichkeit, Unbefleckte Empfängnis, leibliche Aufnahme in den Himmel. Am Mittwochvormittag stand das Thema des Heimgangs Mariens im Mittelpunkt. Dabei entfaltete sich ein reger Austausch über das Thema des Sterbens und über die Junioratswoche 2023 im Kloster Son Jon Müstair Alles über Maria Frage, wie sich die Erbsünde auf das menschliche Lebensende auswirkt und weshalb das Sterben als bedauerlich oder bedrohlich erfahren wird. Weiter ging es um Marienerscheinungen und das letzte Geheimnis von Fatima. Am Donnerstag begaben wir uns bei prächtigem Wetter auf eine Wanderung vom Ofenpass nach Lü. Einige von uns gingen zu Fuss nachMüstair weiter, die Übrigen fuhren mit dem Bus ins Kloster zurück, um an einer Führung durch die Kirche und das Museum teilzunehmen. Es war beeindruckend, über Geschichte und Inhalte der beiden Fresko-Schichten – karolingische und romanische – Details zu erfahren. Am Freitag durften wir noch die Kreuzkapelle besichtigen. Zuletzt gab es einen gemeinsamen Rückblick auf die verbrachten Tage und eine Betrachtung von Marianne Schlosser zu einem Mariengebet von Edith Stein. Das nächste Junioratstreffen wird im Kloster Marienberg in Südtirol stattfinden zum Thema: Reformen im Benediktinerorden. Marco Reggiani, Marienberg

22 KLOS TER E INS I EDELN Der Drusberg-Car, von Alois Abegg, dem leiblichen Bruder unseres klösterlichen Tenorsängers Bruder Anton, mit ausstrahlender Sicherheit und Freude chauffiert, brachte den Stiftschor ins Obwaldner Land. Vor der Pfarr- und Wallfahrtskirche Sachseln begrüsste uns Pastoralassistent Christoph Jakober und lud uns im neuen Pfarreiheim zu Kaffee und Gipfeli ein. Da der Gottesdienst erst um zehn Uhr begann, hatten wir schon am Vormittag reichlich Zeit, in Gesprächen einander besser kennen zu lernen und in lockerer Form einander zu begegnen. Wie in einem geistlichen Theater Als Einsiedler Stiftschor, der regelmässig in einer der schönsten Barockkirchen der Schweiz zur Ehre Gottes und zur Freude der Gläubigen singen darf, ist es für uns spannend und lehrreich, jährlich mindestens einmal in einer anderen Kirche zu singen. Die in den Jahren 1672 bis 1684 erbaute Pfarr- und Wallfahrtskirche Sachseln, ein Baudenkmal von nationaler Bedeutung, wurde bemerkenswerterweise genau in jenen Jahren erbaut, als man in Einsiedeln an den Bau der barocken Klosteranlage ging, der sich bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts hinzog. Auf der linksseitigen Balustrade im Querschiff, fast wie in einem geistlichen Theater, unsichtbar für die Gottesdienstgemeinde, stellte sich der Stiftschor für seinen Einsatz auf. Am Altar stand Jürg Stuker, der erst seit wenigen Tagen Pfarrer von Sachseln ist und am 10. September festlich installiert wurde. Für ihn war es also der erste Gottesdienst am neuen Ort. Dass dieser erste Einsatz durch drei festliche Motetten des Einsiedler Stiftschores bereichert wurde, freute ihn ganz besonders. Wir sangen das «Locus iste» von Anton Bruckner (am Vortag seines Geburtstages), den achtstimmigen Vesperhymnus «Ave, maris stella» von Eduard Grieg und das «Salve Regina» von Josef Gabriel Rheinberger. Nach dem eindrücklichen Gottesdienst an diesem besonderen Ort fuhren wir etwas verspätet nach Brienz, weil die Strasse zum Brünig wegen des zehnten Switzerland Marathon mit 2750 Läuferinnen und Läufern zeitweise gesperrt war. Geigenbauschule Mit nur kleiner Verspätung erreichten wir unser Ziel, das grosse und empfehlenswerte Restaurant Steinbock mitten in Brienz. Wir genossen das gute Mittagessen und schwelgten in Erinnerungen. Am Nachmittag bestand die einmalige Gelegenheit zum Besuch der Schweizer Geigenbauschule, die ebenfalls in Brienz beheimatet ist. Der Grossteil unserer Reisegruppe liess sich vom Am ersten Septembersonntag fand der Ausflug des Stiftschors statt. Leider konnten wegen verschiedenen Terminkollisionen nicht alle mitkommen. Die knapp vierzigköpfige Reisegruppe versammelte sich in aller Herrgottsfrühe beim Einsiedler Güterbahnhof, um eine von der Stiftschor-Sopranistin Madeleine Niggli professionell vorbereitete Chorreise zu erleben. Der Stiftschor auf Reisen Zu Bruder Klaus und ins Berner Oberland

RkJQdWJsaXNoZXIy MTIyOTY=