Salve August/September 2023

Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr 4 · 2 0 2 3 S A LV E

2 S A L V E Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr Jahresthema Die Benediktsregel als synodaler Wegweiser 4 Wallfahrt Liturgischer Kalender 10 Gottesdienste in Einsiedeln 12 Wallfahrtsinformationen 14 Gebetstag für eine synodale Kirche 15 Haben Sie gewusst… 16 Literarische Klosterführungen 18 Kloster Einsiedeln Psalm 28 – «Verschaff mir Recht, Herr…» 20 Vereinigung der Freunde – Als Zwingli der Kragen platzte 22 «Komm und sieh!» – das Katechumenat des Klosters 24 Oblatenausflug – Zu Gast in Sursee 26 Konventglöckli 28 Stiftsschule Schulagenda 30 Et voilà 31 Projektwoche – Auf Suworows Spuren 32 Stiftung Pro Stiftsschule – Gemeinsam den Weg gehen 34 Alumni in eigener Sache 36 Internat – So viele Interne wie noch nie 38 Schulseelsorge – Auf dem MeinRADweg 40 Maturatreffen 1998 – Es gab so viel zu erzählen 42 Die Stiftsschule hat einen Schulrat bekommen 43 Personalnachrichten 45 St.Gerold Bene-volentia – Weil es gut tut 46 Kultur- und Seminarprogramm 48 Kloster Fahr Grusswort 55 Posamente – Der blaue Auftrag aus Mariazell 56 Die Klostergärten – Benediktinische Bodenhaftung 58 Nachrichten der Ehemaligen 61 Veranstaltungskalender 62 Meditation – Du wirst sehen, der Tag kommt 64 Kaleidoskop Der Schriftsteller Friedrich Donauer und das Kloster Einsiedeln 66 Neue Bücher 72 Impressum 79 15. Jahrgang · Ausgabe 4, August/September 2023 Erscheint sechsmal jährlich www.zeitschrift-salve.ch www.gebetsgemeinschaft.ch www.kloster-einsiedeln.ch www.kloster-fahr.ch www.propstei-stgerold.at www.siljawalter.ch www.zeitschrift-salve.ch www.gotteswort.ch www.GOTTsuchen.ch Der gemeinsame Weg – Mönchsgemeinschaft des Klosters Einsiedeln, die auswärts lebenden Mönche fehlen auf dem Bild (Foto: Franz Kälin jun.).

LE I TGEDANKE 3 Liebe Leserin, lieber Leser In unserem vierten Beitrag zum Jahresthema «synodaler Weg» stellt Pater Christoph Müller die Mönchsregel des heiligen Benedikt in den Mittelpunkt (S. 4ff) und legt dar, dass das gemeinsame Unterwegssein schon dem Namen nach auf die Urgemeinde der Jesus-Jünger in Jerusalem zurückgeht – «hodos», der Weg wurde die Urkirche genannt. Man hatte damals alles gemeinsam, auch die Sorgen, die Sorge um den rechten Weg etwa. Für manche führte dieser Weg in die Wüste, in die Einsamkeit, um nicht abgelenkt zu werden von der Sehnsucht nach einem Leben der Gottsuche. Doch auch für die damaligen «Monachos» zeigte sich, dass die praktischen Dinge des Lebens besser zu handhaben waren in Gemeinschaft als in der Höhle des Einzelgängers. Die Klosterregel des heiligen Benedikt ist geprägt von der Überzeugung, dass nur der gemeinsame Weg des Einzelnen und der Gemeinschaft ein gutes Zusammenleben verspricht. Aufeinander hören, Rücksichtnahme und Achtsamkeit sind die klösterlicchen Tugenden. Daran mag es liegen, dass auch in unseren Tagen gelegentlich gesagt wird, die Benediktsregel sei selbst ausserhalb von Klostermauern durchaus geeignet, brauchbare Antworten auf wichtige Fragen zu finden. Sollten wir also dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron das Studium der Regel des heiligen Benedikt empfehlen, um brauchbare Antworten auf die gewalttägigen Unruhen in seinen Vorstädten zu finden? Schaden würde es ganz bestimmt nicht. Doch spätestens beim Kern klösterlichen Lebens müsste ein heutiger Politiker kleinbei geben: Die Maximen Gottsuche und der Liebe Christi nichts vorzuziehen, passen nicht in die heutige Welt der egoistischen Gewinnmaximierung um jeden Preis – in Paris nicht und auch nicht sonstwo in der weltlichen Welt. Erich Liebi

4 J AHRE S THEMA Jahresthema «synodale Kirche» Die Benediktsregel als synodaler Wegweiser Seit drei Jahren wird über den synodalen Weg debattiert. Für die Kirche ist das nichts Neues. Synodaler Weg hat sie seit ihren Anfängen begleitet. Pater Christoph Müller OSB, seit Jahren Pfarrer im Grossen Walsertal, hat 2022 die «Weisungen des heiligen Benedikt in einfacher und gerechter Sprache herausgegeben (Salve 2/23). Für diese Ausgabe hat er sie erneut gelesen und die «Sehnsucht nach einem urkirchlichen Leben» als Beweggrund für die Entstehung klösterlicher Gemeinschaften mit ihren Regeln an den Anfang seiner Überlegungen zum synodalen Weg der Kirche gestellt. Urkirche Als die Urkirche noch klein und übersichtlich war, gehörte der synodale Weg – im Sinne eines Miteinander-Unterwegs-Seins – sogar zur DNA der Kirche. Sie wurde ja kurz und bündig «Weg» genannt, griechisch «hodos» (Apg 9,2). Mit «syn» im Vorspann ergibt sich dann «Syn-hode» oder «Synode», also «Zusammenweg», d.h. gemeinsam unterwegs sein. Wie dies in der Urkirche konkret gelebt wurde, darüber gibt uns der Evangelist Lukas in seiner Apostelgeschichte Einblick. Er beschreibt dort, wie jene, die zum Glauben gekommen waren, alles gemeinsam hatten, wie sie Hab und Gut verkauften und jedem nach Bedarf zuteilten, wie sie Tag für Tag im Tempel weilten, wie sie in ihren Häusern das Brot brachen und miteinander Mahl hielten. Bald schon wuchs die keine Gemeinschaft so stark an, dass diese ursprüngliche Lebensform so nicht mehr realisiert werden konnte. Die Sehnsucht nach ihr blieb aber stets lebendig. Auch wenn die Apostelgeschichte davon spricht, dass die Gläubigen zu Beginn «ein Herz und eine Seele» waren, so verschweigt sie doch nicht, dass schon bald Probleme auftraten. Begonnen hatte ja alles im ländlichen, jüdisch geprägten Galiläa. Sie Der hl. Benedikt als Holzplastik in Prag um 1300 (Foto: Wikimedia). hätten sich dort wie eine Sekte abkapseln können. Doch die Botschaft drängte hinaus und gelangte allmählich bis in die damaligen Grossstädte. Fragen über Fragen stellten sich da: was soll man vom jüdischen Ur-

5 J AHRE S THEMA sprung bewahren? Was über Bord werfen? Sich auf die Seite des Paulus stellen, der kräftig Gas gab, oder es eher mit Petrus halten, der auf die Bremse trat – oder am Ende gar mit Jakobus, der sich jeder Neuerung verschloss? Jesus selbst hatte für die zukünftige Gestalt seiner kleinenGemeinschaft überhaupt nicht vorgesorgt. So blieb ihr nichts anderes übrig, als sich, um eine drohende Spaltung zu vermeiden, zusammenzuraufen und Synoden einzuberufen, um in harten Gesprächen den künftigen Kurs zu bestimmen – unter der Führung des von Jesus versprochenen Heiligen Geistes. So trafen sich die Verantwortlichen schon im Jahre 48 zur ersten Synode, dem sogenannten «Apostelkonzil». Dort kam es schliesslich zu einer hart erkämpften Einigung, die nur über Kompromisse möglich war. Es sollte in der Geschichte der Kirche seit dem Apostelkonzil noch eine lange Reihe von Synoden und Konzilien folgen, nämlich deren 288 (wenn ich richtig zusammengezählt habe). Allein im 4. Jahrhundert waren es 39 (u.a. in Italien, Deutschland, Spanien, Griechenland, Afrika, Frankreich, Kleinasien). Es ging immer neu darum, die Botschaft Jesu den veränderten Orts- und Zeitverhältnissen anzupassen und das Glaubensgut zu bewahren. Benedikt Die Sehnsucht nach einem urkirchlichen Leben, wie ihn die Apostelgeschichte beschreibt, führte schon früh zur Gründung von klösterlichen Gemeinschaften, die den synodalen Weg der Urkirche umzusetzen versuchten. So zum Beispiel der heilige Augustinus (354–430) bei der Abfassung seiner Regel, die er so beginnen lässt: «Euch, die ihr eine Klostergemeinschaft bildet, tragen wir auf, Folgendes in eurem Leben zu verwirklichen. Zu allererst sollt ihr einmütig zusammenwohnen, wie ein Herz und eine Seele auf dem Weg zu Gott. Denn war das nicht der entscheidende Grund, weshalb ihr euch zum gemeinsamen Leben entschlossen habt?» Hundert Jahre später folgte ihm dann der heilige Benedikt (480–547) mit seiner Regel. Die Christenverfolgungen waren abgeklungen und mit ihnen auch die Möglichkeit Handschrift der Benediktsregel, angefertigt von Mönchen des Klosters Reichenau zu einer Zeit, als der hl. Meinrad noch Mönch auf der Bodenseeinsel war (Stiftsbibliothek St.Gallen, Cod. 914).

6 J AHRE S THEMA des Martyriums als höchster Form der Selbsthingabe, denn, nach den Worten Jesu hat «niemand eine grössere Liebe als wer sein Leben hingibt für seine Freunde». Für das frühe Mönchtum rückte nun an die Stelle des Martyriums der Gehorsam, gemäss dem alten Christushymnus: «Christus Jesus war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz» (Phil 2,8). So wurde der strikte Gehorsam Ausdruck der höchsten Christusnachfolge. Als Beispiel diene ein Wort aus der sogenannten Magisterregel, die im frühen 6. Jahrhundert im Jura entstand und die dem Mönchsvater Benedikt als Grundlage für seine Regel diente: «Die erste Stufe der Demut ist ein Gehorsam ohne Zögern, sobald der Obere etwas befiehlt.» Der einzelne hat kein Mitspracherecht. In der Magisterregel fällt sogar die freie Abtswahl weg, da der Amtsinhaber einen Kronprinzen aufbauen kann, der dann automatisch Nachfolger wird. Gegenüber den sehr strengen Regeln des Ostens galt die Magisterregel dennoch als moderat und im Westen eher umsetzbar. Aus Ehrfurcht vor der Tradition folgt ihr Benedikt in weiten Stücken. Jedoch nicht in allem. Er kürzt oder streicht Kapitel, um an ihre Stelle eigene Ideen einzubringen. Diese betreffen vor allem den synodalen Weg der Gemeinschaft. Wie Gregor (der Biograph Benedikts) berichtet, hatte das Eremitenleben Benedikt zu einem rigiden Asketen gemacht. Als er von einer Gemeinschaft gebeten wurde, ihrem Kloster vorzustehen, ging es nicht gut aus. Benedikt selbst entging nur knapp einem Mordanschlag. Wieder allein in seiner Höhle, schwebte ihm ein Klosterverband von zwölf kleinen Klöstern vor, wohl in Anlehnung an die Zahl der zwölf Stämme Israels und später der zwölf Apostel. Ein (zu) idealer Plan, der vorsah, dass er selbst Abt über alle zwölf kleinen Gemeinschaften sein sollte. Doch auch dieser Versuch scheiterte an der Realität. Discretio Erst viel später, nach Rückschlägen und langer Suche, schrieb Benedikt auf dem Monte Cassino die uns vorliegende Regel, aus der Gregor vor allem einen Punkt lobend hervorhebt: die «Discretio». Gemeint ist damit die Gabe der Unterscheidung, das richtige Augenmass, das Einfühlungsvermögen, das Gespür für das, was das einzelne Individuum und was die Gemeinschaft als Ganzes braucht. Bei der Wahl eines neuen Abtes ist für Benedikt diese Discretio sogar das wichtigste Kriterium, noch vor dem Alter des Kandidaten, seiner Abstammung oder seiner Lebenserfahrung. Es hat lange gedauert, bis Benedikt vom autoritären Führungsstil zum synodalen Weg fand. Er war allerdings nicht der einzige in der Kirchengeschichte, der diesen Prozess durchlaufen musste. Es ist interessant, dass sich in der Biografie von Papst Franziskus, der den synodalen Weg für die heutige Kirche anstiess, Ähnliches findet. Der synodaleWeg lag dem Jesuitenoberen Bergoglio nicht im Blut. Auch ihn jagten die Mitbrüder in die Wüste, nach Cordoba, nach seinen eigenen Worten «ein Ort der Demut und der Demütigung». Selbstkritisch sagte er vor zehn Jahren in einem Interview: «Es war meine autoritäre Art, Entscheidungen zu treffen, die Probleme verursachte.» Autorität Auch wenn Jesus keinerlei detaillierte Vorgaben über die Ausrichtung und Struktur Drastische Darstellung frühchristlichen Martyriums im Bildband «Menologion» Basilius II (976–1025).

7 J AHRE S THEMA seiner Kirche für die Zeit nach ihm hinterlassen hatte, so war für ihn ein Punkt ganz zentral: «Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Grossen ihre Macht gegen sie gebrauchen. Bei euch soll es nicht so sein, sondern wer bei euch gross sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der erste sein will, soll euer Sklave sein.» (Math 20,25 ff.) Jesus sieht durchaus eine Leitungsfunktion für seine Gemeinschaft vor, so wie er selbst für die Zwölf der Herr undMeister war – und das auch bekräftigte: «Ihr sagt zu mir Meister und Herr. Und ihr nennt mich mit Recht so, denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füsse gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füsse waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.» (Jo 13,12 ff) Benedikt wünscht sich als Abt eine Autoritätsperson, aber im ursprünglichen Sinn des Wortes Autorität. Denn «augere», von dem das Wort abgeleitet ist, bedeutet «im Wachstum fördern, verstärken, vermehren, gedeihen lassen, bereichern» (Lexikon), also genau das Gegenteil dessen, was ein Alleinherrscher bei seinen Untertanen erreichen will. Vor Augen hat Benedikt nicht das autoritäre Gehabe eines Regenten, sondern den synodalen Weg einer Gemeinschaft, die durch den von ihr gewählten Abt verantwortungsvoll geführt wird. Der Abt soll mehr «prodesse» als «praeesse» (Kap. 64), also mehr vorsehen als vorstehen. Wahre Autorität beherrscht nicht, sondern för- dert, lässt wachsen, weckt verborgene Fähigkeiten – im Dienste der Gemeinschaft als Ganze. Deshalb ist die Person des Abtes für Benedikt zentral. Er widmet ihr zwei Kapitel (2 und 64). Synode Ein Abt muss immer wieder um die richtigen Entscheidungen ringen. Das soll er, nach Benedikt, nicht im Alleingang tun. Er braucht dafür erstens ein feines Sensorium für Gottes Willen und zweitens den Rat der Brüder. Dieses Gremium ist für ihn so wichtig, dass Benedikt die Tradition verlässt und in seiner Regel ein Extrakapitel einfügt, das dieses Anliegen aufnimmt (Kap. 3). Er lässt es direkt auf das Kapitel über den Abt folgen (Kap. 2). Das zeigt, dass die beiden, was den synodalen Weg betrifft, eng zusammengehören. «Ist im Kloster etwas Wichtiges zu besprechen, sind alleMitglieder einzuladen. Es sollen alle dabei sein, also auch die Jüngeren, weil Gott oft gerade ihnen eingibt, was das Beste für die Gemeinschaft ist. Wer in der Versammlung das Wort ergreift, soll es bescheiden und sachlich tun. Die KlosterleiKlostergäste beim Frühstück im Hofspeisesaal (Foto: zVg).

8 J AHRE S THEMA tung hört sich alles an, überlegt es bei sich und trifft dann die endgültige Entscheidung. Diese soll weitsichtig und gerecht sein (Kap. 3). (Übersetzung aus: Müller – Die Weisungen des heiligen Benedikt. In einfacher und gerechter Sprache, Herder 2022). Es stehen in einem Kloster immer wieder wichtige Fragen an, personelle, spirituelle, ökonomische und andere. Der Abt ruft jeweils die ganze Gemeinschaft zusammen und hört sich die verschiedenen Meinungen an, die bescheiden und sachlich vorgetragen werden sollen. Dann geht er mit sich selbst zu Rate. Und schliesslich, wenn er alles erwogen hat, beschliesst er, was zum Wohl der Gemeinschaft am Dienlichsten ist. Es handelt sich also nicht um eine demokratische Abstimmung. Vielmehr vertrauen die Brüder der klugen Führung des Abtes, den sie gewählt haben. Sie vertrauen seinem Überblick, seiner Discretio und seiner Führung durch Gott. Der Abt seinerseits muss, so mahnt ihn die Regel, einst für alle seine Entscheidungen vor Gott Rechenschaft ablegen. Rechenschaft über jeden einzelnen Bruder, ebenso auch über sich selbst (Kap. 2). Auffallend ist die Bemerkung Benedikts, dass bei solchen Ratsversammlungen die Orte der klösterlichen Entscheidungsfindung in Einsiedeln – der Kapitelsaal... Jüngeren auf jeden Fall dabei sein sollen, da der Herr oft gerade ihnen eingibt, was für die Gemeinschaft das Richtige ist. Das sind ungewohnte Worte zu einer Zeit, da vor allem Senioren das Sagen hatten, so wie es auch heute noch in der Kirche weitgehend der Fall ist. Benedikt stützt sich bei seiner Sympathie für die Jungen auf die Bibel und erwähnt die damals von Gott berufenen jungen Männer Samuel und Daniel. Letzterer liess in einem Rechtsfall, wo es um Tod und Leben einer Frau ging, die Senioren von damals ziemlich alt aussehen (Dan 13). Ambiente und Gesprächskultur Ein gemeinsamer synodaler Weg geht nicht ohne Rücksichtnahme, Respekt und Wohlwollen. Bei aller Strenge des klösterlichen Lebens liegt Benedikt ein gutes Ambiente in der Gemeinschaft sehr am Herzen. Dieses Anliegen zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Regel, besonders in jenen Kapiteln, die von ihm selbst stammen. In der Folge ein paar Beispiele. Kann einem Bruder etwas nicht gewährt werden, so soll das Nein begründet werden. Auf diese Art baut man dem Bruder gleichsam eine Brücke. Er fühlt sich ernstgenom-

9 WALLFAHRT J AHRE S THEMA Saft. Da sind Leute von aussen gefragt, durch deren Anregung oder Kritik Gott selbst sich einbringen kann. Wir kennen dafür Beispiele aus der Bibel. So fordert der heidnische Schwiegervater des Mose seinen überlasteten Schwiegersohn auf, die Verantwortung für das Volk Israel auf mehrere Schultern zu verteilen, da er sonst zugrunde gehe. Mose geht darauf ein und bestellt Richter an seiner Seite. Oder denken wir an die heidnische Kanaanäerin, die bei Jesus durch ihren unerschütterlichen Glauben einen Sinneswandel herbeiführt, indem er seine Sendung von jener Begegnung an auf die heidnischen Völker ausweitet. Beim synodalen Weg also – ob in einer klösterlichen Gemeinschaft, in der Ortskirche oder in der Weltkirche – ist es wichtig, dass man auch Meinungen von aussen gelten und kritische Menschen zu Worte kommen lässt, da sich Gott oft durch sie Gehör verschaffen kann. Davon ist Benedikt überzeugt. Das gilt sicher auch für persönliche Kritik an uns selbst. Wer von uns hört sie gerne? Aber unter Umständen kann uns Gott durch sie etwas sagen, das ihm auf andere Weise nicht möglich ist. Pater Christoph Müller men und kann die Absage nachvollziehen. Bei unerfüllbaren Forderungen reagiere man nicht schroff und beleidigend, sondern schenke wenigstens ein freundliches Wort denn, nach einem Zitat von Jesus Sirach, geht «ein freundliches Wort über die beste Gabe.» Die Brüder sollen nicht von oben herab behandelt werden. Man soll sie zum Beispiel nicht unnötig warten lassen – was eine subtile Demonstration von Macht sein kann. Bei Mitbrüdern, die sich aus irgendeinem Grund zurückziehen oder schmollen, kann es vorteilhafter sein, wenn der Abt nicht selbst interveniert, sondern eine Drittperson als Vermittlerin damit beauftragt, die ohne grosses Aufheben die Wogen zu glätten und Wunden zu heilen vermag. Das Kloster ist für Benedikt, wie er eigens betont, ein Haus Gottes (Kap. 31). Deshalb soll man alles daran setzen, dass hier niemand «perturbetur» (durcheinander, verwirrt, verstört, frustriert ist) noch «contristetur» (düster, traurig, betrübt ist). Alle mögen zu einer Atmosphäre beitragen, die von gegenseitigem Wohlwollen geprägt sein soll. Der Gast als Synodale An Gästen soll es im Kloster nie fehlen, schreibt Benedikt. Man begegne ihnen wie Christus selbst. Sie sollen zuerst einmal zufrieden sein mit dem, was sie vor Ort antreffen. Von Gästen erwartet man gewöhnlich Dankbarkeit, nicht Kritik. Da ist Benedikt anderer Meinung: «Falls ein Gast mit Liebe und Demut eine begründete Kritik übt oder auf etwas aufmerksam macht, soll der Abt klug überlegen, ob ihn der Herr nicht eben deswegen hergeführt hat.» (Kap. 61) Auf der Suche nach dem richtigen, gottgefälligen Weg zählt Benedikt darauf, dass Gott Anregungen auch von aussen ins Kloster hineinbringen kann. Sich von Aussenstehenden etwas sagen zu lassen, braucht echte Demut und Weite des Geistes. Es bedeutet ja zuzugeben, dass manches übersehenwird und dass sich im Laufe der Zeit ungute Dinge einschleichen können, ohne dass man es merkt. Man schmort ja jahrelang imeigenen ...und das Concilium (Fotos: Pater Philipp Steiner).

10 WALLFAHRT AUGUST Gebetsmeinung Weltkirche Beten wir, dass der Weltjugendtag in Lissabon den jungen Menschen helfe, das Evangelium in ihrem eigenen Leben zu leben und zu bezeugen. Kirche Schweiz Traumstrände können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Meere durch Müll in Mitleidenschaft bezogen sind. Wir bitten Gott um den Geist der Umkehr und um die Gabe der Solidarität mit allen, die darunter zu leiden haben, insbesondere die künftigen Generationen. Liturgischer Kalender für den August und September 1. Di Hl. Alfons von Liguori (†1787) Ordensgründer, Bischof, Kirchenlehrer 3. Do Heilige Mönche von Einsiedeln 4. Fr Hl. Johannes Maria Vianney (†1859) Pfarrer von Ars Herz-Jesu-Freitag 6. So Fest Verklärung des Herrn 18. Sonntag im Jahreskreis 8. Di Hl. Dominikus (†1221) Priester, Ordensgründer 9. Mi Fest Hl. Theresia Benedicta vom Kreuz (Edith Stein) Ordensfrau 10. Do Fest Hl. Laurentius Diakon, Märtyrer 11. Fr Hl. Klara von Assisi (†1253) Ordensfrau 13. So 19. Sonntag im Jahreskreis Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 15. Di Hochfest Mariä Aufnahme in den Himmel 20. So 20. Sonntag im Jahreskreis Hl. Bernhard (†1153) Abt, Kirchenlehrer 21. Mo Hl. Pius X. (†1914) Papst 24. Do Fest Hl. Bartholomäus (Nathanael) Apostel 27. So 21. Sonntag im Jahreskreis Hl. Monika (†332) Mutter des Augustinus 28. Mo Hl. Augustinus (†430) Bischof, Kirchenlehrer 29. Di Enthauptung Johannes des Täufers

11 WALLFAHRT 28. Do Hl. Adelrich (†973) Mönch 29. Fr Fest Hl.Michael, Gabriel, Raphael Erzengel 30. Sa Hl. Hieronymus †420) Kirchenlehrer SEPTEMBER Gebetsmeinung Weltkirche Beten wir für die Menschen, die unter oft unmenschlichen Bedingungen an den Rändern der Gesellschaft leben; dass sie von Einrichtungen weder übersehen, noch als unwichtig betrachtet werden. Kirche Schweiz Durch die Taufe sind Christinnen und Christen miteinander verbunden. Wir bitten Gott um Wachstum in der Erkenntnis Jesu Christi und die Gabe der Einheit, die zur gegenseitigen Bereicherung im Glauben führt. 1. Fr Herz-Jesu-Freitag 3. So 22. Sonntag im Jahreskreis Hl. Gregor der Grosse Papst, Kirchenlehrer 8. Fr Hochfest Mariä Geburt 10. So 23. Sonntag im Jahreskreis 13. Mi Hl. Johannes Chrysostomus (†407), Bischof, Kirchenlehrer Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe Vorabend der Engelweihe 14. Do Weihefest der Gnadenkapelle «Engelweihe» 15. Fr Schmerzen Marias 16. Sa Fest Kreuzerhöhung 17. So 24. Sonntag im Jahreskreis Eidg. Dank-, Buss- und Bettag Hl. Hildegard (†1179) Äbtissin 21. Do Fest Hl. Matthäus Apostel und Evangelist 22. Fr Hochfest Hl. Mauritius und Gefährten Märtyrer 24. So 25. Sonntag im Jahreskreis 25. Mo Hochfest Hl. Nikolaus von Flüe Einsiedler, Friedensstifter 27. Mi Hl. Vinzenz von Paul (†1660) Priester, Ordensgründer

12 WALLFAHRT Di 1. Nationalfeiertag 11.15 Uhr Konventamt KK Fr 4. Herz-Jesu-Freitag 20.00 Uhr Feierliche Herz-Jesu-Komplet KK Di 8. 20.15 Uhr 4. Orgelkonzert KK So 13. Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 16.00 Uhr Andacht mit Eucharistischem Segen UK Di 15. Hochfest Mariä Aufnahme in den Himmel 08.00 Uhr Eucharistiefeier GK 09.30 Uhr Festliches Pontifikalamt KK 11.00 Uhr Pilgermesse KK AUGUST Gottesdienste in Einsiedeln Abkürzungen: KK Klosterkirche, GK Gnadenkapelle, MK Magdalenenkapelle, BK Beichtkirche, UK Unterkirche KP Klosterplatz 14.00 Uhr Pilgerandacht mit Rosenkranzgebet und Kräutersegnung KK 16.30 Uhr Feierliche Pontifikalvesper KK mit anschliessendem «Salve Regina» GK 17.30 Uhr Eucharistiefeier GK 20.00 Uhr Komplet KK 20.15 Uhr 5. Orgelkonzert KK Mo 21. Einsiedler Krankentag 14.30 Uhr Eucharistiefeier mit Krankensalbung KK Di 22. Gedenktag Maria Königin 11.15 Uhr Konventamt KK 20.15 Uhr 6. Orgelkonzert KK Mariä Himmelfahrt Der 15. August ist in Einsiedeln einer der ganz grossen Pilgertage im Kirchenjahr. Es ist der Tag, an dem wir die Vollendung des Lebens der Gottesmutter Maria in der vollkommenen Liebesgemeinschaft des dreifaltigen Gottes feiern. Zugleich ist das Festgeheimnis der Aufnahme Mariens in den Himmel auch das Patrozinium der Einsiedler Klosterkirche. Übrigens: Auch der 15. August hat eine «synodale Komponente»! In der Dogmatischen Konstitution «Lumen Gentium» des Zweiten Vatikanischen Konzils lesen wir: «Wie die Mutter Jesu, im Himmel schon mit Leib und Seele verherrlicht, Bild und Anfang der in der kommenden Weltzeit zu vollendenden Kirche ist, so leuchtet sie auch hier auf Erden in der Zwischenzeit bis zur Ankunft des Tages des Herrn als Zeichen der sicheren Hoffnung und des Trostes dem wandernden Gottesvolk voran». Mariä Himmelfahrt zeichnet sich bei uns in Einsiedeln durch festliche und äusserst vielfältige Gottesdienste aus. Besonders empfehlenswert ist das feierliche Pontifikalamt um09.30 Uhr, welches vom Stiftschor und der Choralscholamusikalischmitgestaltet wird. Eine Besonderheit ist die Pilgerandacht mit Kräutersegnung und Rosenkranzgebet um 14.00 Uhr. Zur Pilgerandacht können sowohl eigene Kräutersträusse von zu Hause aus mitgebracht werden, als auch von der Klostergärtnerei bereitgestellte Sträusschen gegen einen Unkostenbeitrag erworben werden.

13 WALLFAHRT Fr 1. Herz-Jesu-Freitag 20.00 Uhr Feierliche Herz-Jesu-Komplet KK Fr 8. Hochfest Mariä Geburt 11.15 Uhr Feierliches Konventamt KK 14.00 Uhr Pilgerandacht mit Rosenkranzgebet GK 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK Di 12. Gedenktag Mariä Namen 11.15 Uhr Konventamt KK Mi 13. Engelweihe – Weihefest der Gnadenkapelle – Vorabend 16.30 Uhr Feierliche Pontifikalvesper KK 19.00 Uhr Feierliches Engelweihamt KK a nschl. Prozession zur Gnadenkapelle und Segen mit der Heilig-Kreuz-Reliquie Do 14. Engelweihe – Weihefest der Gnadenkapelle 08.00 Uhr Eucharistiefeier GK 09.30 Uhr Festliches Pontifikalamt KK 11.00 Uhr Pilgermesse GK 15.30 Uhr Spirituelle Führung «Heilsgeschichte im Bild» KK 16.30 Uhr Feierliche Pontifikalvesper KK 17.30 Uhr Eucharistiefeier GK 20.00 Uhr Komplet mit Eucharistischer Aussetzung KK a nschl. Eucharistische Prozession KP Fr 15. Gedächtnis der Schmerzen Mariens 11.15 Uhr Konventamt KK Sa 16. Fest Kreuzerhöhung 11.15 Uhr Feierliches Konventamt KK 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK So 17. Eidgenössischer Dank-, Buss- und Bettag 09.30 Uhr Feierliches Konventamt KK 14.30 Uhr Gebet für die Heimat GK SEPTEMBER Stuckengel aus der Darstellung der Engelweihe (Foto: Jean-Marie Duvoisin). 15.00 Uhr Musik zum Bettag KK 16.30 Uhr Vesper mit Eucharistischer Aussetzung KK a nschl. Eucharistische Prozession GK Fr 22. Hochfest des hl. Mauritius und seiner Gefährten 11.15 Uhr Feierliches Konventamt KK 14.00 Uhr Kurze Andacht und Einzel-Reliquiensegen beim Mauritiusaltar KK 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK Mo 25. Hochfest des hl. Nikolaus von Flüe 11.15 Uhr Feierliches Konventamt KK 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK Sa 30. 15.00 Uhr Segensfeier für Mensch und Tier KP

14 WALLFAHRT Seelsorge Beichtzeiten Sonn- und Feiertage: 08.30–09.15 /10.45–11.00 / 15.00–16.00 /17.00–18.00 Uhr Montag bis Samstag: 10.00–11.00 / 15.00–16.00 / 17.00–18.00 Uhr Das «Goldene Ohr» das.goldene.ohr@kloster-einsiedeln.ch Klosterkirche Ostern bis Allerheiligen: 6.00–21.00 Uhr Allerheiligen bis Ostern: 6.00–20.30 Uhr Segnung von Andachtsgegenständen Montag bis Samstag: 12.00 / 14.55 / 16.15 / 17.00 Uhr Sonn- und Feiertage: 10.45 / 12.00 / 14.55 / 16.15 / 17.00 Uhr Wallfahrtsinformationen Öffnungszeiten Kirchenpforte Montag bis Samstag: 09.00–11.00 / 13.30–16.15 / 17.00–18.00 Uhr Sonn- und Feiertage: 09.00–09.15 / 10.30–11.00 / 11.45–12.00 / 13.30–16.15 / 17.15–18.00 Uhr Wallfahrtsbüro Sie erreichen uns telefonisch von Montag bis Freitag 09.00–11.00 / 13.30–17.30 Uhr November bis Februar sowie während der Sommerferien: 09.00–11.00 Uhr Telefon: +41 (0)55 418 62 70 Fax: +41 (0)55 418 62 69 wallfahrt@kloster-einsiedeln.ch www.wallfahrt-einsiedeln.ch Klosterladen Sonn- und Feiertage: 10.45–16.30 Uhr Montag–Freitag: 10.00–12.00 Uhr / 13.30–17.30 Uhr Samstags: 10.00–16.30 Uhr Telefon: 055 418 64 71 www.klosterladen-einsiedeln.ch Gottesdienste in der Klosterkirche Werktage 06.15 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 07.15 Uhr Laudes 09.30 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 11.15 Uhr Konventmesse (Hauptaltar) 12.05 Uhr Mittagsgebet 16.30 Uhr Vesper/Salve Regina 17.30 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 18.05 Uhr Rosenkranzgebet 20.00 Uhr Komplet Sonn- und Feiertage 17.30 Uhr Vorabendmesse (Hauptaltar) 07.15 Uhr Laudes 08.00 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 09.30 Uhr Konventmesse (Hauptaltar) 11.00 Uhr Pilgermesse (Hauptaltar) 16.30 Uhr Vesper/Salve Regina 17.30 Uhr Eucharistiefeier (Hauptaltar/Gnadenkapelle) 18.15 Uhr Rosenkranzgebet 20.00 Uhr Komplet Bitte konsultieren Sie unsere Website: www.kloster-einsiedeln.ch

15 WALLFAHRT Der Wallfahrtspater berichtet Gebetstag für eine synodale Kirche Der Synodale Prozess der Weltkirche war am 31. Mai 2023 Gegenstand eines besonderen Gebetstages. An zahlreichen Marienwallfahrtsorten weltweit wurde für die Kirche auf dem Weg zu mehr Synodalität gebetet – so auch im Kloster Einsiedeln. Im Auftrag des Generalsekretariates der Bischofssynode hat die Schweizer Bischofskonferenz alle grössere Marienheiligtümer in der Schweiz aufgerufen, am Mittwoch, 31. Mai 2023 ein Fürbittgebet für den synodalen Prozess zu gestalten. Natürlich war auch unser Kloster als HeiligtumUnserer Lieben Frau von Einsiedeln mit dabei! Bei uns war das Gebet für die Bischofssynode am 31. Mai 2023 in einzelne Gottesdienste integriert: Konventamt, Eucharistische Anbetung, Vesper mit «Salve Regina» und Rosenkranzgebet. Ein besonderes Datum Warumwurde für das Gebet für den synodalen Prozess der 31. Mai ausgewählt? Weil an jenem Tag seit der Kalenderreform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil das Fest Mariä Heimsuchung gefeiert wird. Im deutschen Sprachraum hat man hingegen am alten Termin, dem 2. Juli, festgehalten. Der Weg Marias zu Elisabeth kann als Weg der Kirche zu den Menschen gedeutet werden. WieMaria trägt sie Christus und hat die Aufgabe, die Freude über seine Gegenwart in unserer Welt mitzuteilen. Wenn dies gelingt, dann ist die Kirche wirklich synodal. Gebet in der Gnadenkapelle Besonders einprägsam war am 31. Mai 2023 das Mariengebet nach dem von uns Mönchen gesungenen «Salve Regina» in der Gnadenkapelle, welches Abt Urban vorgetragen hat: Jungfrau Maria, inmitten einer Kirche, die um ein neues Miteinander ringt, wenden wir uns an dich, denn du bist die Mutter der Kirche. Deiner Fürsorge empfehlen wir die Kirche in unserem Land und auf der ganzen Welt. Erbitte ihr ein neues Ausgiessen des Heiligen Geistes, damit er die Herzen der Gläubigen für die Liebe zu Gott und zueinander entzünde. Hilf uns, gemeinsam unterwegs zu sein und den Willen deines Sohnes zu erfüllen, der sich nichts sehnlicher wünscht als die Einheit jener, die an ihn glauben. An dein mütterliches Herz legen wir besonders unseren Papst Franziskus, alle Bischöfe und alle Frauen und Männer, die am synodalen Prozess der Kirche mitwirken. Erbitte ihnen ein offenes Ohr und ein hörendes Herz für den Anruf Gottes für diese Zeit. Begleite die Vorbereitungen für die Bischofssynode im Oktober, damit in allem Gottes Wille geschehe und er verherrlicht wird in und durch die Kirche deines Sohnes. Maria, Mutter der Kirche und Unsere Liebe Frau von Einsiedeln, bitte für uns! Amen. Pater Philipp Steiner

Bedingungslos offen (Foto: Erich Liebi). Haben Sie gewusst, dass ... … der Buchstabe «h» in einigen Sprachen «ein Hauch von Nichts» ist. Im Französischen wird er zwar geschrieben, etwa in habiller (ankleiden), aber nicht ausgesprochen, das Italienische schreibt es nur in ganz wenigen Wörtern, spricht es aber nicht aus. Anders ist es im Englischen und im Deutschen; beide Sprachen schreiben das «h» und sprechen es auch aus. Die grosse Bedeutung des «h» und die vielfältige Verwendung in der deutschen Sprache können wir in den zwei Wörtern «offen» und «hoffen» nachvollziehen. Was offen ist, lässt häufig auch hoffen. Eine offene Türe lädt zum Eintreten ein und vermittelt die Hoffnung, dass man im InnernMenschen trifft, mit denenman gerne ins Gespräch kommt. Jedes gute Gespräch beruht auf der Hoffnung, dass der Gesprächspartner offen ist, dass er nicht intellektuell, politisch oder moralisch eng oder voreingenommen ist. Offene Situationen, Verhältnisse und offene Fragen sind aber immer mit Unsicherheit gepaart, lassen nicht ohne weiteres auf einen guten Ausgang hoffen. Eine wichtige Voraussetzung für eine gute Wendung ist dabei die Offenheit der Parteien und ihre Bereitschaft, die eigene Position offen und ehrlich zur Sprache zu bringen und die der Gegenpartei ebenso offen und ohne Vorurteile wahrzunehmen. Die gegenwärtige weltpolitische Situation und jene, die dafür verantwortlich sind, zeichnen sich nicht durch Offenheit aus. Tatsachen werden verdreht, erfunden, verheimlicht, aufgebauscht oder geleugnet. Das fördert ein Klima der Unsicherheit, lässt die Hoffnung auf ehrliches Suchen nach der Wahrheit schwinden. Glaubende Menschen aber sind immer offen für die Hoffnung. Paulus sagt es so: «Hoffnung, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung. Hoffen wir aber auf das, was wir nicht sehen, dann harren wir aus in Geduld (Röm 8,24f.). Halten wir uns für die Hoffnung offen! Pater Alois Kurmann 16

17 SALVE Ich bestelle ein Jahresabo der Zeitschrift «SALVE» à Fr. 39.– inkl. MwSt. Ich wünsche die zweimonatlich erscheinende Zeitschrift ab nächstmöglicher Ausgabe. Name/Vorname Strasse PLZ/Ort Telefon E-Mail Datum Unterschrift S A LV E Bestellkarte Zeitschrift «SALVE» Ich möchte die Zeitschrift «SALVE» gerne näher kennen lernen und bitte Sie um die Gratiszustellung der aktuellen Ausgabe. Ich bestelle ein Geschenkabonnement. Name/Vorname Strasse PLZ/Ort Telefon Datum Unterschrift Geschenkabonnement für Bitte senden Sie den Geschenkgutschein an: Abo-Empfänger Rechnungsempfänger Kloster Einsiedeln, Abonnentenverwaltung «SALVE», 8840 Einsiedeln Telefon: 055 418 62 92, Fax: 055 418 64 25, E-Mail: abo@kloster-einsiedeln.ch, Internet: www.zeitschrift-salve.ch Ist die Bestellkarte verloren gegangen? Senden Sie uns bitte einfach diese Seite ausgefüllt zurück. Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr SALVE gewährt sechsmal im Jahr einen facettenreichen Einblick in das Leben hinter den Einsiedler und Fahrer Klostermauern (das Kloster Fahr gehört seit 1130 zum Kloster Einsiedeln), das geprägt ist von Gebet, geistlicher Lesung, manueller Arbeit und vielfältigem En - gagement in Erziehung, Bildung und Seelsorge. In verschiedenen Rubriken informiert die Zeitschrift unter anderem umfassend über die Klostergemeinschaften Einsiedeln und Fahr, die Stiftsschule, die Wallfahrt, die Klosterbetriebe sowie über religiöse und kulturelle Anlässe in den Klöstern Einsiedeln und Fahr sowie in der Propstei St.Gerold. S A LVE Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr 4 · 2 0 2 2 S A LV E

18 WALLFAHRT Neues Angebot Literarische Führung im Kloster Einsiedeln Klosterführungen sind für uns Einsiedler Benediktiner ein wichtiges Medium, um unser monastisches Leben, aber auch die Geschichte und Spiritualität des Ortes interessierten Menschen zu vermitteln. Mit der «Literarischen Führung», konzipiert von Bruder Gerold Zenoni, gesellt sich zu den klassischen Führungen ein neues Angebot, das ab August gebucht werden kann. Eine illustre Gästeschar versammelte sich am Abend des 11. Juni im Grossen Saal des Klosters Einsiedeln. Grund dafür war nicht die «Tour de Suisse», welche an jenem Sonntag auf der ersten Etappe durch das Klosterdorf und die Region Einsiedeln führte, sondern die Vernissage für ein neues Angebot in der Benediktinerabtei: «Von Paracelsus bis Hürlimann. Die literarische Führung im Kloster Einsiedeln», welche Bruder Gerold Zenoni konzipiert hat und in Zukunft kloster- und literaturinteressierten Menschen anbieten wird. Menschen statt Buchstaben In seiner Begrüssung dankte Abt Urban dem Initianten der «literarischen Führung» für dessen Mut, die Literatur im Kontext des Klosters Einsiedeln zum Gegenstand eines neuen Führungsangebotes zu machen. Gleichzeitig formulierte er auch das Ziel, dem das neue Angebot dienen soll: «Wenn im Kloster Einsiedeln eine literarische Führung angeboten wird, darf es nicht um Buchstaben gehen, nicht um trockene Sprache. Bei einer solchen Führung muss es um die Menschen gehen: UmMenschen, die wir ansprechen wollen, und um die Menschen, die diese Literatur hervorgebracht haben. Geschichten erzählen und Beziehung herstellen – das wünsche ich mir von guter Literatur». Abt Urban zeigte sich zuversichtlich, dass die neue Führung in Ergänzung zur klassischen Klosterführung durch Klosterkirche und Stiftsbibliothek diese Anforderung erfüllen wird, denn er schloss seine Ansprache mit den Worten: «Ich bin sicher, dass diese literarische Führung Menschen wertvolle Erfahrungen machen lässt, weil dahinter Bruder Gerold steht, der bereits zu einem Garanten geworden ist für wertvolle Begegnungen». Freude und Glück Nach dem Vorsteher des Klosters kam Bruder Gerold selbst zu Wort, dem die Freude über die Premiere ins Gesicht geschrieben stand. Er untermauerte diesen Eindruck mit den Worten: «Wenn Freude und Glück sich die Hände reichen, dann ist für Bruder Gerold die Premiere ‹Von Paracelsus bis Hürlimann – Die literarische Führung im Kloster Einsiedeln›. Und das ist heute, jetzt in diesem Moment.» Bruder Gerold dankte in der Folge zahlreichen Menschen und Institutionen, welche das Projekt unterstützt und begleitet haben. Er wies darauf hin, dass sich die Premiere von den späteren Vorführungen nicht nur durch einige Kürzungen unterscheidet, sondern insbesondere durch die Anwesenheit der Sprecherin und der Spre-

19 WALLFAHRT cher, welche die Texte aus der Literatur live vortragen werden. So konnten die Gäste der Vernissage in der Folge eine besondere Premiere erleben und die von Sylvia Silva, Anatole Taubman und Felice Zenoni vorgetragenen literarischen Perlen rund ums Kloster Einsiedeln hören. Von Paracelsus bis Hürlimann Bei dieser «Tour de Littérature» bekam man eine Fülle von spannenden Geschichten rund um das Kloster und den Wallfahrtsort Einsiedeln zu hören, aber auch Aussenstationen wie die Insel Ufnau und das Kloster Fahr wurden bei der Auswahl der Texte berücksichtigt. Die multimediale Tour umfasste Videos, Porträts, handschriftliche Zeugnisse und Ausschnitte aus Interviews. Die Bandbreite reichte – wie im Titel der Führung angetönt – vom Arzt und Universalgelehrten Paracelsus bis zum Einsiedler Stiftsschüler Thomas Hürlimann. Aber auch Jeremias Gotthelf, Annette von Droste-HülsBruder Gerold Zenoni konnte sich über zahlreiche Gäste freuen und nahm sie mit auf eine besondere «Tour de Littérature» (Foto: Inge Zinsli). hoff, Fredrika Bremer, Johanna Spyri, Karl May, Otto Flake, Silja Walter und Emil kamen mit eigenen Texten zu Wort. Bruder Gerold verstand es, eine Fülle von Texten auf unterhaltsame Weise und immer wieder auch mit einer Prise Humor miteinander zu verknüpfen und damit zu zeigen, dass das Kloster Einsiedeln seit Jahrhunderten nicht nur ein Ort wertvoller Begegnungen ist, sondern auch einen Platz in der Weltliteratur hat. Im anschliessenden Apéro im Hofspeisesaal des Klosters hatten die Gäste Gelegenheit, mit Bruder Gerold auf sein neuestes Werk anzustossen. Ab dem 16. August 2023 ist die literarische Führung Teil des kulturellen Angebots im Kloster Einsiedeln und kann via Webseite www.kloster-einsiedeln.ch und E-Mail beim Wallfahrtsbüro des Klosters gebucht werden: wallfahrt@kloster-einsiedeln.ch. Pater Philipp Steiner Video der Premiere unter: arttv.ch

20 KLOS TER E INS I EDELN Psalm 28 1 Zu dir rufe ich, Herr, mein Fels, wende dich nicht schweigend ab von mir! Bliebst du vor mir stumm, würde ich denen gleich, die zur Grube hinuntersteigen. 2 Höre mein lautes Flehen, wenn ich zu dir schreie, wenn ich meine Hände zu deinem Allerheiligsten erhebe! 3 Raff mich nicht weg mit den Übeltätern und Frevlern, die Frieden! sagen zu ihren Nächsten, doch Böses hegen in ihrem Herzen. 4 Vergilt ihnen, wie es ihrem Treiben entspricht und ihren bösen Taten! Vergilt ihnen, wie es das Werk ihrer Hände verdient! Wende ihr Tun auf sie selbst zurück! 5 Denn sie achten nicht auf die Taten des Herrn noch auf das Werk seiner Hände. Darum reisst er sie nieder und baut sie nicht wieder auf. 6 Der Herr sei gepriesen! Denn er hat mein lautes Flehen gehört. 7 Der Herr ist meine Kraft und mein Schild, auf ihn vertraute mein Herz, so wurde mir geholfen; da jubelte mein Herz, mit meinem Lied will ich ihm danken. 8 Der Herr ist ihre Kraft, er ist Schutz und Heil für seinen Gesalbten. 9 Hilf deinem Volk und segne dein Erbe, weide und trage sie in Ewigkeit!

21 KLOS TER E INS I EDELN Eine Schwierigkeit dieses Psalms – wie auch zahlreicher anderer – können die Verse 3–5 bieten, die Bitte nämlich, dass Gott die strafen solle, die den Betenden ins Unglück bringen. Eine Hilfe, solche Bitten in Gebeten auszusprechen, ist der Verzicht des Verfolgten, in sich Wünsche nach Rache und Vergeltung aufkommen zu lassen, selber Rache zu nehmen, sondern die schwere Situation Gott anheimzustellen. Der Verzicht auf eigene Rache und die Hoffnung, dass Gott hilft, ist ein ehrliches, echtes Glaubensbekenntnis. Noch ein Wort zum Vers 8, der sagt, Gott sei «Schutz und Heil für seinen Gesalbten». Der Gesalbte ist wörtlich der «Messias», so heisst es auch im hebräischen Text. Hier aber ist der Gesalbte nicht Christus, der Messias, sondern der Beter des Psalms. Ist es nicht eine Aussage, die starke, unerschütterliche Hoffnung gibt, dass der in Not auf Gott Vertrauende und Betende ein von Gott Gesalbter wird? Wer sich vertrauensvoll in seiner Not an Gott wendet, ist nicht ein Schwächling, der keine Kraft hat, sich selber zu helfen, sondern in unserem Vertrauen auf Gott sind wir Schwes- tern und Brüder Jesu, des Messias, der sich trotz des Gefühls, von Gott verlassen zu sein, am Kreuz an diesen Gott gewendet hat. Pater Alois Kurmann Der Text ist klar aufgebaut: Verse 1–3 enthalten die Bitte, Gott solle sich dem Betenden in seiner Not zuwenden; die Verse 4–5 bitten darum, dass Gott die bestraft, die den Betenden quälen; die Verse 6–9 sind getragen vom Dank für die Rettung. Die Psalmen sind Gedichte, sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen Sachverhalt in vielfältiger Sprache ausdrücken. Schauen wir, wie das in der Bitte verwirklicht ist. Mit drei Bildern ist die Bitte formuliert: «Wende dich nicht schweigend von mir ab», «höre mein lautes Flehen», «raff mich nicht weg mit den Übeltätern». Ebenso vielfältig ist die Bitte formuliert, die Feinde zu behandeln: Zweimal «vergilt ihnen», dann «wende ihr Tun auf sie selbst zurück», und «darum reisst er sie nieder und baut sie nicht wieder auf». Ebenso vielfältig ist die letzte Bitte (Vers 9) formuliert: Hilf, segne, weide, trage! Diese dichterische Sprache hilft uns beim Beten: sie «bremst» uns, damit wir nicht «viele Worte machen», sondern in die verschiedenen Worte unser Anliegen, das eine Anliegen (hier die Sehnsucht, dass Gott hilft, oder dass er die Gegner hindert) hineinlegen. Wie die meisten Bittpsalmen drückt auch dieser nicht anschaulich aus, worin die Not besteht; es werden keine konkreten Umstände, Gefahren, Notsituationen genannt. Die meisten Bittpsalmen sind getragen vom Vertrauen, dass Gott schon weiss, was den Betenden bedrängt, er braucht keine konkreten Schilderungen. Das ist jedoch gerade die grundlegende Voraussetzung dafür, dass die Psalmen Gebete für viele Menschen in ganz verschiedenen Situationen werden können. Hilferuf und Dank Gebet eines von tödlicher Feindschaft Bedrohten

22 KLOS TER E INS I EDELN Präsident Heino von Prondzynski begrüsste die Mitglieder der Vereinigung der Freunde des Klosters Einsiedeln und freute sich, dass sich trotz der Tour de Suisse eine stattliche Anzahl im Grossen Saal des Klosters Einsiedeln eingefunden hatte. Gleich zu Beginn präzisierte Pater Justinus Pagnamenta den Titel seines Vortrags «Huldrych Zwingli, Leutpriester in Einsiedeln» dem er nach dem Wort Leutpriester noch Humanist hinzufügte. Zwingli sei nicht nur als katholischer Priester in Einsiedeln gewesen, sondern auch als Forscher. Der Redner skizzierte den Lebenslauf des 1484 in Wildhaus geborenen Zwingli. In Einsiedeln war er von 1515 bis 1518 Leutpriester. Eine schwere Krise hatte das Kloster heimgesucht, nur noch zwei Mönche lebten dort. Dabei ging der damalige Abt lieber auf die Jagd, als sich um Klosterbelange zu kümmern. Ein Verwalter nahm sich der Geschäfte an. Einsiedeln war schon damals ein wichtiger Wallfahrtsort und zählte etwa 1500 Einwohner. Zwingli hatte die Bibliothek für sich Für Zwingli war es ein Vorteil, dass er die ganze Bibliothek für sich hatte. Diese war gut ausgestattet. Sie war damals grösser als die Stiftsbibliothek in Zürich. Tausend Handschriften waren in Einsiedeln vorhanden. Zwingli vertiefte seine Griechischkenntnisse. Das ist alles historisch belegt. Allein fassbare Spuren von Zwinglis Anwesenheit in Einsiedeln fehlten jedoch. Doch Zwingli-Spuren! Dabei konnte man davon ausgehen, dass er – wie es seine Art war – auch in Einsiedeln am Rande der Bücher und Handschriften Spuren hinterlassen hatte. Ein früherer Forscher hatte bei dieser Suche resigniert und notierte: «In der Einsiedler Stiftsbibliothek ist nichts mehr für Zwingli zu holen.» Der inzwischen verstorbene ehemalige Stiftsbibliothekar Pater Odo Lang war sicher, dass Zwingli den Codex 125 für Studien benützt habe. Tatsächlich fanden sich bei genauerer Konsultation vier handschriftliche Stellen, die zweifelsfrei Zwingli zugeordnet werden Tagung der Vereinigung der Freunde des Klosters Einsiedeln Als Zwingli der Kragen platzte Handschriftliche Spuren Zwinglis in einem Buch der Stiftsbibliothek (Fotos: zVg). Eine schöne Anzahl der Mitglieder der Vereinigung der Freunde des Klosters Einsiedeln fand sich am 10. Juni zur jährlichen Zusammenkunft im Grossen Saal des Klosters Einsiedeln ein. Ein Vortrag von Pater Justinus Pagnamenta über Zwingli stand auf dem Programm, durch das Präsident Heino von Prondzynski führte.

23 KLOS TER E INS I EDELN konnten. Grundsätzlich hatte der Reformator grossen Respekt vor Büchern, die ihm nicht gehörten. Dies war auch der Grund, warum man so lange keine Spuren von ihm in Büchern der Einsiedler Stiftsbibliothek fand. Verrückter Schreiber Pater Justinus fand dann in einer OrigenesHandschrift weitere handschriftliche Anmerkungen von Zwingli. In diesem Werk sind sogar auf 104 Seiten Spuren von Zwingli nachzuweisen. Grund war der fehlerhafte Inhalt des Werkes. Zwingli korrigierte bis ihm der Kragen platzte. In einer langen Bemerkung macht er sich Luft über die Fehlerorgie: «Fast alles ist hier fehlerhaft geschrieben, so dass man annehmen darf, der Schreiber sei entweder verrückt oder schläfrig gewesen.» Interessant ist auch die Tatsache, dass im Kloster Einsiedeln eine Zwinglibibel gehütet wird, die noch älter ist als die verbürgte Erstausgabe dieses Werkes. Der Grund dafür liegt darin, dass zuerst Faszikel der einzelnen Bücher aus der Bibel im Druck herausgegeben wurden. Diese hat man im Kloster zusammengetragen und zur Zwinglibibel vor der Zwinglibibel gebunden. Doch Zwinglispuren! Die Leute meinten, der Klosterplatz sei praktisch fertig, führte Präsident Heino von Prondzynksi aus. Behindertengerechte Zugänge wurden realisiert. Anhand von Fotos erläutert der Präsident das von den Freunden finanzierte Vorhaben «Buffet im Refektorium». Auch soll die nächtliche Beleuchtung in den Treppenhäusern des Klausurbereichs mit finanzieller Unterstützung der Freunde optimiert werden. Die Restaurierung der Gangulfkapelle soll ebenfalls mit Unterstützung der Freunde 2024 angegangen werden. Die Kapelle stammt aus dem 11. Jahrhundert und ist in einem schlechten Zustand. Die Internetseite der Freunde wird von Urs Leuthard auf einen neuen Stand gebracht. Ein Betrag für ein neues Videokonzept wurde gesprochen. Dank auch an die Abwesenden Abt Urban Federer erwähnte das 35-JahrJubiläum der Freunde. Als Novize war er bei der Gründung dabei. Er dankte auch den vielen Menschen, die heute nicht da sein konnten. Im Kloster laufe immer Einiges. Es gab die Ewige Profess von Bruder Klemens Rittler, Jubiläen und einfache Professen. Am 27. Mai wurde die H-Moll-Messe von Bach aufgeführt. 1950 war das gleiche Werk unter Abt Benno Gut in einer Messe aufgeführt worden. «Splendor», das Oratorium von Pater Theo Flury, wurde aufgeführt. Die Art Ufnau fand statt. Die Klosterfront wurde mit den Konterfeis von Zwingli und Bruder Klaus angestrahlt. Hingewiesen wurde auf die Premiere «Von Paracelsus bis Hürlimann – Die literarische Führung im Kloster Einsiedeln». Abt Urban schloss mit der Überzeugung, dass es das Kloster noch in hunderten von Jahren geben werde. Bruder Gerold Zenoni www.freunde-kloster-einsiedeln.ch Stiftsbibliothekar Pater Justinus Pagnamenta.

24 KLOS TER E INS I EDELN Der kahlrasierte Schädel und die Tätowierungen am linken Unterarm vermitteln nicht den Eindruck, dass ich vor mir einen gut zwanzigjährigen jungen Mann habe, der getauft werden möchte. Jan hat sich aber schon mit sechzehn Jahren intensiv mit dem Glauben auseinandergesetzt und zu beten begonnen. Seine Eltern sind reformiert und haben ihn als Kind nicht taufen lassen, weil sie diese Entscheidung ihm überlassen wollten. Auf meine Frage, warum er denn nicht reformiert werden wolle, erwiderte er, dass ihm die katholischen Gottesdienste und Kirchen besser gefallen. Zudem sei sein katholischer Kollege Patrik für ihn ein Vorbild im Glauben, auch wenn dieser bis vor kurzem nichts davon wusste. Jedenfalls werde er ihn – auf meinen Hinweis hin – als Taufpate anfragen. Junge in der Mehrzahl In der bisher kurzen Zeit des Bestehens des regionalen Katechumenats in Einsiedeln kann ich nur staunen, wie Gott Menschen hierherführt. Die Hälfte der Anfragen zur Taufe kommen von jungen Menschen in ihren zwanziger Jahren. Sie alle haben verschiedene Hintergründe. Die einen sind in einer konfessionslosen oder muslimischen Familie oder wie im Fall von Jan in einer nominell christlichen Familie aufgewachsen, aber nicht getauft worden. Die Konvertiten, also jene, die aus reformierten Konfessionen kommen und katholisch werden möchwww.katholisch-werden.ch «Komm und sieh!» – ein Weg des Christwerdens Seit gut einem Jahr bietet das Kloster Einsiedeln ein Katechumenat, einen Weg des Christwerdens für Erwachsene, an. Das Katechumenat ist ein Weg der Hin- führung zur Taufe, zum Übertritt oder Wiedereintritt in die katholische Kirche.

25 KLOS TER E INS I EDELN wollten. Da es keine entsprechenden Kurse in der Nähe gab, bereitete ich diese Menschen einzeln auf die Taufe vor. So erging und ergeht es vielen Seelsorgenden. Daraus entstand die Idee, ein entsprechendes Vorbereitungsangebot für einen grösseren Kreis zu schaffen, um die Seelsorgenden in den naheliegenden Pfarreien zu entlasten. Das Katechumenat ist ein Weg des Christwerdens für Erwachsene. Das Angebot richtet sich an Personen, die nicht getauft oder nicht gefirmt sind, an Katholiken und Katholikinnen, die aus der Kirche ausgetreten sind und wieder eintreten möchten und diesen Schritt bewusst als Erneuerung ihres Glaubens verstehen. Das Angebot gilt auch für Tauf- und Firmpaten. Für Interessierte wurde die Website www. katholisch-werden.ch oder www.klostereinsiedeln.ch/katholisch-werden geschaffen. Die Interessenten werden auf zwei Wegen gut begleitet. Der eine Weg ist die Pfarrei des Wohnortes, wo die Kandidaten die Kirche besuchen und mit der dortigen Glaubensgemeinschaft die verschiedenen Schritte der Initiation vollziehen. Der andere Weg sind die Katechumenatstreffen in Einsiedeln. Hier kommen nicht nur die Tauf- und Firmwillige zusammen, sondern ebenso ihre Patinnen und Paten und andere getaufte Begleitpersonen. Daraus ergibt sich eine Gruppe, die miteinander betet, die Heilige Schrift liest und sich über den Glauben austauscht. Das Katechumenat dauert mindestens ein Jahr, nicht, weil die Vermittlung der Glaubensinhalte dies erfordern würde, sondernweil eine Beziehungmit Gott – wie jede Beziehung – langsam wächst und viele kleine Schritte durchläuft. Das Herz braucht mehr Zeit als der Verstand. ImGrunde ist ein Christ nie fertig, sondern immer imWerden. Pater Cyrill Bürgi ten, sind älter – manche im Alter um die Pensionierung herum. Den Spuren Jesu folgen Immanuel und Susann wiederum gehören in das mittlere Alterssegment. Sie sind ein Ehepaar und kommen ursprünglich aus dem Gebiet der ehemaligen DDR. Schon vor mehreren Jahren haben sie sich in der Schweiz niedergelassen. Sie haben ihren Sohn taufen lassen, in der Absicht sich ebenfalls auf den Weg des Christwerdens zu machen. Im März dieses Jahres wurden sie in der Kathedrale von Chur getauft und gefirmt und empfingen zum ersten Mal die Heilige Kommunion. Nach der Vertiefungsphase schlossen sie Ende Juni das Katechumenat ab, im festenWillen, den Spuren Jesu weiter zu folgen. Das eineinhalbjährige Bestehen des Katechumenats kann noch nicht auf viele Erfahrungen zurückgreifen, und doch zeigt es sich, dass es gut war, dass das Kloster Einsiedeln dieses Angebot auf die Beine gestellt hat. Die Arbeit als Vikar in der Pfarrei oder als Schulseelsorger an der Stiftsschule führte viele Menschen zu mir, die Gott näherkommen und ihm durch die Taufe angehören Susann wird in der Kathedrale von Chur getauft (Foto: Frater Alban Faye).

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