Salve Juni/Juli 2023

Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr 3 · 2 0 2 3 S A LV E

2 S A L V E Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr Jahresthema Kirche entsteht im Gehen 4 Wallfahrt Liturgischer Kalender 10 Gottesdienste in Einsiedeln 12 Wallfahrtsinformationen 14 Wallfahrtstage grosser Pilgergruppen 15 Das Fest der Einsiedler Hausherrin 16 Sommerkloster für 18 bis 35jährige Männer 17 Liturgisches Grundwissen – «Sei besiegelt» 18 Haben Sie gewusst… 19 Kloster Einsiedeln Psalm 27 – Vertrauen und Klage 20 Zwei Neuoblationen und das liturgische Jahr 22 Pater Lukas Helg in Gut Aich – Direkt neben dem hl. Wolfgang 24 Die textile Schwarze Madonna 26 Konventglöckli 28 Stiftsschule Schulagenda 30 Et voilà 31 Schulseelsorge – Gast oder Gastgeber sein 32 Alumni – In den Abteihof im Herbst 34 Internat – Sprachaustausch 36 Stiftung Pro Stiftsschule mit neuem Präsidenten 38 Klassentag M 58 – 65 Jahre Matura 40 Namwala – Suppentag und eine Bilanz 41 Personalnachrichten 43 St.Gerold Ein Ort zum Aufatmen 44 Kultur- und Seminarprogramm 46 Kloster Fahr Grusswort 52 Die Anna-Kapellle – Mit ehrwürdiger Vergangenheit 54 Verein «Pro Kloster Fahr» – Rücktritte im Vorstand 56 Ehemaligentreffen FK 2011 – Mit Kuchen im Gepäck 58 Verein «Pro Kloster Fahr» – Bäume gepflanzt 59 Veranstaltungskalender 60 Meditation – Ein neues Herz 62 Kaleidoskop Klostersammlungen – Künstlerporträts 64 Robert Faesi – Das «Protestäntchen» aus der Zwinglistadt 66 Neue Bücher 72 Impressum 83 15. Jahrgang · Ausgabe 3, Juni/Juli 2023 Erscheint sechsmal jährlich www.zeitschrift-salve.ch www.gebetsgemeinschaft.ch www.kloster-einsiedeln.ch www.kloster-fahr.ch www.propstei-stgerold.at www.siljawalter.ch www.zeitschrift-salve.ch www.gotteswort.ch www.GOTTsuchen.ch Frontseite: Kirche entsteht im Gehen. Pater Philipp Steiners Beitrag zur Synodalität der Kirche (Foto: zVg).

LE I TGEDANKE 3 Liebe Leserin, lieber Leser Wallfahrt und «Synodaler Prozess», haben diese etwas miteinander zu tun? Vielleicht können Sie sich das nicht vorstellen. Pater Philipp Steiner weiss im Hauptartikel einiges dazu zu schreiben. Hier nur dies: Wallfahren bringt Menschen zusammen, vielleicht schon auf dem Weg, dann am Wallfahrtsort selber. Jede und jeder gibt allein schon dadurch, dass sie, dass er beim Beten gesehen wird, ein Glaubenszeugnis. Man feiert gemeinsam Gottesdienst, kommt möglicherweise ins Gespräch. Andere Formen gelebten Glaubens können wahrgenommen werden, werden eingebracht. Im guten Falle ergibt sich so ein Austausch, mehr als sich die Einzelnen bewusst sind – ereignet sich Kirche von unten. Und das will doch der «Synodale Prozess». Das geschieht nicht nur in Einsiedeln. Die «Ü30»-Wallfahrt im Fahr ist immer wieder ein gutes Beispiel dafür. Pater Cyrill Bürgi kann in seinem Artikel zur Schulseelsorge von der Begegnung zwischen zwei Schulen an Marien-Wallfahrtsorten berichten. Auch hier: Man gibt und empfängt Impulse. Schon die Vorbereitung führt dazu, dass die eigene Praxis reflektiert wird. Was möchten wir den Gästen vermitteln? Es kann erfahren werden, dass Glaube sehr viel mit Gemeinschaft zu tun hat. Erlebte Kirche über die Landesgrenzen hinweg. «Salve» berichtet immer wieder über solche Ereignisse. So werden auch Sie, liebe Leserin, lieber Leser, in diesen Austausch einbezogen. Dürfen wir auch «Salve» als einen Teil des «Synodalen Prozesses» betrachten, wenn auch ganz ausserhalb der offiziellen Strukturen? Ihr Pater Markus Steiner

4 J AHRE S THEMA Gemeinsam unterwegs in einer synodalen Kirche Kirche entsteht im Gehen Das Jahresthema 2023 ist der Synodale Prozess, den Papst Franziskus im Oktober 2021 angestossen hat und der – voraussichtlich – in zwei Bischofssynoden in Rom im Oktober 2023 und Oktober 2024 münden wird. In der vorletzten Ausgabe von «Salve» (2023/1) hat Priorin Irene den Synodalen Prozess vorgestellt und in der letzten Ausgabe (2023/2) brachte Abt Urban den Synodalen Prozess mit der Benediktsregel und Gedanken von Karl Rahner in Verbindung. Nun fragt sich der Wallfahrtsverantwortliche, welche Bezüge der Synodale Prozess zur Wallfahrt hat. Aus der Lektüre der beiden letzten Leitartikel weiss die Leserschaft von «Salve», dass die Wortschöpfung «Synodaler Prozess» auf den Begriff «Synode» zurückgeht, welcher seinerseits kirchliche Versammlungen bezeichnet, die Beratungen und Entscheidungen zu Glaubensfragen und christlichem Leben beinhalteten. Die aus dem Griechischen stammenden Wortteile «Syn» (gemeinsam, zusammen) und «hodos» (Weg, Pfad, Strasse, Reise) lassen bereits erahnen, dass auch einige Bezüge zum Thema «Wallfahrt» hergestellt werden können. Der Weg In der Apostelgeschichte wird der christliche Glaube mehrfach «der Weg» genannt. Gemeint ist damit der neue Weg zum Heil, den Jesus Christus durch sein Leben, Sterben und Auferstehen erschlossen hat, aber auch der Weg, den seine Jüngerinnen und Jünger in seiner Nachfolge gehen. Das Alte Testament, die Evangelien und die Apostelgeschichte sind voller «Weggeschichten» (z. B. Berufung Abrahams, Wanderung Israels aus Ägypten ins Gelobte Land, Jesu Weg nach Jerusalem, Emmaus-Geschichte, Reisen der Apostel) und so war es naheliegend, die Weg-Metapher auch für Zahlreiche Wege durchziehen Bibel und Heiliges Land: Wegstück nahe Nazareth (Foto: Wikimedia Commons). das Christentum insgesamt zu entdecken. Doch blieb der Begriff «Weg» stets mit Jesus Christus selbst und seinem eigenen Anspruch verbunden, der von sich sagt: «Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater ausser durch mich» (Johannes 14,6). Jesu Weg ist unser Weg Das Christentum ist also als Weggemeinschaft um Jesus Christus entstanden. Während der Zeit seines öffentlichen Wirkens hat er Menschen um sich gesammelt und aus

5 J AHRE S THEMA ihnen eine Lebens- und Glaubensgemeinschaft gebildet, die über eine punktuelle Weggemeinschaft hinausging. Der Apostelkreis sowie weitere Jüngerinnen und Jünger bildeten den «harten Kern» der neuen Bewegung, die auf der Basis des Judentums entstand und doch schon bald über dieses hinausgewachsen ist. Denn Jesus hat nach seiner Auferstehung dieser Kerngemeinschaft aufgetragen: «Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt» (Matthäus 28,19–20). Seither ist Jesu Weg auch der Weg all jener, die an ihn glauben. Und dieser Weg besteht darin, das Geschenk der Gotteskindschaft zu leben und Jesus in diesem Prozess immer ähnlicher zu werden. Das Christsein ist so selbst zum Weg geworden hin zu einem Leben in Fülle – in Gemeinschaft mit Gott und den Menschen. Das Wesen der Kirche Es gehört zur Geschichte der Kirche, dass das Selbstverständnis des Unterwegsseins im Laufe der Zeit der Institutionalisierung gewichen ist. Nach den ersten drei Jahrhunderten der Verfolgung durch die Machthaber des Römischen Reichs und der dadurch (überlebens-)notwendigen Flexibilität und Ungebundenheit trat mit der Anerkennung als erlaubte Religion (im Jahr 311 durch Kaiser Konstantin I.) und der Einführung als Staatsreligion (im Jahr 380 durch Kaiser Theodosius I.) eine Institutionalisierung ein, welche die Kirche durch die kommenden Jahrhunderte bis heute geprägt hat. Mit der äusseren Form hat sich dann auch das Selbstverständnis der Kirche gewandelt. Es ist das Verdienst des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965), die Kirche als «Weggemeinschaft» wieder entdeckt zu haben. Dies ist ihm vor allem mit Hilfe des Bildes vom «Volk Gottes» gelungen. Dieses neue, aus der Tradition genährte Selbstverständis kommt dadurch zum Ausdruck, dass in der Kirchenkonstitution «Lumen Gentium» das dem «Volk Gottes» gewidmete zweite Kapitel dem dritten Kapitel über die «Hierarchische Verfassung der Kirche» vorangestellt ist. Pilgern als Metapher für Kirche-Sein Das vom Zweiten Vatikanischen Konzil verwendete Bild der Kirche als «pilgerndes Volk Gottes» geht auf den heiligen Augustinus (354–430) zurück. Diese Metapher hat in den Jahren nach dem Konzil eine reiche Fruchtbarkeit entfaltet. In einer damals geschaffenen Präfation (Eröffnung des Eucharistischen Hochgebets in der Messfeier) Pilger bei der St.Gangulfkapelle auf einer Darstellung aus dem 19. Jahrhundert (Foto: zVg). Eine lebendige und farbenfrohe Pilgerschar: Einzug der Tamilenwallfahrt im Juni 2022 (Foto: zVg).

6 J AHRE S THEMA spricht oder singt der Priester im Namen der Gemeinde folgende Worte, die an Gott gerichtet sind: «Einst hast du Israel, dein Volk, mit starker Hand durch die weglose Wüste geleitet. Heute führst du deine pilgernde Kirche in der Kraft des Heiligen Geistes. Du bahnst ihr den Weg durch diese Zeit in die ewige Freude deines Reiches durch unseren Herrn Jesus Christus». Das darin ausgedrückte Selbstverständnis der Kirche ist also Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils. Während über Jahrhunderte die Versuchung bestand, die Kirche selbst schon als «Reich Gottes auf Erden» zu verstehen, haben die Konzilsväter in Rom daran erinnert, dass die Kirche zwar «Keim und Anfang dieses Reiches auf Erden» darstellt, dass sie aber auch selbst dorthin unterwegs ist – und dabei stets der Reinigung und der Erneuerung bedarf. Pilgern und Wallfahren Und hier können wir eine Verbindung zum Wallfahren herstellen. Die Wallfahrt ist per Definition ein «Gemeinschaftsunternehmen»: Während der Pilger alleine oder in Kleingruppen unterwegs ist, hat bei einer Wallfahrt eine grössere Gruppe ein gemeinsames Ziel. Auch die Wallfahrt kannte die kirchliche Selbstdarstellung durch klar geordnete, pompöse Einzüge in dieWallfahrtskirche, durch festlich gestaltete und eine hierarchisch strukturierte Kirche repräsentierende Gottesdienste. Diese Zeiten sind heute aber (meist) vorbei. Die notwendige Abkehr von einem selbstgenügsamen, ja vielleicht sogar triumphalistischen Kirchenbild wird durch die derzeitige Entwicklung beschleunigt. Und hier kommt das Selbstverständnis des Pilgerns zum Zug, respektive zum Leuchten: Der Pilger oder die Pilgerin ist jemand, der nach dem ursprünglichen Wortsinn «in die Fremde geht». Auch der gläubige Mensch ist jemand, der sich oft jenseits des schützenden Rahmens einer bergenden Glaubensgemeinschaft bewegt. Das säkulare, oft auch sehr kirchenkritische Umfeld ist das «weite Feld», wo das eigene Glaubenszeugnis gefragt ist. Wesen und Aufgabe eines Wallfahrtsortes Am 30. Mai 2022 fand in Einsiedeln die Synodale Versammlung Schweiz mit rund hundert Teilnehmenden aus allen Bistümern der Schweiz statt. Auch unser Kloster war als Territorialabtei neben Abt Urban durch zwei weitere Mitbrüder vertreten. Dass ausgerechnet das Kloster Einsiedeln als grösster Wallfahrtsort des Landes für das nationale Treffen ausgewählt worden ist, war kein Zufall, denken wir nur an die Tage vor dem Pfingstereignis, als sich die Apostel um die Mutter Jesu im Gebet versammelt haben. Marienwallfahrtsorte wie Einsiedeln sind in besonderer Weise durch die mütterliche Gegenwart der Jungfrau Maria geprägt. Sie nimmt uns mit auf den Pilgerweg des Glaubens, den sie selber gegangen ist. DochMarienverehrung ist kein Selbstzweck: Maria verweist stets auf Jesus Christus, die Mitte unseres Glaubens. Somit konnte es fast keinen besseren Veranstaltungsort für die Synodale Versammlung Schweiz geben, denn Maria verweist nicht nur auf Christus, sondern ist zugleich auch Bild für die Kirche. Früher – und manchmal noch heute – gehören feierliche Einzüge zu grossen Wallfahrten. Hier die Zürcher Wallfahrt 1953 (Foto: Klosterarchiv Einsiedeln).

7 J AHRE S THEMA Maria und die Kirche Im ersten Kapitel der Apostelgeschichte lesenwir, wie sich die Jüngergemeinschaft um Maria, die Mutter Jesu, im Obergemach versammelt hat. In ihrer Mitte erfüllt Maria nun die mütterliche Aufgabe, jene ersten Christen zu erziehen – nicht einzeln, sondern als Gemeinschaft, als Kirche. Doch Maria und die Kirche gehören schon vor dem Pfingstereignis zusammen. Man könnte darum sagen, dass das bedingungslose Jawort Marias bei der Verkündigung des Engels der Ausgangspunkt für das richtige Verständnis der Kirche ist. Wie das Leben Marias so wird auch die Kirche dann am fruchtbarsten, wenn sie sich vollkommen Gott zur Verfügung stellt. Maria ist nicht nur ein ideales Modell der Kirche, sondern die vollkommen und unüberbietbar verwirklichte Idee der Kirche. In der heutigen Zeit, wo umdas richtige Verhältnis vonMann und Frau in der Kirche gerungen wird, macht der Theologe Hans Urs von Balthasar (1905– 1988) zurecht darauf aufmerksam: «Die Kirche war in ihr schon da, ehe die Männer ins Amt eingesetzt wurden». So war es nur konsequent, dass Papst Paul VI. am 21. November 1964, beim festlichen Gottesdienst zum Abschluss der dritten Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils, die selige Jungfrau Maria zur «Mutter der Kirche» erklärte. Vom Churer Diözesanpriester und Domherrn Hans Rossi (1922–2005) stammen dazu folgende bedenkenswerte Worte: «Die Kirche ist marianisch – oder sie ist nicht Kirche. Das heisst: Die Kirche verwirklicht all das, was wir von Maria kennen – oder sie ist nicht Kirche. Sie kann nicht Kirche sein in maskulinem Aktivismus, in Management, das alles in den Griff kriegt, in intellektuellem Formalismus und seelenloser Routine, in steriler Sorge um Strukturen, in der Sucht nach Selbstdarstellung und Erfolg. Es gibt keinen stärkeren Imperativ zur immerwährenden Erneuerung der Kirche als Maria, die Mutter der Kirche». Die Schwarze Madonna im sogenannten Damaszener-Kleid aus dem Jahr 1973 (Foto: zVg).

8 J AHRE S THEMA Wie sieht es in Einsiedeln mit der «Synodalität» aus? Um eines gleich vorweg zu nehmen: Wir erheben nicht den Anspruch, im Einsiedler Wallfahrtsbüro in besonders vorbildlicher Weise Synodalität zu leben. Aber wir blicken dankbar auf bereits Erreichtes zurück. Dazu gehört eine Art der Zusammenarbeit zwischen Frau und Mann, welche anderswo so noch nicht erreicht ist. Die Verantwortung für den Einsiedler Wallfahrtsbetrieb tragen miteinander drei Mönche und zwei Mitarbeiterinnen. Wichtige, grundsätzliche Fragen werden im fünfköpfigen Wallfahrtsteam besprochen, während das Tagesgeschäft von der Wallfahrtsadministratorin Marlis Birchler und Wallfahrtspater Philipp Steiner begleitet wird. Dass Kleriker und Mitarbeiterinnen derart eng und auf Augenhöhe zusammenarbeiten, ist im Blick auf andere Wallfahrtsorte keineswegs normal. Selbst an Marienwallfahrtsorten ist es leider nicht selbstverständlich, dass sich Frauen in der Leitungsebene einbringen können und diese Gnadenorte mitgestalten können! Dabei wären die Frauen ja geradezu dafür prädestiniert, die spezifisch weibliche Seite an den der Gottesmutter Maria geweihten HeiligEine synodale Kirche zeigt sich auch vor Ort in der Zusammenarbeit von Mann und Frau: Marlis Birchler und Pater Philipp bei der Planung einer Wallfahrt (Foto: zVg). tümern einzubringen – nicht anstelle der Priester, sondern mit ihnen zusammen. Doch an anderer Stelle haben wir in Einsiedeln sicher noch Luft nach oben. Dies zeigt sich auch daran, dass das StandardGottesdienstprogramm noch wesentlich von einer Versorger- resp. Konsummentalität geprägt ist: Die Mönche bieten etwas an, die Gläubigen machen davon Gebrauch – oder eben nicht. Hier gäbe es bestimmt noch viel Potential, die Bedürfnisse der Pilgerinnen und Pilger, aber auch die der treuen «Stammkundschaft» besser zu berücksichtigen. Hier versuchen wir in naher Zukunft einen gemeinsamen Schritt hin zu mehr Synodalität zu wagen. Wallfahrt als Gradmesser Dass die Wallfahrt und das Pilgern nicht nur Symbol für das Kirche-Sein heute, sondern auch in direktem Bezug zu diesem stehen, zeigt sich daran, dass sich im Wallfahrtsbetrieb die Kirche heute auch ganz konkret abbildet. Die veschiedenen Wallfahrten werden so zu einer Art «Gradmesser» für die Situation der Kirche in unserer Zeit. Da gibt es Traditionsabbrüche bei Wallfahrten, die nach vielen Jahrzehnten eingestellt werden müssen, aber auch Neuaufbrüche, wenn neue Wallfahrten entstehen und neue Initativen ergriffen werden. Es ist zu beobachten, dass Wallfahrten, die von einer breit abgestützten Gruppe getragen werden und auf die – oft sehr vielfältigen – Bedürfnisse der Pilgernden eingehen, eine grössere Vitalität ausstrahlen als Wallfahrten, die von einem einzel- nen Organisator verantwortet werden. Wenn das Leben in den Pfarreien vor Ort nicht von einer Gemeinschaft getragenwird, dann ist auch die damit verbundene Wallfahrt früher oder später am Ende. Das isolierte Traditionsargument trägt heute nicht mehr. Hier kommt auch der Wallfahrtsort Einsiedeln an seine Grenzen, der von seinem Selbstverständnis her eine «Geh-Hin-Kirche» ist und vom Engagement anderer abhängt.

9 WALLFAHRT J AHRE S THEMA Möge die Gottesmutter Maria, Unsere Liebe Frau von Einsiedeln, durch ihr Mitbeten und Mitgehen uns helfen, dass sich die Kirche neu wiederentdeckt in der Weggemeinschaft Jesu und dass auch in Einsiedeln viele Menschen erfahren dürfen: «Kirche entsteht im Gehen». Pater Philipp Steiner Beten um den «Weg des Friedens» Gerne möchte ich diesen Beitrag schliessen mit einem Abschnitt des eigens für das Wallfahrtsjahr 2023 verfassten Mariengebets. Im Blick auf den Krieg in der Ukraine und den Synodalen Prozess haben wir dafür das passende Motto gewählt: «Auf dem Weg des Friedens» (Lukas 1,79). Im ersten Teil des Gebets wendet sich der oder die Betende an Maria als «Königin des Friedens» und bittet um Frieden für alle Menschen. Im zweiten Teil des Gebets richtet sich das Gebet an Maria als «Mutter der Kirche». Dort heisst es im Blick auf den Synodalen Prozess: «Jungfrau Maria, inmitten einer Kirche, die um ein neues Miteinander ringt, wenden wir uns an dich, denn du bist die Mutter der Kirche. Hilf uns, gemeinsam unterwegs zu sein und den Willen deines Sohnes zu erfüllen, der sich nichts sehnlicher wünscht als die Einheit jener, die an ihn glauben». Die Wallfahrt der Bezirke Schwyz, Küssnacht und Gersau ist eine der traditionsreichen Wallfahrten. Beim Einzug werden die Fahnen der Pfarreien mitgetragen (Foto: Jean-Marie-Duvoisin).

10 WALLFAHRT JUNI Gebetsmeinung Weltkirche Beten wir, dass die internationale Gemeinschaft sich zu konkreten Schritten zur Abschaffung der Folter verpflichtet und den Opfern, sowie ihren Familien, Hilfe zusichert. Kirche Schweiz Die Komplexität unserer sich verändernden Lebenswelt verändert auch die Kirche. Wir bitten Gott um den Mut zu Veränderungen und die Gabe der Unterscheidung zwischen dem, was die Kirche in Treue zu ihrem Ursprung bewahren muss, und dem Zeitbedingten, das sie verabschieden darf. Liturgischer Kalender für den Juni und Juli 1. Do Hl. Justinus († um 165) Philosoph, Märtyrer 2. Fr Herz-Jesu-Freitag 3. Sa Karl Lwanga und Gefährten (†1886) Märtyrer 4. So Dreifaltigkeitssonntag 5. Mo Hl. Bonifatius (†754) Bischof, Märtyrer 8. Do Hochfest Fronleichnam 11. So 10. Sonntag im Jahreskreis Hl. Barnabas Apostel 13. Di Hl. Antonius von Padua (†1231) Ordenspriester, Kirchenlehrer Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 16. Fr Hochfest Herz Jesu 18. So 11. Sonntag im Jahreskreis 19. Mo Hl. Romuald (†1027) Mönch, Ordensgründer 21. Mi Aloisius Gonzaga (†1591) Ordensmann 24. Sa Hochfest der Geburt Johannes des Täufers 25. So 12. Sonntag im Jahreskreis 28. Mi Irenäus von Lyon (†202) Bischof, Märtyrer 29. Do Hochfest der heiligen Petrus und Paulus, Apostel

11 WALLFAHRT 29. Sa Hl. Marta, Maria und Lazarus Gastfreunde des Herrn 30. So 17. Sonntag Im Jahreskreis 31. Mo Hl. Ignatius von Loyola (†1556) Priester und Ordensgründer JULI Gebetsmeinung Weltkirche Beten wir, dass Katholikinnen und Katholiken die Feier der Eucharistie zur Mitte ihres Lebens machen, welche die menschlichen Beziehungen in tiefer Weise wandelt und zur Begegnung mit Gott und allen ihren Schwestern und Brüdern öffnet. Kirche Schweiz Ferien sollen eine belebende Auszeit sein. Wir bitten Gott um die Gabe des Loslassens für alle, die sich im Hamsterrad ihres Berufslebens drehen, und um das Geschenk der tiefen Regeneration für alle, die nicht in Ferien gehen können. 2. So 13. Sonntag im Jahreskreis Mariä Heimsuchung 3. Mo Fest Hl. Thomas Apostel 4. Di Ulrich von Augsburg (†973) Bischof 7. Fr Herz-Jesu-Freitag 9. So 14. Sonntag im Jahreskreis 11. Di Fest Hl. Benedikt (†547) Abt, Schutzpatron Europas 13. Do Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 15. Sa Hl. Bonaventura (†1274) O rdensmann, Bischof, Kirchenlehrer 16. So Hochfest U nsere Liebe Frau von Einsiedeln 22. Sa Fest Hl. Maria Magdalena 23. So 16. Sonntag im Jahreskreis Fest H l. Birgitta von Schweden (†1373) Ordensgründerin, Mitpatronin Europas 25. Di Fest Jakobus der Ältere Apostel 26. Mi Hl. Joachim und Hl. Anna Eltern Marias

12 WALLFAHRT Fr 2. Herz-Jesu-Freitag 20.00 Uhr Feierliche Herz-Jesu-Komplet KK Mi 7. Fronleichnam – Vorabend 16.30 Uhr Vesper mit Eucharistischer Aussetzung KK 20.00 Uhr Komplet mit Eucharistischer Aussetzung KK Do 8. Fronleichnam 08.00 Uhr Keine Eucharistiefeier 08.30 Uhr Feierliches Pontifikalamt KK a nschl. Eucharist. Prozession KP 15.30 Uhr Spirituelle Führung «Heilsgeschichte im Bild» KK JUNI Gottesdienste in Einsiedeln Abkürzungen: KK Klosterkirche, GK Gnadenkapelle, MK Magdalenenkapelle, BK Beichtkirche, UK Unterkirche KP Klosterplatz 16.30 Uhr Vesper mit Eucharistischer Aussetzung KK 20.00 Uhr Komplet mit Eucharistischer Aussetzung KK So 11. Sonntag nach Fronleichnam 09.30 Uhr Feierliches Konventamt KK 16.30 Uhr Vesper mit Eucharistischer Aussetzung KK a nschl. Eucharist. Prozession GK Di 13. Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 16.00 Uhr Andacht mit Eucharist. Segen UK Mi 14. Todestag des Ehrw. Dieners Gottes Br. Meinrad Eugster 09.30 Uhr Eucharistiefeier in Erinnerung an Bruder Meinrad (1848–1925) GK a nschl. Gebet am Grab von Bruder Meinrad 18.05 Uhr Rosenkranzgebet um die Seligsprechung von Br. Meinrad GK Fr 16. Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu 11.15 Uhr Feierliches Konventamt KK 16.30 Uhr Vesper mit Eucharistischer Aussetzung KK 18.10 Uhr Rosenkranz für die Priester GK 20.00 Uhr Feierliche Herz-Jesu-Komplet KK Sa 24. Hochfest der Geburt des hl. Johannes des Täufers 11.15 Uhr Feierliches Konventamt KK 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK Do 29. Hochfest der hll. Petrus und Paulus 11.15 Uhr Feierliches Konventamt KK 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK Fronleichnam in Einsiedeln Am Donnerstag, 8. Juni 2023 feiern wir das Hochfest des Leibes und Blutes Christi, kurz «Fronleichnam» genannt. Der Höhepunkt des Feiertages ist das festliche Pontifikalamt um08.30 Uhr mit anschliessender Prozession über den Klosterplatz (bei Schlechtwetter: in der Klosterkirche). Den Gottesdienst feiern Kloster und Pfarrei Einsiedeln gemeinsam. Etwas Besonderes ist auch die feierliche Pontifikalvesper mit Aussetzung des Allerheiligsten um 16.30 Uhr. Während in vielen Pfarreien an diesem Tag keine Eucharistiefeier und Prozession mehr möglich sind, bemühen wir uns in Einsiedeln um eine lebendige, glaubensfrohe und den Menschen von heute ansprechende Feier dieses grossen «Geheimnisses unseres Glaubens». Kommen Sie nach Einsiedeln und feiern Sie mit uns!

13 WALLFAHRT Fr 7. Herz-Jesu-Freitag 20.00 Uhr Feierliche Herz-Jesu-Komplet KK Di 11. Fest des hl. Benedikt, Patron Europas 11.15 Uhr Feierliches Konventamt 16.30 Uhr Feierliche Vesper 20.15 Uhr 1. Orgelkonzert KK Mi 13. Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 16.00 Uhr Andacht mit Eucharistischem Segen UK So 16. Hochfest Unserer Lieben Frau von Einsiedeln 09.30 Uhr Festliches Pontifikalamt KK 14.00 Uhr Pilgerandacht mit Rosenkranzgebet GK 16.30 Uhr Feierliche Pontifikalvesper KK Di 18. 20.15 Uhr 2. Orgelkonzert KK Di 25. Fest des hl. Jakobus 09.30 Uhr Begleiteter Pilgerweg Rapperswil-Einsiedeln 20.15 Uhr 3. Orgelkonzert KK JULI Gemeinsam unterwegs am Jakobustag Am Dienstag, 25. Juli, dem Fest des heiligen Apostels Jakobus, bieten wir ein gemeinsames Gehen auf dem Jakobsweg von Rapperswil nach Einsiedeln an. Der heilige Jakobus ist dank des weltbekannten Pilgerweges zu seinem Grab in Santiago de Compostela Patron der Pilgerinnen und Pilger. Impulse zum Wallfahrtsmotto 2023 «Auf dem Weg des Friedens» und zum Pilgern allgemein begleiten das gemeinsame Unterwegs-Sein. Um 09.30 Uhr Treffpunkt beim «Pilgerplätzli» am Beginn des Holzstegs nahe beim Bahnhof Rapperswil. Rechtzeitig zur Vesper der Mönche werden wir in Einsiedeln ankommen und so einen besinnlichen Ausklang der Pilgerwanderung erleben. Nach der Vesper besteht die Möglichkeit zur Mitfeier der Abendmesse in der Gnadenkapelle zu Ehren des heiligen Jakobus. Weitere Informationen und Infos zur Anmeldung zeitnah auf der Webseite www.kloster-einsiedeln.ch. Anmeldung und gute Kondition unbedingt erforderlich. Die gemeinsame Pilgerwanderung beginnt am 25. Juli beim Pilgersteg, führt über Pfäffikon SZ auf den Etzel-Pass und von dort nach Einsiedeln (Foto: zVg).

14 WALLFAHRT Seelsorge Beichtzeiten Sonn- und Feiertage: 08.30–09.15 /10.45–11.00 / 15.00–16.00 /17.00–18.00 Uhr Montag bis Samstag: 10.00–11.00 / 15.00–16.00 / 17.00–18.00 Uhr Das «Goldene Ohr» das.goldene.ohr@kloster-einsiedeln.ch Klosterkirche Ostern bis Allerheiligen: 6.00–21.00 Uhr Allerheiligen bis Ostern: 6.00–20.30 Uhr Segnung von Andachtsgegenständen Montag bis Samstag: 12.00 / 14.55 / 16.15 / 17.00 Uhr Sonn- und Feiertage: 10.45 / 12.00 / 14.55 / 16.15 / 17.00 Uhr Wallfahrtsinformationen Öffnungszeiten Kirchenpforte Montag bis Samstag: 09.00–11.00 / 13.30–16.15 / 17.00–18.00 Uhr Sonn- und Feiertage: 09.00–09.15 / 10.30–11.00 / 11.45–12.00 / 13.30–16.15 / 17.15–18.00 Uhr Wallfahrtsbüro Sie erreichen uns telefonisch von Montag bis Freitag 09.00–11.00 / 13.30–17.30 Uhr November bis Februar sowie während der Sommerferien: 09.00–11.00 Uhr Telefon: +41 (0)55 418 62 70 Fax: +41 (0)55 418 62 69 wallfahrt@kloster-einsiedeln.ch www.wallfahrt-einsiedeln.ch Klosterladen Sonn- und Feiertage: 10.45–16.30 Uhr Montag–Freitag: 10.00–12.00 Uhr / 13.30–17.30 Uhr Samstags: 10.00–16.30 Uhr Telefon: 055 418 64 71 www.klosterladen-einsiedeln.ch Gottesdienste in der Klosterkirche Werktage 06.15 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 07.15 Uhr Laudes 09.30 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 11.15 Uhr Konventmesse (Hauptaltar) 12.05 Uhr Mittagsgebet 16.30 Uhr Vesper/Salve Regina 17.30 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 18.05 Uhr Rosenkranzgebet 20.00 Uhr Komplet Sonn- und Feiertage 17.30 Uhr Vorabendmesse (Hauptaltar) 07.15 Uhr Laudes 08.00 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 09.30 Uhr Konventmesse (Hauptaltar) 11.00 Uhr Pilgermesse (Hauptaltar) 16.30 Uhr Vesper/Salve Regina 17.30 Uhr Eucharistiefeier (Hauptaltar/Gnadenkapelle) 18.15 Uhr Rosenkranzgebet 20.00 Uhr Komplet Bitte konsultieren Sie unsere Website: www.kloster-einsiedeln.ch

15 WALLFAHRT Wallfahrtstage grosser Pilgergruppen 2023 Auch während der Sommermonate finden viele kleinere und grössere Pilgergruppen ihren Weg zu Unserer Lieben Frau von Einsiedeln. Die grössten davon sind nachfolgend aufgelistet. Während der Sommerferien in den Monaten Juli und August machen auch die grossen Wallfahrtsgruppen «Sommerpause». Doch wir freuen uns gerade auch in jenen Wochen über zahlreiche Einzelpilger und Familien, die unser Marienheiligtum aufsuchen! Sie sind bei uns herzlich willkommen. Möge das gemeinsame Pilgern zur Gottesmutter Maria nach Einsiedeln – ganz nach dem Wallfahrtsmotto 2023 – ein gemeinsames Unterwegssein «auf dem Weg des Friedens» sein! Alle Gottesdienste finden jeweils in der Klosterkirche statt (ausser GK = Gnadenkapelle, OR = Oratorium). Juni Sa, 03. Juni Höfner Wallfahrt 08.00 Uhr Eucharistiefeier OR Sa, 03. Juni Seelsorgeeinheit Obersee 11.15 Uhr Mitfeier des Konventamtes 14.45 Uhr Kreuzweg OR Sa, 03. Juni 175-Jahr Jubiläum Corvina 14.00 Uhr Pontifikalamt So, 04. Juni Tschechen 12.30 Uhr Eucharistiefeier Sa, 10. Juni 57. Kroaten Wallfahrt 19.00 Uhr Pontifikalamt So, 11. Juni 57. Kroaten Wallfahrt 12.30 Uhr Pontifikalamt So, 18. Juni Tamilen Wallfahrt 12.30 Uhr Eucharistiefeier So, 25. Juni Seelsorgeeinheit Gaster 10.30 Uhr Eucharistiefeier OR 14.30 Uhr Andacht OR So, 25. Juni Glarner Landeswallfahrt 11.00 Uhr Mitfeier der Pilgermesse Mai Sa, 01. Juli Zürcher Wallfahrt 12.45 Uhr Eucharistiefeier Mi, 05. Juli Jurassier Wallfahrt 14.30 Uhr Eucharistiefeier 15.30 Uhr Andacht GK Sa. 29. Juli 25. Wallfahrt der Fahrenden 14.00 Uhr Eucharistiefeier Auch wenn wir hier nur die grössten Wallfahrten nach Einsiedeln auflisten können: Wir freuen uns über jede – noch so kleine – Gruppe, die nach Einsiedeln pilgert. Träumen Sie von einer eigenen Wallfahrt Ihrer Pfarrei oder Gebetsgruppe? Nehmen Sie mit uns Kontakt auf: wallfahrt@kloster-einsiedeln.ch. Wir freuen uns auf Sie!

16 WALLFAHRT Der Wallfahrtspater lädt ein Das Fest der Einsiedler Hausherrin Jedes Jahr am 16. Juli feiern wir das Hochfest Unserer Lieben Frau von Einsiedeln. Wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt, dann wird am darauffolgenden Sonntag nochmals richtig nachgefeiert. Dies erübrigt sich heuer, weil der 16. Juli auf einen Sonntag fällt – Grund genug also, ein besonderes Marienfest in Einsiedeln mitzufeiern. In der Gesamtkirche wird am 16. Juli der Gedenktag Unserer Lieben Frau auf dem Berge Karmel gefeiert. In Einsiedeln und in den deutschsprachigen Diözesen unseres Landes wird an jenem Tag die Gottesmut- ter Maria jedoch «gut schweizerisch» als «Unsere Liebe Frau von Einsiedeln» verehrt. Mehr als ein «Fest der Schwarzen Madonna» Für viele Gläubige ist die Gottesmutter Maria als Unsere Liebe Frau von Einsiedeln identisch mit der Schwarzen Madonna. Doch dies stimmt so nicht ganz. «Unsere Liebe Frau von Einsiedeln» ist der Titel, der Maria in ihrem Schweizer Heiligtum zukommt, die Schwarze Madonna hingegen ist das Kultobjekt, welches mit der Marienverehrung in Einsiedeln besonders verbunden ist. Theoretisch könnte man Titel und Gnadenbild auch voneinander trennen, doch gibt es keinerlei Notwendigkeit dafür. Vielmehr dürfen wir dankbar sein, dass die göttliche Vorsehung im Herzen unseres Landes einen Ort der Marienverehrung geschaffen hat und die Statue der «Schwarzen Madonna» die mütterliche Nähe und den zärtlichen Blick der Jungfrau Maria besonders erfahrbar macht. Ein Feiertag mit vollem Programm Da sich heuer eine sogenannte «äussere Feier» am darauffolgenden Sonntag erübrigt, wird am 16. Juli nicht nur das feierliche Pontifikalamt um 09.30 Uhr, sondern auch das Chorgebet von uns Mönchen zu Ehren der Einsiedler Muttergottes gefeiert. Dadurch werden an diesem Tag jahrhundertealte Texte aus der Heiligen Schrift und der liturgischen Tradition der Kirche zu hören sein, welche auch in die 2021 geschaffene «Novene zu Unserer Lieben Frau von Einsiedeln» eingeflossen sind. Diese Novene bereitet ab dem 7. Juli während neun Tagen auf das Hochfest vor und kann beim Schriftenstand und im Klosterlanden bezogen werden. Neben der feierlichen Pontifikalvesper um 16.30 Uhr lohnt sich auch die Mitfeier der Pilgerandacht mit Rosenkranzgebet bei der Gnadenkapelle um 14.00 Uhr. Die übrigen Gottesdienste folgen der üblichen Sonntagsordnung. Pater Philipp Steiner Eine Besonderheit des Einsiedler Gnadenbildes ist die Tatsache, dass die Gottesmutter Maria nicht das Jesuskind, sondern den/die Betrachter/in anblickt. (Foto: Jean-Marie Duvoisin).

17 WALLFAHRT «Sommerkloster» Spirituelle Ferien bei den Mönchen für 18- bis 35jährige Männer eine Woche im August Weitere Informationen und Anmeldemöglichkeit: www.kloster-einsiedeln.ch/sommerkloster

18 WALLFAHRT Zur Chrisam-Salbung bei der Firmung spricht der Bischof: «N(ame), sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist.» Diese Spendeformel wurde nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) neu eingeführt. Vorher hiess es: «Ich besiegle dich mit dem Zeichen des Kreuzes und firme dich mit dem Chrisam des Heiles. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.» Doch neu ist die neue Spendeformel nicht. Sie lehnt sich nämlich an die Worte eines Jerusalemer Bischofs Ende des 4. Jahrhunderts an: «Siegel der Gabe des Heiligen Geistes». Diese Worte werden noch heute im byzantinischen Ritus verwendet. Die neuen katholischen Spendeworte sind also auch ein kleines ökumenisches Zeichen. Als Papst Paul VI. die Formel einführte, leiteten ihn zwei Wünsche: Das Sakrament der Firmung ist eine besondere Gabe Gottes, ein Geschenk - das sollte auch ins Wort gebracht werden. Diese Gabe ist der Heilige Geist, der am 50. Tag nach Ostern, das ist an Pfingsten, auf die in Jerusalem versammelten Apostel herabkam. Was einst in biblischer Zeit geschah, ereignet sich heute, wenn Christen Gottesdienst feiern: Wer gefirmt wird, empfängt diesen pfingstlichen Geist. Die neue Formel sollte also stärker an das Pfingstfest erinnern. Wenn der Bischof ein rotes Messgewand wählt, unterstreicht er den Pfingstcharakter nochmals. (Quelle: Gunda Brüske / Josef-Anton Willa (Hg.), Im Namen ... Amen. Liturgie in Stichworten. Paulusverlag, Freiburg Schweiz, 2012) Liturgisches Grundwissen «Sei besiegelt» Mit freundlicher Genehmigung des Liturgischen Institutes der deutschsprachigen Schweiz, Fribourg, www.liturgie.ch Firmung 2014 in Čeština (Tschechien), der Firmling wird vom Firmpaten unterstützt (Foto: Jiří Bubeníček/Wikimedia).

Selbst im «stummen» Zitronenfalter schläft das Lied des Lebens (Foto: Eberhard Pfeuffer). 19 Haben Sie gewusst, dass ... … dass etwas ganz Kleines grosse Möglichkeiten öffnen kann? Stellen Sie sich vor, Sie seien in einem kleinen, engen Raum, fühlen sich unwohl, eingeschränkt. Aber Ihre Sehnsucht nach Aussicht, Weite, Freiheit, Ausbrechen aus dem engen Raum ist lebendig. Der enge Raum wird weit durch den Traum von Freiheit. Was sprachlich so nahe beieinander liegt – nur durch einen Buchstaben getrennt – öffnet eine Welt! Die Enge und das Gefühl, eingeschlossen zu sein, kennen wir alle gut. Der beständig gleich empfundene Tagesablauf mit oft langweiliger, ermüdender Arbeit und Frustration, mit wenig Abwechslung kommt uns farblos, uninteressant vor. Was können wir dagegen tun, damit wir nicht im engen Raum selber eng werden, zwar gut funktionieren und entsprechend honoriert werden, aber doch nicht erfüllt sind? Eine Strophe des Dichters Josef von Eichendorff kann helfen: Schläft ein Lied in allen Dingen, / die da träumen fort und fort, / und dieWelt hebt an zu singen, / triffst du nur das Zauberwort. Aber was ist das «Zauberwort», das den Alltag zum Singen bringt? In allen Dingen, sagt Eichendorff, schläft ein Lied. Jede Aufgabe, jede Begegnung, jede Erfahrung hat mehrere Seiten. Und das Zauberwort, das die Sache zum Singen bringt, meine ich, kann das Interesse sein. Allem, dem ich mit Interesse begegne, verleihe ich Bedeutung. Unter Interesse (von lateinisch interesse «dazwischen sein», «dabei sein») versteht man die Anteilnahme respektive die Aufmerksamkeit, die eine Person an einer Sache oder einer anderen Person nimmt. Das Wort Anteilnahme verbinden wir vor allem mit dem Unglück, das einen anderen Menschen trifft. Sein Leid wird ein Teil von uns. Doch Anteilnahme im Sinn von Aufmerksamkeit, Interesse und Neugier können wir allem entgegenbringen, wenn wir uns bewusst machen, dass es über uns hinausgeht. Durch das Zauberwort des Interesses wird auch ein enger Raum kostbar und weit wie ein befreiender Traum. Pater Alois Kurmann

20 KLOS TER E INS I EDELN Psalm 27 1 Der Herr ist mein Licht und mein Heil: Vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist die Zuflucht meines Lebens: Vor wem sollte mir bangen? 2 Dringen Böse auf mich ein, um mein Fleisch zu verschlingen, meine Bedränger und Feinde; sie sind gestrauchelt und gefallen. 3 Mag ein Heer mich belagern: Mein Herz wird nicht verzagen. Mag Krieg gegen mich toben: Ich bleibe dennoch voll Zuversicht. 4 Eines habe ich vom Herrn erfragt, dieses erbitte ich: im Haus des Herrn zu wohnen alle Tage meines Lebens; die Freundlichkeit des Herrn zu schauen und nachzusinnen in seinem Tempel. 5 Denn er birgt mich in seiner Hütte am Tag des Unheils; er beschirmt mich im Versteck seines Zeltes, er habt mich empor auf einen Felsen. 6 Nun kann sich mein Haupt erheben über die Feinde, die mich umringen. So will ich Opfer darbringen in seinem Zelt, Opfer mit Jubel, dem Herrn will ich singen und spielen. 7 Höre, Herr, meine Stimme, wenn ich rufe, sei mir gnädig und gib mir Antwort! 8 Mein Herz denkt an dich: Suchet mein Angesicht! Dein Angesicht, Herr, will ich suchen. 9 Verbirg nicht dein Angesicht vor mir: weise deinen Knecht im Zorn nicht ab! Du wurdest meine Hilfe. Verstoss mich nicht, verlass mich nicht, du Gott meines Heils! 10 Wenn mich auch Vater und Mutter verlassen, der Herr nimmt mich auf. 11 Weise mir, Herr, deinen Weg, leite mich auf ebener Bahn wegen meiner Feinde! 12 Gib mich nicht meinen gierigen Gegnern preis, denn falsche Zeugen standen gegen mich auf und wüten! 13 Ich aber bin gewiss, zu schauen die Güte des Herrn im Land der Lebenden. 14 Hoffe auf den Herrn, sei stark und fest in deinem Herz! Und hoffe auf den Herrn!

21 KLOS TER E INS I EDELN Gott «die Zuflucht meines Lebens» ist. Wir nehmen schon voraus, dass die Feinde gestrauchelt und gefallen sind, dass mein Herz nicht verzagen wird. Wir stärken uns in der Zuversicht, dass wir alle Tage unseres Lebens «die Freundlichkeit des Herrn» schauen, dass wir unser Haupt erheben können, dass wir Opfer mit Jubel darbringen und dem Herrn «singen und spielen» dürfen. In diesem tiefen Vertrauen können und müssen wir im zweiten Teil des Gebetes auf das gefasst sein, was auf uns zukommt, auch wenn es schwer sein wird, wenn ich von allen, auch den Vertrautesten, Vater und Mutter, verlassen werde, wenn ich das Gefühl habe, Gott habe sein Gesicht verborgen, habe sich im Zorn von mir abgewandt Über das, was auf uns zukommt, schauen wir schon hoffend hinaus in der Gewissheit, dass wir die Güte Gottes schauen werden. Darum können wir uns in der Hoffnung stärken, uns ermutigen, im Herzen fest zu sein, auf Gott zu hoffen. Der scheinbar aus zwei unverbundenen Teilen zusammengesetzte Psalm ist ein eindrückliches Modell glaubenden Gebetes: Über alles, was uns begegnen kann, was uns an Bösem treffen kann, ist das grosse Vertrauen gespannt, dass wir nie von Gott verlassen sein werden. Ist das Vertröstung, Illusion, Utopie, die ich leichtfertig hersagen kann, solange es gut geht? Dann würde ich den Psalm nicht wirklich beten. Jedes ehrliche Gebet, auch das schönste Gebet des Vertrauens und des Lobes, geschieht immer in der Wirklichkeit, die ich nie vergessen darf: Media vita in morte sumus «Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben.» Pater Alois Kurmann Die Reihenfolge «Vertrauen und Klage» ist seltsam, ungewohnt. Geläufiger ist uns, dass zuerst geklagt wird und daraus dann Vertrauen wächst. In diesem Psalm ist es anders: Die Verse 1–6 sind getragen von Sicherheit, Überzeugung, geborgen zu sein, Dank und Jubel über den rettenden Gott. Die Verse 7–13 bringen unvermittelt Klagen des Beters, der das Gefühl hat, Gottes Zorn zu erfahren, verstossen zu sein von Vater und Mutter, Gegnern ausgeliefert und von falschen Zeugen angeklagt zu sein. Erst die Verse 13 und 14 sind wieder von Vertrauen getragen: Der Beter ist erfüllt von der Überzeugung, Gottes Güte im «Land der Lebenden» zu erfahren und spricht sich selber Mut zu: «sei stark und fest in deinem Herz!» Es hat Bibelwissenschaftler gegeben, die vertraten, dass dieser Psalm aus zwei Psalmen zusammengesetzt sei, die eigentlich nicht zusammengehören, eben aus einem Psalm, der ein dankbares Gebet eines Menschen ist, der im Tempel seine Freude über Gottes Freundlichkeit und frohmachende Gegenwart ausdrückt und einem Psalm, der in grosser Not seine Klage ausspricht. Aber ein anderer Erklärer sagt. «Beiden (Teilen) gemeinsam ist die von bösartigen Feinden noch drohende Gefahr, das rückhaltlose Gottvertrauen und die Sehnsucht nach Gottes Nähe.» Die «noch drohende Gefahr» ist für uns Betende eine starke Hilfe beimBeten dieses Psalms. Wir wappnen uns gleichsam durch Beten gegen das, was auf uns zukommt, wir stärken uns mit denWorten und Bildern für das, was immer eintreffen kann. Wir versichern uns, dass Gott immer «mein Licht und mein Halt» ist und sein wird, was auch kommen mag. Wir versichern uns, dass Ungewohnte Reihenfolge Vertrauen und Klage

22 KLOS TER E INS I EDELN Beim Begrüssungskaffee lernten die ungefähr dreissig Anwesenden Gabi Kargermeier kennen, die neu imOblatensekretariat tätig ist. Sie erfuhren, dass die Exerzitien im Herbst von Pater Mauritius Honegger geleitet werden und die Herausforderungen im Leben des hl. Benedikt zum Thema haben. Im Kloster wurde das neue Kalligraphieatelier eingeweiht, in dem seither schon drei Kurse stattgefunden haben. Das Konventamt war mit den beiden Oblationen ein spezielles Erlebnis. Ähnlich wie die Mönche beim Eintritt ins Kloster verspricht man bei der Oblation, im Alltag im Geiste der Regel des hl. Benedikt und in Gemeinschaft mit dem Kloster Einsiedeln Gott zu suchen, Christus nachzufolgen und das Evangelium zu leben. Wir wünschen unseren neuen Mitgliedern Gottes reichen Segen und freuen uns über ihre Entscheidung. Nach dem wie immer feinen Mittagessen aus der Klosterküche und dem Gebet für die abwesenden oder kranken Oblatinnen und Oblaten konzentrierten wir uns auf die Ausführungen von Pater Jean-Sébastien über das liturgische Jahr. Die Riten im liturgischen Jahr sind erst spät entstanden, denn das Christentum ist eine Religion des Wortes – des Wortes von Jesus, dem Sohn Gottes. Seine Worte wurden erst nach seinem Tod zuerst in Briefen aufgezeichnet. An der 3. Synode von Karthago wurde festgelegt, welche Schriften ins Neue Testament aufgenommen werden. Der Sinn der Liturgie ist es, Gemeinschaft zu erleben, das heisst Liebe zu empfangen und weiterzugeben. Unsere Zeit ist bemessen, von der Geburt bis zum Tod. Diese Spanne wird auf das Jahr übertragen und jedes Jahr wiederholt, so dass sich eine Spirale bildet, die in die Ewigkeit vordringt. Die Feste im Jahreskreis haben sich erst mit der Zeit entwickelt. Denn der «Neue Weg», wie die Christen anfänglich genannt wurden, war zuerst eine Erneuerungsbewegung innerhalb des Judentums, die glaubte, dass Jesus der Messias sei. Seine Worte wurdenweitergesagt, auch Nichtjuden (Heiden) wurden aufgenommen. Als im Konzil von Jerusalem beschlossen wurde, dass sie nicht Frühlingstagung der Oblatengemeinschaft Einsiedeln Zwei Neuoblationen und das liturgische Jahr Die zwei Kandidaten legen vor Abt Urban und der Klostergemeinschaft ihr Oblationsversprechen ab (Foto: Regina Käppeli). Am 18. März 2022 trafen sich die Oblatinnen und Oblaten zum Konventamt mit der Klostergemeinschaft, in dem zwei Kandidierende ihre Oblation ablegten. Am Nachmittag erklärte Pater Jean-Sébastien Charrière das liturgische Jahr und seine Entstehung.

23 KLOS TER E INS I EDELN beschnitten werden mussten, und im Jahr 70 der Tempel in Jerusalem zerstört wurde, trafen sich die Juden in der Synagoge und die Urkirche in Hausgemeinschaften, später in Kirchen. Als erstes Fest wurde im 1. Jahrhundert n. Chr. Ostern gefeiert und der Sonntag als das «kleine Ostern» am 1. Tag der Woche. Die Feste wurden anstelle der vorchristlichen Festtage zur Wintersonnenwende (Weihnachten), Frühlingsanfang (Ostern) oder Sommersonnenwende (Johannistag) im Jahr positioniert. Die Texte der Evangelien, Kerzen (Licht) und Weihrauch gehörten mit der Zeit zur Liturgie des Sonntags. Es entwickelte sich eine Tradition für die Feier von Ostern und des Sonntagsgottesdienstes. Diese wurde in den folgenden Jahrhunderten durch verschiedene neue Bräuche erweitert. So erfuhr die Oblatengemeinschaft, dass die Feiern im Jahreskreis sich im Lauf der Zeit zur heutigen Form entwickelt haben. Sie werden aber nicht überall identisch gefeiert und auch weiter Anpassungen erleben. Von Jesus stammen die Worte, sie werden weitergegeben. Die Form der Feiern aber ist menschengemacht – hoffentlich in dem Geist, dass sie das Wort gut weitergeben können. Regina Käppeli Die Feste im Jahreskreis (Grafik zVg).

24 KLOS TER E INS I EDELN Das Europakloster Gut Aich war für mich ein ziemlich unbeschriebenes Blatt, bevor meine Oberen mir im Herbst 2022 hier eine mehrmonatige Auszeit angeboten haben. Aus Einsiedeln, einem grossen und uralten Benediktinerkloster der Schweiz mit zurzeit vierzig Mönchen stammend, kam ich hier in eine ganz kleine und erst dreissigjährige Gemeinschaft. Doch bereits am ersten Tag habe ich in der Person des Bischofs Wolfgang von Regensburg einen Heiligen entdeckt, der in beiden Klöstern beheimatet ist und verehrt wird. Spannendes Detail: Wolfgang trat im Jahre 965 mit vierzig Jahren in das Kloster Einsiedeln ein. Einsiedeln war damals nur ein Jahr älter als Gut Aich heute, nämlich 31 Jahre. Könnte man also Einsiedeln das Gut Aich des 10. Jahrhunderts nennen? Jedenfalls drang sein Ruf als strenges Kloster bis ins ferne Trier, wo Wolfgang die Domschule leitete und Dekan des Domkapitels war. In Einsiedeln wurde Wolfgang durch Ulrich von Augsburg zum Priester geweiht. Aber dem jungen Kloster blieb sein neuer Leiter der Klosterschule leider nicht lange erhalten. Bereits 971 verliess Wolfgang das Kloster im Finsteren Wald, um als Missionar zu den Ungarn zu gehen. Ist es anmassend, wenn ich ihn trotzdem als meinen Mitbruder betrachte, obwohl er nur sechs Jahre in Einsiedeln lebte und nie mehr dorthin zurückkam? In aller Bescheidenheit möchte ich anfügen, dass ich genau tausend Jahre nach ihm eingetreten und bald einmal sechzig Jahre hiergeblieben bin. In Gut Aich ist mir der heilige Wolfgang nahezu real wieder begegnet. Im hufeisenförmig gestalteten Chorgestühl in der Klosterkirche befindet sich eine aus Holz geschnitzte Mönchsfigur, welche meinen Einsiedler Mitbruder darstellt. Wenn ich jeweils mit den Gut Aicher Mönchen am Chorgebet teilnahm, wiesen sie mir einen Platz neben dem heiligen Wolfgang zu. Auch wenn das Singen – in Gut Aich wird das ganze Chorgebet gesungen – neben einem Heiligenmeinen Stolz sündhaft gross aufblähte, durchschaute ich den Grund dieser Platzzuweisung schnell einmal: ich sollte genauso heilig werden wie mein geschnitzter Mitbruder neben mir, so wie ein Gesicht sich an der Sonne bräunt. Heilig bin ich in diesen wenigen Monaten nicht geworden – ich habe ja auch noch etwas Zeit – aber in Gut Aich wurde mir eine neue Freude an meiner Berufung zum Benediktiner geschenkt. Wunderbare Auszeit in Gut Aich Direkt neben dem hl. Wolfgang Pater Lukas Helg in Gut Aich mit dem hl. Wolfgang zu seiner Rechten (Fotos: zVg).

25 KLOS TER E INS I EDELN rad hielt sich zuerst einige Jahre als Einsiedler auf dem Etzel auf. Weil die Leute ihn zu sehr beansprucht hatten, ging er noch tiefer in den Finsteren Wald hinein, dorthin, wo heute das Kloster Einsiedeln steht. Ganz ähnlich beim heiligen Wolfgang. Er hatte ein Refugium auf dem Falkenstein in der Nähe von Gut Aich und baute sich später etwas weiter entfernt an einem See eine Kirche. Der Ort und der See wurden später nach ihm benannt. Es war für mich ein grossartiges Erlebnis, als ich am 17. Januar 2023 – am Geburtstag von Bruder Thomas Hessler, dem jetzigen Leiter des Klosters – mit Anna und Franz Geier auf ihrem Traktor zum Falkenstein hinauffahren durfte. Zu Fuss oder mit dem E-Bike hätte ich es niemals geschafft. Der Besuch dieses Ortes ist ein absolutes Muss für einen Einsiedler Mönch. Die kleine Kirche ist ähnlich wie in Subiaco an einen Felsen gebaut. Dahinter gibt es eine Höhle, wo man durchkriechen und seine Sünden loswerden kann. Mir ging der heilige Benedikt durch den Kopf. Auch er ging seinen Weg von der Höhle von Subiaco nach Montecassino immer näher zu Gott. Die heiligen Meinrad und Wolfgang sind ihrem Ordensvater auf diesemWeg gefolgt. Als Einsiedler Benediktiner kannte Wolfgang die Biografien des Benedikt von Nursia und des Meinrad von Einsiedeln und wollte selbst einen ähnlichen Weg gehen. Meine Auszeit in Gut Aich war ein wunderbares Geschenk des Himmels, das ich jedem meiner Einsiedler Mitbrüder auch wünschen möchte. Die weissen Brüder von Gut Aich – sie tragen beim Gottesdienst strahlend weisse Kutten – haben mich in meiner schwarzen Kutte (das schwarze Schaf) wie einen der Ihren aufgenommen. Gut Aich ist für mich wahrlich kein unbeschriebenes Blatt mehr, sondern zwei vollbeschriebene Seiten mit vielen Bildern und schönen Erinnerungen. Ja noch mehr, unterdessen ist bei mir fast so etwas wie eine heimliche Liebe zu Gut Aich und zu seinen Mönchen entstanden. Pater Lukas Helg Warum platzierten die Mönche von Gut Aich den heiligen Wolfgang in ihr Chorgestühl? Er ist gleichsam der Pate dieser jungen Gemeinschaft. Die Klosterkirche wurde am 31. Oktober 1994, auf den Tag genau tausend Jahre nach Wolfgangs Tod, eingeweiht. Im Jahre 2004 schenkte der Bischof von Regensburg dem jungen Kloster eine Reliquie des heiligen Wolfgang für den Altar. Kommt dazu, dass sich die Gruppe der Gründermönche an einem Platz niederliess, der sich ungefähr in der Mitte zwischen dem Kloster Mondsee und dem berühmten Ort St. Wolfgang amWolfgangsee befindet, am Pilgerweg von Regensburg nach St.Wolfgang. Wie Einsiedeln seinen MeinRadweg (einen Radweg) hat, hat Gut Aich den Wolfgangweg, auf dem die Menschen zu Fuss oder mit Fahrrad unterwegs sind. Es gibt noch weitere Parallelen zwischen Gut Aich und Einsiedeln. Der heilige MeinPater Lukas (rechts) und seine Gastgeber von Gut Aich. Das Europakloster Gut Aich bei St.Gilgen am Wolfgangsee.

Die textile Schwarze Madonna Muttergottesbild: «Schwarze Madonna 1» (67cm×85cm) von Beatrice Huber. Sie wuchs in Dietikon auf. Beseelt wird ihr Schaffen durch Reisen, bei denen sie dem Kunsthandwerk und dem spirituellen Leben der Menschen begegnet. Für ihre textilen Bilder verwendet sie kostbare Stoffreste, die sie in technisch herausfordernder Arbeit in ihre Werke einarbeitet (Foto: Beatrice Huber).

27 SALVE Ich bestelle ein Jahresabo der Zeitschrift «SALVE» à Fr. 39.– inkl. MwSt. Ich wünsche die zweimonatlich erscheinende Zeitschrift ab nächstmöglicher Ausgabe. Name/Vorname Strasse PLZ/Ort Telefon E-Mail Datum Unterschrift S A LV E Bestellkarte Zeitschrift «SALVE» Ich möchte die Zeitschrift «SALVE» gerne näher kennen lernen und bitte Sie um die Gratiszustellung der aktuellen Ausgabe. Ich bestelle ein Geschenkabonnement. Name/Vorname Strasse PLZ/Ort Telefon Datum Unterschrift Geschenkabonnement für Bitte senden Sie den Geschenkgutschein an: Abo-Empfänger Rechnungsempfänger Kloster Einsiedeln, Abonnentenverwaltung «SALVE», 8840 Einsiedeln Telefon: 055 418 62 92, Fax: 055 418 64 25, E-Mail: abo@kloster-einsiedeln.ch, Internet: www.zeitschrift-salve.ch Ist die Bestellkarte verloren gegangen? Senden Sie uns bitte einfach diese Seite ausgefüllt zurück. Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr SALVE gewährt sechsmal im Jahr einen facettenreichen Einblick in das Leben hinter den Einsiedler und Fahrer Klostermauern (das Kloster Fahr gehört seit 1130 zum Kloster Einsiedeln), das geprägt ist von Gebet, geistlicher Lesung, manueller Arbeit und vielfältigem En - gagement in Erziehung, Bildung und Seelsorge. In verschiedenen Rubriken informiert die Zeitschrift unter anderem umfassend über die Klostergemeinschaften Einsiedeln und Fahr, die Stiftsschule, die Wallfahrt, die Klosterbetriebe sowie über religiöse und kulturelle Anlässe in den Klöstern Einsiedeln und Fahr sowie in der Propstei St.Gerold. S A LVE Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr 4 · 2 0 2 2 S A LV E

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