Salve April/Mai 2023

Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr 2 · 2 0 2 3 S A LV E

2 S A L V E Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr Jahresthema Synodalität ist Wesen, nicht Ziel der Kirche 4 Wallfahrt Liturgischer Kalender 10 Gottesdienste in Einsiedeln 12 Wallfahrtsinformationen 14 Wallfahrtstage grosser Pilgergruppen 15 «Metanoia» – Einsiedler Impulstag 16 Liturgisches Grundwissen – Lamm 18 Haben Sie gewusst… 19 Kloster Einsiedeln Psalm 26 – «Verschaff mir Recht, Herr…» 20 In memoriam Pater Remigius Lacher 22 Feierliche Profess von Bruder Klemens Rittler 26 Vorschau auf den Klostermarkt im HB Zürich 27 Ökumenische Vesper 30 Eröfffnung des neuen Raums für Kalligraphie 32 Konventglöckli 34 Stiftsschule Schulagenda 36 Et voilà 37 Schulseelsorge – für die Eltern 38 Internat – Ein voller Erfolg 40 Stiftstheater – Premierenbericht 42 Personalnachrichten 47 Klassentag M 82 48 St.Gerold Hör-Mahl! Schau-Mahl! 50 Kultur- und Seminarprogramm 52 Kloster Fahr Grusswort 56 «ü30 fahrwärts» – Gipfelerlebnisse mit Gott 58 Tanz im Abendgebet – Heilige Gegen wart 60 Berta Müller – Ein grosser Dank zum Abschied 62 Nachrichten der Ehemaligen 63 Veranstaltungskalender 64 Meditation 66 Kaleidoskop Wallfahrtserinnerungen auf Papier 68 Maria Dutli-Rruthishauser – Katholische Bestsellerautorin 70 Neue Bücher 77 Impressum 87 15. Jahrgang · Ausgabe 2, April/Mai 2023 Erscheint sechsmal jährlich www.zeitschrift-salve.ch www.gebetsgemeinschaft.ch www.kloster-einsiedeln.ch www.kloster-fahr.ch www.propstei-stgerold.at www.siljawalter.ch www.zeitschrift-salve.ch www.gotteswort.ch www.GOTTsuchen.ch Frontseite: Die Benediktsregel und die synodale Natur der Kirche (Foto: Stiftsbibliothek Einsiedeln, Codex 117).

LE I TGEDANKE 3 Liebe Leserin, lieber Leser Dieses Mal ist es das Titelbild, dem ich den «Leitgedanken» zu verdanken habe – eine Seite aus einer Sammelhandschrift der Stiftsbibliothek Einsiedeln aus dem 11. Jahrhundert (Codex 117). Diese Handschrift enthält unter anderem die Klosterregel des heiligen Benedikt, damals von einem schreibkundigen Mönch in der klösterlichen Schreibstube von Hand von einer Vorlage abgeschrieben und wie es damals üblich war mit einem schwungvollen Initial (Anfangsbuchstabe) in roter Farbe ausgezeichnet: Ein «A» für das Wort «Ausculta» – Höre… Ich hätte meinem Schreiber-Kollegen von damals gerne über die Schulter geschaut und auf das Geräusch gehört, das entstand, wenn seine Feder über das Pergament kratzte. Unser Titelbild hat Bezug zu mehreren Beiträgen in diesem Heft – zum Artikel von Abt Urban Federer über die synodale Natur der Kirche (gleich anschliessend), über die Eröffnung des neuen Ateliers von Pater Jean- Sébastien Charrière für seine Kalligraphie-Kurse (S. 32), Bruder Gerold Zenonis Beitrag über die Schriftstellerin Maria Dutli-Rutishauser (S. 72). Aber eigentlich hat das Titelbild wesentlichen Bezug zum gesamten Inhalt dieser Zeitschrift, denn «was wäre unsere Welt ohne die Schrift ?», wie Abt Urban anlässlich der Einweihung des neuen Schreibateliers fragte. Unsere Welt wäre nichts ohne die Schrift, es gäbe sie gar nicht ohne die Schrift. Damit will ich sagen, dass der Anfang von Allem, also auch von unserer Welt, ein Sprechen, ein Hören und ein Schreiben ist. Dass Sprechen, Hören und Schreiben zusammengehören, ist die Erfahrung von uns allen, die wir schreiben gelernt haben. Das Hören auf das Schreibgeräusch vielleicht weniger. Da gibt es noch Nachholbedarf. Ich freue mich auf meinen nächsten Kalligraphiekurs… Herzlichst Erich Liebi

4 J AHRE S THEMA Auf dem Weg einer synodalen Kirche Synodalität ist Wesen, nicht Ziel der Kirche In der letzten Ausgabe von «Salve» (2023/1) präsentierte Priorin Irene Gassmann den von Papst Franziskus initiierten synodalen Prozess 2021–2024. Dort konnten die Leserinnen und Leser von den verschiedenen Phasen dieses Prozesses erfahren, von dem, was sich in der Schweiz bis jetzt getan hat, und «von den Früchten, die die synodalen Prozesse bereits jetzt gebracht haben». Was kann dem in der vorliegenden Ausgabe noch hinzugefügt werden? Der Versuch einer Spurensuche nach Synoda- lität in unserem Orden und nach dem genaueren Verständnis dieses Begriffes bei Papst Franziskus. Gemeinsam auf dem Weg sein, zusammenkommen – so dürfen wir das Wort «Synode» übersetzen. Sindwir Benediktinerinnen und Benediktiner nicht schon seit Jahrhunderten gemeinsam unterwegs? Und kommen wir nicht täglich zum Gebet und zu den Mahlzeiten zusammen? Doch, allerdings wurde in unserer Geschichte diese Weggemeinschaft sehr unterschiedlich gelebt und hat darum nicht von sich aus Vorbildcharakter. Und unser Leitbild, die Regel des heiligen Benedikt von Nursia, die von ihmumdie Mitte des 6. Jahrhunderts geschrieben wurde, stammt aus der Zeit des Übergangs von der Spätantike zum Frühmittelalter. Ob sich trotz dieses Alters der Benediktsregel in unserer Spiritualität etwas finden lässt für die heutigen Diskussionen zur Synodalität unserer Kirche? Obsculta – Höre! Der heilige Benedikt hat seiner Regel einen Prolog vorangestellt, eine Hinführung zur grundsätzlichen Frage, warum jemand überhaupt Mönch oder Nonne werden sollte. Zum Thema der synodalen Kirche passt hier schon das erste Wort: «Ausculta» – «Höre», denn dem hörenden Menschen wird in dieDer hl. Benedikt, gemalt von Frà Angelico zwischen1441–1442 (Foto: Wikimedia). sem Vorwort verheissen, «zum unvergänglichen Leben zu gelangen». Danach stellt Benedikt im ersten Kapitel der Regel sein Zielpublikum vor: die Koinobiten – Menschen, die in einer klösterlichen Gemein­

5 J AHRE S THEMA schaft sowie unter der Regel und einem Abt leben wollen. Darum ist es folgerichtig, dass das zweite Kapitel vom Abt handelt, der für die lebendige Auslegung der Regel zu sorgen und das Gemeinschaftsleben zu ermöglichen und zu organisieren hat. Für unsere Frage nach Spuren von Synodalität in der Benediktsregel ist das dritte Kapitel wichtig. Kaum ist nämlich die zentrale Stellung des Abtes umrissen worden, wird dieser eingebunden in das Ganze der Gemeinschaft. Dieses dritte Kapitel handelt darum von der «Einberufung der Brüder zum Rat» (die Regel wurde für Mönche geschrieben, die Schwestern dürfen immer mitbedacht werden). Der Abt muss alles, was für das Kloster wichtig ist, vor die Gemeinschaft bringen. «Audiens consilium fratrum» – «Er soll den Rat der Brüder anhören» und dann diesen Rat in seine Entscheidungsfindung einbauen. Dieses Hören auf den Rat der anderen ist Benedikt so wichtig, dass er dieses Kapitel mit einem Zitat aus der Bibel beendet: «Tu alles mit Rat, dann brauchst du nach der Tat nichts zu bereuen» (Sir 32, 19). Auf die jungen Menschen hören Ein genaueres Lesen dieses Kapitels lohnt sich, gibt es doch darin doch noch andere Elemente zu entdecken, die für die heutige Diskussion über die Synodalität fruchtbar sein können. Ein Grund dafür, warum der Abt den Rat der Brüder anhören soll, liegt für die Regel in der Tatsache, dass er nur so auch auf die jüngeren Mitbrüder hören kann: «Weil der Herr oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist», lautet die wörtliche Begründung. Da in der damaligen Kultur vor allem der Rat und die Leitung durch Ältere als unerlässlich angesehen wurde, ist dieses Hören auf die Jüngeren besonders wichtig. Dies beugt Generationenkonflikten vor und lässt jene Stimmen vernehmen, die im Klosterleben noch nicht das gleiche Gewicht wie andere haben. Synodalität hat also immer das Ganze einer Gemeinschaft oder der Kirche vor Augen. Offenheit für das gemeinsame Heil Für ein richtiges Hören ist dem heiligen Benedikt in diesem dritten Kapitel wichtig, Handschrift der Stiftsbibliothek Einsiedeln mit dem Prolog zur Benediktsregel (Codex 117). Abt Urban mit Papst Franziskus (Foto: zVg).

6 J AHRE S THEMA dass dafür die notwendige Offenheit vorhanden ist. So sagt er an die Adresse jener, die den Abt beraten sollen: «Sie sollen nicht anmassend und hartnäckig ihre eigenen Ansichten verteidigen.» Vielmehr sollen sie genau hinhorchen («gehorchen» heisst es hier, wörtlich aus dem Lateinischen: «darunterhorchen») auf das, was für alle «heilsamer» ist. Hier ist also das Ziel dieses gemeinsamen Prozesses der Beratung genannt: das Heil für die Gemeinschaft. Damit es wirklich um das Heil, um den Willen Gottes in der Gemeinschaft geht und nicht um den Vorteil der Stärkeren oder um eine im Augenblick beliebte Lösung, die letztlich aber nicht wirklich trägt, möchte ich hier aus diesem dritten Kapitel noch weitere zwei Elemente anfügen. Erstens muss der Abt wissen, dass eine solche Offenheit des gegenseitigen Hörens nur möglich ist, wenn er «alles vorausschauend und gerecht» ordnet. Ansonsten gibt es keine Basis und kein Vertrauen, warum jemand auf ihn hören soll. Dafür muss er seine Entscheidungen Gott gegenüber verantworten. Und zweitens: «Niemand masse sich an, mit seinem Abt frech oder ausserhalb des Klosters zu streiten.» Mit anderen Worten: Gestritten darf in der Beratung werden. Dabei muss allerdings der Respekt gewahrt bleiben. Und es gibt für den Streit einen richtigen Ort: das Innen, der Raum der Beratung im Kloster, und nicht das Aussen, die Öffentlichkeit. Synodalität: Gemeinsames Voranschreiten auf Jesus Christus hin Wer den Gedanken Benedikts folgt, der oder dem fällt auf: Die gemeinsame Beratung ist mehr als eine Weggemeinschaft, in der Einzelne nebeneinander hergehen. Für ihn setzt das gemeinsame Beraten das Bemühen voraus, sich in die Lage anderer zu versetzen, auch wenn ich mit deren Denkrichtung nicht einverstanden bin. Ja, wir sollen auch bewusst Menschengruppen aufsuchen, mit denen wir vielleicht nur selten in Kontakt kommen, etwa die junge Generation. Für ein solch aktives Zugehen auf andere kann ich nicht verbissen auf meinen persönlichen Überzeugungen pochen, sondern muss mir die Fähigkeit des Hinhörens bewahren. Wenn wir diese Gedanken mitnehmen für unsere Spurensuche nach Synodalität in der Benediktsregel und bei Papst Franziskus, kann uns Benedikt lehren, dass ein synodaler Prozess («procedere»: «vorwärts gehen») eine Lebensaufgabe für Einzelne und die ganze Kirche ist, die uns immer voranschreiten lässt. Und dies geschieht auf ein Ziel hin: auf das Heil hin, das Jesus Christus ist, der über seine Kirche denWeg zu den Menschen sucht. Synodalität: Unter der Führung des Heiligen Geistes Papst Franziskus ist sich bewusst, dass er mit diesem Schlüsselbegriff «Synodalität» einen Gedanken des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) aufgreift. Darum meinte er am 17. Oktober 2015 bei der FünfzigjahrFeier der Errichtung der Bischofsynode: «Vom Anfang meines Dienstes als Bischof von Rom an hatte ich vor, die Synode aufzuwerten, die eines der kostbarsten Vermächtnisse der letzten Konzilssitzung ist.» Um die Beschlüsse des Konzils umzusetzen, kam es in der Folge zu nationalen Synoden, etwa zur Schweizer «Synode 72». Diese wird heute in Diskussionen wieder häufiger angeführt. Einerseits weil viele Themen heute noch so aktuell sind wie vor vierzig Jahren, etwa die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten. Andererseits weil eine konkrete Frucht zeigt, dass die kleine Schweizer Kirche doch etwas zu bewegen vermag in der Weltkirche: Das Schweizer Synode-Hochgebet fand Eingang ins römische Messbuch. Richtungweisend auch für den heutigen synodalen Prozess mit dem Heiligen Geist als eigentlichem Protagonisten heisst es in einer Präfation dieses Hochgebets: «Einst hast du Israel, dein Volk, mit starker Hand durch die Wüste geleitet. Heute führst du deine pilgernde Kirche in der Kraft des Heiligen Geistes. Du

7 J AHRE S THEMA bahnst ihr den Weg durch diese Zeit in die ewige Freude deines Reiches.» Prophetischer Vordenker: Karl Rahner In der Bundesrepublik Deutschland kam es zwischen 1971 und 1975 zur heute als «Würzburger Synode» bekannten Zusammenkunft aller Bistümer des Landes. Ein prominenter Synodaler in Würzburg war der Konzilstheologe Karl Rahner. Weil er der Ansicht war, die Synode verliere sich in Einzelthemen und folge keinem wirklichen Fahrplan, schrieb er seine heute noch lesenswerte Schrift «Strukturwandel der Kirche als Aufgabe und Chance». Die darin veröffentlichte Standortbestimmung der Kirche seiner Zeit liest sich prophetisch auf Aussagen von Papst Franziskus hin. Folgende wenige Stichworte sollen dies verdeutlichen: «Kleine Herde», die nicht mit «Getto oder Sekte» verwechselt werden dürfe – eine «entklerikalisierte Kirche» als «dienend besorgte Kirche» – «Kirche der offenen Türen». Rahner spricht gleichzeitig auch von einer «Kirche wirklicher Spiritualität» und von der «Kunst einer echten Mystagogie in die Erfahrung Gottes.» Es gibt bei Rahner keine Synode ohne den Primat des Geistlichen, des Heiligen Geistes. Er stellt in dieser Schrift für seiKarl Rahner SJ, 1974 (Foto: Wikimedia). ne Zeit den Übergang von der Volkskirche zu einer Kirche fest, die gebildet wird von Menschen, die zu einer persönlich verantworteten Glaubensentscheidung gefunden haben. Er fordert eine erneuerte missionarische Dimension der Kirche und hält fest, dass die Kirche christuszentriert sein muss, um nicht in die Gefahr des «blossen Humanismus und ‹Horizontalismus›» abzurutschen. Erstaunlich, wie viele Postulate heutiger Diskussionen in dieser Schrift vorweggenommen sind. Die Mitte der Kirche von morgen bleibt Jesus Christus Kann das gut gehen, wenn ein paar Jahrzehnte später ausgerechnet ein Papst solche Postulate wieder ins Gespräch bringt? Kann eine Reform von oben her gelingen? Diese Fragen werden uns in den nächsten MonaKarl Rahners Schlüsselwerk zum Thema Synodalität (Foto: zVg).

8 J AHRE S THEMA ten beschäftigen. Das Beispiel von Karl Rahner zeigt, dass der synodale Prozess von heute eine Vorgeschichte hat und eine längere theologische Auseinandersetzung kennt, Papst Franziskus also nicht von etwas spricht, das nicht auf einen vorbereiteten Boden fallen könnte. Der Papst wünscht sich wie Rahner eine offene Kirche, die zu den Rändern geht: Gott «selbst hat sich zum ‹Rand› gemacht […]. Deshalb werden wir, wenn wir es wagen, an die Ränder zu gehen, ihn dort antreffen, er wird schon dort sein» (Gaudete et exultate Nr. 135). Der Papst wünscht sich von Beginn seines Pontifikates weg «eine neue Freude im Glauben und eine missionarische Fruchtbarkeit» (Evangelii gaudium Nr. 11). Wie Rahner glaubt Papst Franziskus an die Christuszentriertheit der Kirche, spricht er doch immer wieder von der «Mitte, die Christus ist» (vgl. EG Nr. 130). Und in diesem Christus-Bekenntnis sieht auch er die Kirche der Zukunft ökumenischer und möchte sie wie Rahner von allen Getauften her getragen wissen. Rahners demokratisierte Kirche Natürlich gibt es auch Unterschiede im Denken von Papst Franziskus und Karl Rahner. Einen Aspekt möchte ich hier beleuchten, um besser herausschälen zu können, worum es Papst Franziskus im synodalen Prozess geht. Vor allem Menschen aus westlichen Ländern haben oft Mühe mit dem Fehlen eines demokratischen Elements im Sprechen von Franziskus. In der Predigt zur Eröffnung des synodalen Prozesses am 10. Oktober 2021 stellt er klar: Das Wort Gottes «richtet die Synode so aus, dass sie keine kirchliche ‹convention›, keine Studientagung oder ein politischer Kongress ist, dass sie kein Parlament ist, sondern ein Ereignis der Gnade, ein Heilungsprozess unter der Leitung des Heiligen Geistes.» Karl Rahner hingegen gibt in seiner Schrift «Strukturwandel» einen Teilkapitel den Titel «Demokratisierte Kirche». Er sieht in einer solchen Kirche «die Entscheidungsträger erster Instanz möglichst weit unten» und weiss gleichzeitig um die Gefahr des Anwachsens des kirchlichen Apparats. Ist nun diese Vision von Kirche mit dem synodalen Prozess, wie er vom Papst angestossen wurde, vereinbar? Der Theologe und Schüler Rahners, Johann Baptist Metz, sagt zum Postulat seines Lehrers in einem Erinnerungsband an Karl Rahner: Wenn dieser «mutig die Umrisse einer ‹Kirche von der Basis her› entwarf und selbst von einer ‹demokratisierten Kirche› sprach, dann hat er damit nicht die Dualität von Amt und Gemeinde, also die Unableitbarkeit des kirchlichen Amtes aus dem Kirchenvolk in Frage gestellt. Es ging ihm vielmehr um eine neue, lebendige Zuordnung beider, um das, was man heute auch in Rom gern Kommunion und Partizipation im kirchlichen Leben nennt.» Kommunion und Partizipation – das sind auch wichtige Wörter im Denken von Papst Franziskus, lautet doch etwa das Thema der laufenden Synode: «Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation und Mission». Auch die katholische Soziallehre und damit Begriffe wie «Kollegialität» und «Subsidiarität» spielen im Denken von Papst Franziskus eine Rolle (vgl. EG Nr. 221). Da diese Positionen also nicht so weit auseinanderliegen, müsste es möglich sein, sie miteinander ins Gespräch zu bringen. Sicher ist auch hier wichtig, was uns die Beschäftigung mit der Benediktsregel gelehrt hat: Wir sollen versuchen, uns in die Lage anderer zu versetzen, und gemeinsam voranzuschreiten auf das Heil in Jesus Christus hin. Synodalität als Wesen der Kirche Die Dynamik des gegenseitigen Zuhörens beseelt die Regel des heiligen Benedikt und soll im synodalen Prozess auf allen Ebenen gepflegt werden. Dabei ist Papst Franziskus bereits die Dynamik selbst wichtig, die wir als Kirche wagen dürfen, weil wir sie unter der Führung des Heiligen Geistes und auf Jesus Christus hin leben. Dass diese Dynamik immer wieder auch ins Stocken geraten kann, liegt in der Natur der Sache, sprechen wir hier doch vom Prozess einer Weltkirche. Gestritten darf dabei werden, lehrt uns die

9 WALLFAHRT J AHRE S THEMA Nicht primär als strukturellen Wandel sieht Papst Franziskus den gemeinsamenWeg der Kirche, sondern als geistlichen Prozess. Und dieser findet 2024 nicht sein Ende, werden doch dann nicht alle Fragen beantwortet sein. Vielmehr soll die Kirche den Prozess als ihre Lebensaufgabe sehen und auf diesem Weg bleiben, «um ihr zutiefst synodales Wesen neu zu entdecken» (Vademecum für die Synode Kap. 1.1). Deswegen wurde für diesen Artikel der Obertitel aus der letzten Ausgabe von «Salve» «Auf dem Weg zu einer synodalen Kirche» verändert in: «Auf dem Weg einer synodalen Kirche». Abt Urban Federer Benediktsregel. Allerdings soll dies in gegenseitigem Respekt und im Dialog miteinander geschehen. Der Papst scheut sich dabei nicht, seine Sicht der Dinge einzubringen. So streut er in seine Botschaft zur Fastenzeit 2023 ein: «Die Tradition ist Quelle der Inspiration für die Suche nach neuen Wegen, wobei die gegensätzlichen Versuchungen der Unbeweglichkeit und des improvisierten Experimentierens vermieden werden müssen.» Und in seinem Schreiben an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland macht er Mut zur Ehrlichkeit: «Die derzeitige Situation anzunehmen und sie zu ertragen, impliziert nicht Passivität oder Resignation und noch weniger Fahrlässigkeit; sie ist im Gegenteil eine Einladung, sich dem zu stellen, was in uns und in unseren Gemeinden abgestorben ist, was der Evangelisierung und der Heimsuchung durch den Herrn bedarf. Das aber verlangt Mut, denn, wessen wir bedürfen, ist viel mehr als ein struktureller, organisatorischer oder funktionaler Wandel.» «Demokratisierte Kirche» – Schweizerische Synodale Versammlung im Mai 2022 in Einsiedeln (Foto: Christian Merz, kath.ch).

10 WALLFAHRT APRIL Gebetsmeinung Weltkirche Beten wir, dass sich Frieden und Gewaltlosigkeit dadurch ausbreiten, dass sowohl Staaten als auch die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft den Gebrauch von Waffen ein- schränken. Kirche Schweiz Psychische Krankheit beraubt Menschen ihrer Vitalität und ihres Lebensmuts. Wir bitten Gott um die österliche Gabe des Lichts, wo die Dunkelheit nicht weichen will, und um die alle Fesseln sprengende Lebenskraft des Auferstandenen. Liturgischer Kalender für den April und Mai 2. So Palmsonntag 6. Do Hoher Donnerstag 7. Fr Karfreitag 8. Sa Karsamstag 9. So Hochfest Auferstehung des Herrn 10. Mo Ostermontag 13. Do Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 16. So 2. Sonntag der Osterzeit Weisser Sonntag 19. Mi Hl. Gerold (†978) Einsiedler 21. Fr Hl. Anselm (†1109) Bischof 23. So 3. Sonntag der Osterzeit 25. Di Fest Hl. Markus Evangelist 29. Sa Fest Katharina von Siena (†1380) Mystikerin, Kirchenlehrerin 30. So 4. Sonntag der Osterzeit Weltgebetstag für kirchliche Berufe

11 WALLFAHRT MAI Gebetsmeinung Weltkirche Beten wir, dass kirchliche Gruppen und Bewegungen ihre Sendung zum Evangelisieren täglich neu entdecken und ihre eigenen Charismen in den Dienst der Nöte der Welt stellen. Kirche Schweiz Frauen übernehmen im privaten, beruflichen und kirchlichen Leben Verantwortung. Wir bitten Gott um das Charisma des Hörens und des Leitens in ihren Aufgaben als Mütter, als Frauen in Leitungsfunktionen und als Frauen im kirchlichen Dienst. 1. Mo Hl. Sigismund (†523 / 524) König und Märtyrer 2. Di Hl. Athanasius (†373) Bischof 3. Mi Hochfest Weihe der Klosterkirche und der Unterkirche 4. Do Fest Philippus und Jakobus Apostel 5. Fr Herz-Jesu-Freitag 7. So 5. Sonntag der Osterzeit 11. Do Heilige Äbte von Cluny 13. Sa Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 14. So 6. Sonntag der Osterzeit 15. Mo Hl. Pachomius (†346) Abt 18. Do Hochfest Christi Himmelfahrt 21. So 7. Sonntag der Osterzeit 25. Do Hl. Beda Venerabilis (†735) Ordenspriester, Kirchenlehrer 28. So Hochfest Pfingsten 29. Mo Pfingstmontag

12 WALLFAHRT So 2. Palmsonntag 09.30 Uhr Pontifikalamt mit Palmweihe KK 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK Do 6. Hoher Donnerstag 19.00 Uhr Messe vom Letzten Abendmahl KK a nschl. Anbetungsstunden bis 06.00 Uhr UK Fr 7. Karfreitag 08.00 Uhr Feierliche Trauermette KK 13.30 Uhr Kreuzweg im Freien (Treffpunkt vor KK) 16.00 Uhr Karfreitagsliturgie KK 20.00 Uhr Anbetungsstunden bis 06.00 Uhr MK Sa 8. Karsamstag 08.00 Uhr Feierliche Trauermette KK 18.00 Uhr Vesper KK 20.30 Uhr Feier der Osternacht KK So 9. Ostersonntag 08.00 Uhr Eucharistiefeier GK 10.30 Uhr Festliches Pontifikalamt KK 15.30 Uhr Spirituelle Führung «Heilsgeschichte im Bild» KK 16.30 Uhr Feierliche Pontifikalvesper KK 17.30 Uhr Eucharistiefeier GK Mo 10. Ostermontag Gottesdienstordnung wie an Sonntagen Do 13. Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 16.00 Uhr Andacht mit Eucharistischem Segen UK APRIL Gottesdienste in Einsiedeln Abkürzungen: KK Klosterkirche, GK Gnadenkapelle, MK Magdalenenkapelle, BK Beichtkirche, UK Unterkirche KP Klosterplatz So 16. Weisser Sonntag – Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit 09.30 Uhr Erstkommunionfeier der Pfarrei KK 11.00 Uhr Feierliches Konventamt KK 15.00 Uhr Stunde der Barmherzigkeit UK 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK Die Heilige Woche im Kloster Einsiedeln Leiden, Tod und Auferstehung Jesu bilden den Kern des christlichen Glaubens. Deren liturgische Feier ist entsprechend das Herzstück des Kirchenjahres. So werden die Gottesdienste der Heiligen Woche von Palmsonntag bis Ostersonntag bei uns im Kloster Einsiedeln besonders gefeiert. Oben finden Sie die Gottesdienste der Heiligen Woche aufgelistet. Eine vollständige Auflistung des Gottesdienstprogramms und der besonderen Beichtzeiten während des «Triduum Paschale» finden Sie auf der Webseite www.kloster-einsiedeln.ch/ ostern. Wir Mönche freuen uns auf Ihr Mitfeiern und wünschen Ihnen ein frohes Osterfest!

13 WALLFAHRT Mi 3. Hochfest der Weihe der Klosterkirche 11.15 Uhr Feierliches Konventamt KK 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK Fr 5. Herz-Jesu-Freitag 20.00 Uhr Feierliche Herz-Jesu-Komplet KK So 7. Fünfter Ostersonntag 18.30 Uhr 1. Maiandacht GK Sa 13. Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 16.00 Uhr Andacht mit Eucharistischem Segen UK So 14. Sechster Ostersonntag 18.30 Uhr 2. Maiandacht GK Do 18. Christi Himmelfahrt 09.30 Uhr Festliches Pontifikalamt KK 16.30 Uhr Feierliche Pontifikalvesper KK So 21. Siebter Ostersonntag – Einsiedler China-Tag 11.00 Uhr Pilgermesse zum «Einsiedler China-Tag» mit chinesischen Elementen KK 18.30 Uhr 3. Maiandacht GK Sa 27. Pfingsten – Vorabend 16.30 Uhr Feierliche Vesper KK 20.00 Uhr Feierliche Vigil KK So 28. Pfingsten 08.00 Uhr Eucharistiefeier GK 09.30 Uhr Festliches Pontifikalamt KK 08.00 Uhr Pilgermesse KK 16.30 Uhr Feierliche Pontifikalvesper KK 17.30 Uhr Eucharistiefeier KK 18.30 Uhr 4. Maiandacht GK Mo 29. Pfingstmontag Gottesdienstordnung wie an Sonntagen MAI Maiandachten im Kloster Einsiedeln Die Maiandachten gehören seit einigen Jahren zum festen Programm des Einsiedler Wallfahrtsjahres. Die liebevoll gestalteten Wortgottesdienste zu Ehren der Gottesmutter Maria finden jeweils an den Sonntagen im Mai um 18.30 Uhr statt und ersetzen das sonst übliche Rosenkranzgebet im Anschluss an die Abendmesse. Jede Maiandacht steht unter einem bestimmten Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Feier zieht. Dadurch wird die Gottesmutter Maria unter verschiedenen Aspekten betrachtet und verehrt. Die Maiandachten bei der Gnadenkapelle am 7. / 14. / 21. / 28. Mai sind ein richtiger Geheimtipp – lassen Sie sich überraschen! Das 1973 geschaffene «Damaszener-Kleid» prägt das Wallfahrtsjahr 2023. Die Madonna trägt es auf dem diesjährigen Wallfahrtskalender und es ist auch auf dem Gebetsbildchen 2023 zu finden. Ob sie es auch im Mai trägt? Lassen Sie sich überraschen (Foto: zVg).

14 WALLFAHRT Seelsorge Beichtzeiten Sonn- und Feiertage: 08.30–09.15 /10.45–11.00 / 15.00–16.00 /17.00–18.00 Uhr Montag bis Samstag: 10.00–11.00 / 15.00–16.00 / 17.00–18.00 Uhr Das «Goldene Ohr» das.goldene.ohr@kloster-einsiedeln.ch Klosterkirche Ostern bis Allerheiligen: 6.00–21.00 Uhr Allerheiligen bis Ostern: 6.00–20.30 Uhr Segnung von Andachtsgegenständen Montag bis Samstag: 12.00 / 14.55 / 16.15 / 17.00 Uhr Sonn- und Feiertage: 10.45 / 12.00 / 14.55 / 16.15 / 17.00 Uhr Wallfahrtsinformationen Öffnungszeiten Kirchenpforte Montag bis Samstag: 09.00–11.00 / 13.30–16.15 / 17.00–18.00 Uhr Sonn- und Feiertage: 09.00–09.15 / 10.30–11.00 / 11.45–12.00 / 13.30–16.15 / 17.15–18.00 Uhr Wallfahrtsbüro Sie erreichen uns telefonisch von Montag bis Freitag 09.00–11.00 / 13.30–17.30 Uhr November bis Februar sowie während der Sommerferien: 09.00–11.00 Uhr Telefon: +41 (0)55 418 62 70 Fax: +41 (0)55 418 62 69 wallfahrt@kloster-einsiedeln.ch www.wallfahrt-einsiedeln.ch Klosterladen Sonn- und Feiertage: 10.45–16.30 Uhr Montag–Freitag: 10.00–12.00 Uhr / 13.30–17.30 Uhr Samstags: 10.00–16.30 Uhr Telefon: 055 418 64 71 www.klosterladen-einsiedeln.ch Gottesdienste in der Klosterkirche Werktage 06.15 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 07.15 Uhr Laudes 09.30 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 11.15 Uhr Konventmesse (Hauptaltar) 12.05 Uhr Mittagsgebet 16.30 Uhr Vesper/Salve Regina 17.30 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 18.05 Uhr Rosenkranzgebet 20.00 Uhr Komplet Sonn- und Feiertage 17.30 Uhr Vorabendmesse (Hauptaltar) 07.15 Uhr Laudes 08.00 Uhr Eucharistiefeier (Gnadenkapelle) 09.30 Uhr Konventmesse (Hauptaltar) 11.00 Uhr Pilgermesse (Hauptaltar) 16.30 Uhr Vesper/Salve Regina 17.30 Uhr Eucharistiefeier (Hauptaltar/Gnadenkapelle) 18.15 Uhr Rosenkranzgebet 20.00 Uhr Komplet Bitte konsultieren Sie unsere Website: www.kloster-einsiedeln.ch

15 WALLFAHRT Wallfahrtstage grosser Pilgergruppen 2023 Wir freuen uns, im April und Mai wieder zahlreiche kleinere und grössere Pilgergruppen bei Unserer Lieben Frau von Einsiedeln begrüssen zu dürfen. Die grössten davon sind nachfolgend aufgelistet. Möge das gemeinsame Pilgern zur Gottesmutter Maria nach Einsiedeln – ganz nach demWallfahrtsmotto 2023 – ein gemeinsames Unterwegssein «auf dem Weg des Friedens» sein! Alle Gottesdienste finden jeweils in der Klosterkirche statt (ausser GK = Gnadenkapelle, OR = Oratorium). April Sa, 1. April Tamilen-Wallfahrt 12.30 Uhr Bussfeier und Kreuzweg 14.00 Uhr Eucharistiefeier Fr, 7. April Albanermission Ostschweiz 13.00 Uhr Kreuzweg Di, 27. April Wallfahrt Oberebersol 18.00 Uhr Eucharistiefeier OR Sa, 29. April 73. Freiämter Fusswallfahrt 16.00 Uhr Eucharistiefeier OR So, 30. April Albanermission Ostschweiz 12.30 Uhr Eucharistiefeier Mai Sa, 6. Mai 77. Vorarlberger Diözesanwallfahrt 09.30 Uhr Pontifikalamt 13.30 Uhr Rosenkranz 14.00 Uhr Vesper 14.50 Uhr Verabschiedung GK So, 7. Mai Luzerner Standeswallfahrt 09.30 Uhr Mitfeier Konventamt 14.00 Uhr Andacht So, 7. Mai Seelsorgeeinheit Rapperswil-Jona 12.15 Uhr Andacht GK 12.30 Uhr Eucharistiefeier Di, 9. Mai Obwaldner Standeswallfahrt 09.30 Uhr Eucharistiefeier 15.30 Uhr Verabschiedung GK Do, 11. Mai Nidwaldner Standeswallfahrt 09.30 Uhr Eucharistiefeier 13.30 Uhr Andacht GK Sa, 13. Mai Wallfahrt Pro Ecclesia Schweiz 09.30 Uhr Pontifikalamt Do, 18. Mai Zuger Standeswallfahrt 15.00 Uhr Eucharistiefeier 16.00 Uhr Mitfeier Vesper Sa, 20. Mai Bezirke Schwyz & Küssnacht 09.30 Uhr Eucharistiefeier 14.30 Uhr Andacht GK So, 21. Mai Kirche in Not 12.30 Uhr Pontifikalamt Mo, 22. Mai 29. Sankt-Rita-Feier 09.30 Uhr Pontifikalamt 14.00 Uhr Rosenkranz 14.30 Uhr Andacht Mo, 29. Mai Polen-Wallfahrt 14.00 Uhr Pontifikalamt So, 26. Mai Tschechen-Wallfahrt 12.30 Uhr Eucharistiefeier 13.45 Uhr Andacht GK Auch wenn wir hier nur die grössten Wallfahrten nach Einsiedeln auflisten können: Wir freuen uns über jede – noch so kleine – Gruppe, die nach Einsiedeln pilgert. Träumen Sie von einer eigenen Wallfahrt Ihrer Pfarrei oder Gebetsgruppe? Nehmen Sie mit uns Kontakt auf: wallfahrt@kloster-einsiedeln.ch. Wir freuen uns auf Sie!

16 WALLFAHRT Der Wallfahrtspater berichtet «Metanoia» – Einsiedler Impulstag Der dritte Einsiedler Impulstag versammelte am Samstag, 25. Februar 2023 rund 150 kirchliche Engagierte und Verantwortliche zu gemeinsamem Nachdenken über die Zukunft der Kirche. Passend zur gerade erst begonnenen Fastenzeit stand der Anlass unter dem Motto «Metanoia» (Wandlung, Busse). Der Verein «Anima Una» und unser Kloster blicken auf einen anregenden Anlass zurück. Ein abwechslungsreiches Programm bestehend aus Impulsen, Gottesdiensten, Diskussionen und viel Austausch versprach bereits im Vorfeld einen ganz besonderen Anlass in den Räumlichkeiten der Stiftsschule. Hier soll ein Rückblick beispielhaft zeigen, was neben dem regulären Wallfahrtsbetrieb im Kloster Einsiedeln läuft. Grundlage dieses Beitrags ist ein auf der Webseite www.impulstag-einsiedeln.ch veröffentlichter Bericht. Ein guter Ersatzmann Die als Hauptreferentin angekündigte italienische Ordensschwester Alessandra Smerilli, als Untersekretärin am vatikanischen Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen eine der ranghöchsten Frauen an der Kurie, musste ihre Teilnahme leider kurzfristig absagen. Mit Professor Luigino Bruni entsandte Schwester Alessandra jedoch einen engenMitarbeiter und ebenso ausgewiesenen Fachmann nach Einsiedeln. Dieser verstand es, mit einprägenden und deutlichen Worten die Tagung zu lancieren. Anhand der Vision des Propheten Ezechiel von den toten Gebeinen deutete er die kirchliche Situation unserer Tage. Dabei betonte er die Wichtigkeit des Selbsteingeständnisses, dass das kirchliche Leben vielerortsbereits tot istunddassdarübergetrauert werden darf und muss. Erst durch diesen Trauerprozess wird Platz geschaffen für neues Leben aus dem Geist Gottes. Ein Zeugnis aus England Der britische Bischof und Autor Graham Tomlin ergänzte Brunis Worte mit eindrücklichen Fallbeispielen aus der anglikanischen Kirche, die ihm Abt Urban im Podiumsgespräch «entlockte». Nachdem seine Diözese aufgrund des massiven Mitgliederschwundes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts viele Kirchenstandorte aufgeben musste, konnte dank verschiedener Aufbrüche und Erweckungen in den letzten Jahren eine Trendwende vollzogen werden. Inzwischen kauft die anglikanische Kirche einst veräusserte Kirchengebäude wieder zurück und belebt sie neu. Bischof Tomlin strich in seinen Ausführungen die Wichtigkeit des kulturellen Zeugnisses der Kirche heraus und meinte, dass die Kirche den Menschen unserer Zeit mutig eine christliche Sicht auf die Welt anbieten solle. Wandlung im Zentrum Das griechische Wort «Metanoia» stand als Leitwort über dem Einsiedler Impulstag 2023. Es kann übersetzt werden mit Umkehr, Busse, Wandlung oder auch Erneuerung. Dass diese Aspekte für die kirchliche Situati­

17 WALLFAHRT tag dieses Jahr den Fokus auf konkrete Erneuerungserfahrungen und -herausforderungen in der kirchlichen Landschaft der Deutschschweiz. Anhand von sechs Beispielen konnten die Teilnehmenden Einblicke in Wandlungsprozesse verschiedener christlicher Gemeinschaften erhalten. Verantwortliche aus diversen Pfarreien erzählten von Erfahrungen mit je eigenen Erneuerungsprozessen und versäumten es nicht, dabei auch die Herausforderungen und Schwierigkeiten zu benennen. Eine Ermutigung auch für Mönche Mit dem typisch benediktinischen Gelübde des «klösterlichen Lebenswandels» (lateinisch «conversatio morum», wörtlich übersetzt als «Wandel der Sitten») steckt die «Matanoia» eigentlich in der DNA der Mönche. Der Impulstag am 25. Februar war in dieser Hinsicht eine wertvolle Anregung, selbst, aber auch als Gemeinschaft, auf diesem Weg der Erneuerung und der Wandlung voranzugehen, um damit mitzubauen an einer katholischen Kirche in der Schweiz, wo tote Gebeine durch den Geist Gottes wieder lebendig werden können. Pater Philipp Steiner on in der Deutschschweiz sowohl eine ausgewiesene Relevanz, aber besonders auch eine geistliche Dimension haben, wurde an der Tagung deutlich. So feierten die Teilnehmenden gemeinsam mit Bischof Benno Elbs, dem Bischof der Diözese Feldkirch in Vorarlberg, sowie mit der Einsiedler Klostergemeinschaft Eucharistie, in der die «Wandlung» einen zentralen Platz einnimmt. Dass auch eine schöne Anzahl Einsiedler Mönche am Anlass teilnahmen, zeigte ein waches Interesse an der derzeitigen Situation der Kirche. Konkrete Beispiele von Erneuerung Der Einsiedler Impulstag fand erstmals 2019 statt, damals im Rahmen des von Papst Franziskus ausgerufenen «Monats der Weltmission». Abt Urban Federer initiierte die Veranstaltungsreihe zusammen mit Vertretern der Laienorganisation «Anima Una», einer Plattform für katholische Neuevangelisierung in der Deutschschweiz. Hauptanliegen der Impulstage sind das Zusammenbringen kirchlich engagierter und verantwortlicher Personen, die persönliche Ermutigung zum individuellen Prozess der Kirchenerneuerung und das Teilen von Erfahrungswerten und Inspirationen. Darum legte der ImpulsEin mit zahlreichen kirchlich Engagierten schön gefüllter Theatersaal (Foto: Jean-Marie Duvoisin).

18 WALLFAHRT Allgegenwärtig ist das Lamm in der Sprach- und Bildwelt des Christentums. Es ist als Christussymbol so verbreitet, dass wir uns in der Regel kaum noch etwas dabei denken und uns deshalb auch der Zumutung kaum bewusst sind, die darin steckt. Josef Pieper versuchte einmal mit einem persischen Studenten, dem er Deutschunterricht gab, einen Zeitungsartikel politischen Inhalts zu lesen, in dem es um «viele Opfer» ging, die die Bevölkerung zu bringen habe. Pieper tat sich schwer, das Gemeinte klarzumachen. Schliesslich griff man zum Wörterbuch. Das Gesicht des Studenten leuchtete auf. «Nun weiss ich endlich, was Sie meinen: ein Lamm schlachten. » Hier liegt die Zumutung: Das Lamm steht wie eine Abkürzung für die Lebenshin- gabe Jesu, die ihn zum Kreuz führt. Diese Hingabe als das endgültige Paschaopfer zu deuten ist schon für Paulus Tradition: «Denn als unser Paschalamm ist Christus geopfert worden» (1 Kor 5,7). Kann man so reden? Ja, weil auch wir davon leben, dass Gott in Jesus seine Liebe selbst im Angesicht seiner Verwerfung nicht zurückgenommen, sondern durchgehalten hat bis in den Tod der Verlorenheit. Aber weil dabei der Tod starb, dürfen wir an Ostern das Festmahl des Lammes feiern. (Quelle: Gunda Brüske / Josef-Anton Willa (Hg.), Im Namen ... Amen. Liturgie in Stichworten. Paulusverlag, Freiburg Schweiz, 2012) Liturgisches Grundwissen Lamm Mit freundlicher Genehmigung des Liturgischen Institutes der deutschsprachigen Schweiz, Fribourg, www.liturgie.ch Das Osterlamm als Süssspeise (Foto: Wikimedia).

Hat nicht aufgegeben – Jesus von Nazareth (Foto: Erich Liebi). 19 Haben Sie gewusst, dass ... …dass es Aufgaben gibt, die so wichtig sind, dass man nicht aufgeben darf, daran zu arbeiten, bis sie erfüllt sind? Eine Firma, die die Aufgabe übernommen hat, durch ein steiles Gelände eine Strasse zu bauen, darf die Arbeit nicht aufgeben, auch wenn durch Wasser oder Erdrutsche die Arbeit erschwert, verzögert wird. Aber gibt es nicht Verpflichtungen, die jemanden aufgegeben sind, die sich allmählich als so schwierig erweisen, dass es auch beim besten Willen, sie auszuführen, nötig wird, den Entschluss zu fassen, aufzugeben? Was wir nicht alles aufgeben können! Einen Brief auf der Post, eine Bestellung an ein Geschäft per Mail, eine Hausaufgabe an Schüler: da wird immer etwas in Gang gesetzt, es muss etwas getan werden. Aber wenn ich das Rauchen aufgebe, wenn ich vor Müdigkeit aufgebe, weiterzugehen, wird nichts in Gang gesetzt, sondern etwas beendet. Und wie ist es mit der Aufgabe, die ich übernommen habe? Ich bemühe mich mit bestemWissen und Gewissen, alles zu tun, was diese Aufgabe, dieser Auftrag erfordert. Ich informiere mich, was alles zu dieser Aufgabe gehört, wie ich vorgehen muss, um das zu erreichen, was mit dieser Aufgabe bewirkt werden soll, ich scheuemich nicht, bei anderen Informationen einzuholen, die auf demGebiet meiner Aufgabe mehr Erfahrung haben. Aber es kann trotz aller Bemühungen und Anstrengungen geschehen, dass ich den Auftrag nicht sachgemäss erledigen kann, dass ich aufgeben muss. Uns allen sind Aufgaben aufgegeben, die wir zu erfüllen suchen. Wir dürfen sogar sagen, dass unser Leben eine grosse Aufgabe ist. Als glaubende Menschen sehen wir unser Leben als eine Gabe und eine Aufgabe, die uns Gott gibt. In der jetzigen Zeit des Krieges, der Verfolgung in weiten Gebieten, des Terrors, der Bedrohung der politischen und sozialen Einheit auch in der Schweiz sind viele in Gefahr, sich überfordert zu fühlen, sich zurückzuziehen. Als Christinnen und Christen leben wir aber von der Kraft und der Gemeinschaft mit Jesus, der nicht aufgegeben hat, der die Aufgabe, die der Vater ihm gegeben hatte, bis zum Tod am Kreuz erfüllt hat. Pater Alois Kurmann

20 KLOS TER E INS I EDELN Psalm 26 1 Verschaff mir Recht, Herr, denn in Lauterkeit ging ich meinen Weg! Dem Herrn habe ich vertraut, ich werde nicht wanken. 2 Erprobe mich, Herr, und durchforsche mich, prüfe mich auf Herz und Nieren. 3 Denn deine Huld stand mir vor Augen, in deiner Wahrheit ging ich meinen Weg. 4 Ich sass nicht bei falschen Leuten, mit Heuchlern habe ich keinen Umgang. 5 Verhasst ist mir die Versammlung derer, die Unrecht tun, bei Gottlosen kann ich nicht sitzen. 6 Ich will meine Hände in Unschuld waschen und deinen Altar, Herr, will ich umschreiten 7 um laut das Lob zu verkünden und all deine Wunder zu erzählen. 8 Herr, ich liebe die Stätte deines Hauses und den Wohnort deiner Herrlichkeit. 9 Raff mich nicht hinweg mit den Sündern, mit den Blutmenschen nimm mir nicht das Leben! 10 An ihren Händen klebt Schandtat, ihre Rechte ist voll von Bestechung. 11 Ich aber gehe meinen Weg in Lauterkeit. Erlöse mich und sei mir gnädig! 12 Mein Fuss steht auf ebenem Grund. Den Herrn will ich in den Versammlungen preisen.

21 KLOS TER E INS I EDELN lich wäre). Auch dieser Text ist wie alle übrigen losgelöst von der ursprünglichen Situation in die Sammlung der 150 Psalmen und damit in den grossen Schatz der kirchlichen Gebete aufgenommen worden. Wenn wir ihn beten, können wir mit diesen Worten verschiedene Anliegen vor Gott ausdrücken. Es kann sein, dass ich von jemandem ungerecht behandelt werde, und das lege ich in den Vers 1 hinein. Aber ebenso spreche ich dann mein Vertrauen aus, dass Gott sichtbar werden lässt, dass ich unschuldig bin. In der Bitte, «Verschaffe mir Recht, Herr», muss aber keineswegs eine konkrete Anschuldigung liegen. Mit diesen Worten formulieren wir auch die grundlegende Situation unseres Lebens, das bedroht, von Mangel und Unsicherheit gezeichnet ist, und mit den folgenden Versen stärken wir unser Vertrauen auf Gottes Gegenwart. Aber auch konkrete Situationen unserer Zeit können wir mit diesem Psalm vor Gott bringen: das brutal angegriffene Volk der Ukraine, Frauen, die verschleppt und in Bordellen missbraucht werden, Menschen, die in Gebieten wohnen, denen absichtlich von Feinden die Ernte zerstört wurde, und unsere Kirche, die immer wieder in verschiedenen Gegenden verfolgt ist. Jede Not kann in diesen Versen ausgesprochen werden und in jede Not hinein können wir Gott rufen, ihn um seine helfende Gegenwart bitten. Pater Alois Kurmann Die erste Aussage: «Verschaff mir Recht, Herr», zeigt unmissverständlich, dass der Psalm von einem gebetet wird, der unrechtmässig angeklagt oder verfolgt wird. Der oder die Ankläger oder Verfolger, werden als «Blutmenschen» (V. 8) beschrieben. die mit Bestechung V. 10) arbeiten. Der Beschuldigte stellt sich dagegen der Beurteilung durch Gott: Erprobe mich, durchforsche mich, prüfe mich (Verse 2–3), denn er kann sich auf sein gutes, ehrliches Verhalten berufen (Verse 3–5). Er kann und will seine Unschuld auch öffentlich bekunden: durch Waschen seiner Hände im Tempel, um seine Unschuld zu bezeugen, durch Lob und Preis Gottes (Verse 6–8). Darum spricht er die entscheidende Bitte aus: «Erlöse mich und sei mir gnädig» (V. 11), und er verspricht, dass er dafür Gott vor der versammelten Gemeinde preisen werde (V. 12). «Der Psalm ist durchströmt von der Gewissheit: Nichts kann mich scheiden von der Huld Gottes, die sich an der Stätte seiner Gegenwart wirksam erweist» (Hans-Joachim Kraus). Diese Aussage des Bibelwissenschaftlers, die auf die Verse 6–8 gestützt ist, setzt voraus, dass es ein gerichtsmässiges Verfahren gibt, mit dem ein Verfolgter, ein Angeklagter im Tempel seine Unschuld verteidigen und entsprechend freigesprochen werden kann. Wenn wir heute den Psalm beten, habe wir diese Möglichkeit der Feststellung der Unschuld nicht mehr. Aber wir stehen vermutlich auch nicht in der gleichen Situation wie der biblische Beter, wir sind nicht angeklagt, etwas Unrechtes getan zu haben oder in religiösem Sinn gottlos zu sein (was heute in fundamentalistischen islamistischen Staaten wie Iran wieder mögGott soll Recht schaffen Die Hände in Unschuld waschen

22 KLOS TER E INS I EDELN «Verehrte Fahrgäste, in wenigen Minuten erreichen wir den Endbahnhof. Wir bitten alle Reisenden auszusteigen und verabschieden uns von Ihnen.» Wer öfters mit dem Zug unterwegs ist, kennt diese Ansage. In der letzten JanuarWoche hiess es auch für unseren Pater Remigius: «Endbahnhof». Seine Lebensreise in dieser Welt ging zu Ende. Er ist aus seinem «Lebenszug» ausgestiegen. Zuletzt wurde er vom Pflegeteam der Alpoase in der Langrüti liebevoll betreut, wofür wir sehr dankbar sind. Eine besondere Freude war es auch, dass das Requiem für Pater Remigius vom Stiftschor feierlich umrahmt wurde. Rund 70 Jahre lang hat Pater Remigius im klösterlichen Männerchor und dann auch im Stiftschor mit seiner Tenorstimme mitgesungen. Das aber gehört bereits zu den späteren Stationen seines «Lebenszuges». Beginnen wir mit der ersten. «Erster Halt: Spital Glarus». Das war am 17. Juli 1930, einem Donnerstag. Da wurde dem Ehepaar Josefina und Meinrad LacherSchwitter ein Knabe geschenkt, bei dem man allerdings nicht so sicher war, ob er wirklich in den «Lebenszug» einsteigen wollte. Er war sehr schwächlich, so dass seine erste Station auch gleich seine letzte hätte sein können. Deshalb liess man ihn noch im Spital eine Woche nach seiner Geburt taufen und legte so jenes Leben in ihn hinein, das keinen Tod kennt. Getauft wurde er auf den Namen Rembert. Grund für diese Namenswahl war ein damals in Näfels lebender Kapuziner, der sich sehr um die Kranken annahm und bei den Leuten sehr beliebt war. Rembert war das dritte von insgesamt sechs Kindern, fünf Buben und ein Mädchen. Der jüngste allerdings, Bruno, starb bereits fünf Wochen nach seiner Geburt. «Nächster Halt: Schule.» Meinrad Lacher, Remberts Vater, stammte aus der Eintracht in Egg bei Einsiedeln, von wo er als junger Mann zunächst nach Näfels, wo er seine Frau kennenlernte und dann mit der jungen Familie nach Glarus zog. Dort besuchte Rembert seit Frühling 1937 die Primarschule. Mit ungefähr sechs Jahren kam er das erste Mal nach Einsiedeln. Aber ihm«wollte die grosse Kirche, in der Leute wohnen, nicht recht in den Kragen passen», wie er als junger Mann rückblickend schrieb. Viel ansprechender war da die «Festausgabe von Maria-Einsiedeln» zur Millenniumsfeier aus dem Jahr 1934 mit ihren «etwa hundert PhotoaufnahIn Memoriam Pater Remigius «Endstation für einen leidenschaftlichen Eisenbähnler» Pater Remigius Lacher 17.10.1930–24.1.2023.

23 KLOS TER E INS I EDELN men», die Rembert zu Hause in einer Schublade fand. Diese beeindruckte den Jungen offenbar so sehr, dass er während der zweijährigen Schulzeit bei den Kapuzinern in Näfels nie auf den Gedanken kam, selber Kapuziner zu werden. «Mein Ziel war nur noch eins: Einsiedler Pater», hielt er fest – und man möchte hinzufügen: «Einsiedler Pater mit Fotoapparat», der in seinen Ferien ähnlich schöne und faszinierende Bilder zu machen strebte, wie er sie in der besagten Festschrift gesehen hatte. So kam er also 1946 an die Stiftsschule hier in Einsiedeln. Die grosse Masse an Studenten, die er hier antraf, bereitete ihm zunächst etwas Mühe. Aber mit der Zeit begann er die Schönheiten zu entdecken, zu denen er den Gesang, das feierliche Chorgebet, die Gottesdienste sowie die Vielseitigkeit des Lebens und Wirkens in diesem Kloster zählte. Tatsächlich trat er dann nach der Matura ins Kloster ein. «Nächster Halt: Fraterstock.» 1952 wurde Rembert eingekleidet. Im Fraterstock, wo die Novizen zusammen mit jenen wohnen, die ihre Klostergelübde erst für eine begrenzte Zeit abgelegt haben, lernte Rembert das klösterliche Leben kennen und konnte sich an der klostereigenen Lehranstalt theologische Grundlagenkenntnisse erwerben. Nach dem Noviziat versprach auch er 1953 für drei Jahre Beständigkeit, klösterlichen Lebenswandel und Gehorsam, und nahm dabei den Namen Remigius an. Drei Jahre später, am 8. September 1956, bestätigte er sein Gelübde in der Feierlichen Profess auf Lebenszeit. Am 8. Juni des darauffolgenden Jahres wurde er zusammen mit seinen Mitbrüdern Angelo Zanini, Damian Rutishauser und Thomas Locher durch Handauflegung von Bischof Nestor Adam zum Priester geweiht. Seine erste heilige Messe hier in der Klosterkirche, die Primiz, fiel am 30. Juni passend mit der Glarner Landeswallfahrt nach Einsiedeln zusammen. «Nächster Halt: Pfarrei.» Per 1. September 1958 wurde Pater Remigius Vikar in Einsiedeln. Nachdem er aus dem Fraterstock ausgezogen war, bewohnte er fortan ein Zimmer in der Klausur des Klosters. Auch als Vikar. Erst 1975 sollte er ein Zimmer im neu ausgebauten Pfarramt bekommen. 1982 ernannte ihn der Bischof von Chur, Johannes Vonderach, zum Pfarrvikar in Gross als Ergänzung zu seiner Seelsorgetätigkeit in Einsiedeln. In seine Vikarszeit fielen der Bau des neuen Pfarrhauses (1984), des neuen Schulhauses (1991) sowie die Renovation der Kirche (1995 bis 1997). Aber noch etwas ganz anderes fiel in die Zeit der Pfarrseelsorge von Pater Remigius, nämlich die Geburt von Pfiff, Brosi und Snufi. Das sind in Einsiedeln ganz berühmte Gestalten. Ihre Abenteuer erfand und erzählte Pater Remigius im Religionsunterricht jeweils am Ende des Schuljahres. Er durfte dabei auf gespannt lauschende Kinder zählen. «Nächster Halt: Kloster». 2002 nahm Pater Remigius nach 20 bzw. 44 Jahren Abschied von Gross und von der Pfarrei Einsiedeln. Ein Jahr später konnte er dann in der Klausur des Klosters ein neu eingerichtetes Zimmer beziehen, aus welchem sehr oft dezent und leise klassische Musik zu hören war. Zurück im Kloster, dem er nie wirklich fern war, unterstützte er die Wallfahrt und zeigte mitunter unzähligen Gruppen die Tonbildschau des Klosters. Darüber hinaus nahm er ganz selbstverständlich priesterliche Dienste wahr. Ganz selbstverständlich trug er auch das tägliche Chorgebet der Mönche mit und zeigte hier vorbildliche Treue, gehört dies doch zu den wichtigsten Pflichten eines Benediktiners. Vielleicht wurde ihm 2006 auch deshalb eine Aufgabe anvertraut, die nach der Regel des heiligen Benedikt in einem Kloster ebenfalls zu den höchsten, wichtigsten und edelsten Aufgaben gehört: den Dienst am Tisch. Pater Remigius wurde die Betreuung des Refektoriums, des klösterlichen Speisesaales, anvertraut. Wenn er mit dem Auftischen für seine Mitbrüder beschäftigt war, blitzte auch immer wieder sein Frohmut, sein Schalk und sein Humor auf: Fast jeden seiner Mitbrüder wusste er auf humorvolle Weise zu imitieren. Lustig war das nicht zuletzt dann,

24 KLOS TER E INS I EDELN Am 24. Januar dieses Jahres, morgens um ca. 1:35 Uhr,hat der «Lebenszug» von PaterRemigius den Endbahnhof erreicht. Wir hoffen und wir beten, dass dort ein Empfangskomitee bereitsteht und ihn willkommen heisst: Darunter sicher die Mutter Gottes und wohl auch der heilige Meinrad, schliesslich wurde Pater Remigius am Festtag des heiligen Einsiedlers mit den Sakramenten der Krankensalbung und der heiligen Eucharistie gestärkt. Zudem erreichte sein «Lebenszug» die Endstation mitten in der Meinradsoktav. Die Heiligen mögen ihn nun hinführen zum «Lokomotivführer» seines Lebenszuges: Jesus Christus. Diese Begegnung erfülle den Verstorbenen mit Leben, für das es keinen Endbahnhof mehr gibt. Pater Daniel Emmenegger wenn man als Zuhörer von Pater Remigius nicht wahrgenommen wurde. «Nächster Halt: Pflegestation.» Die sich immer stärker bemerkbar machende Demenzerkrankung machte einen Umzug auf die Pflegestation des Klosters notwendig. Wie gerne hätten wir unseren Mitbruder bis zu seinem Tod hier im Kloster behalten, wofür man noch zu Beginn des Jahres 2020 bestens vorbereitet war. Eine Reihe von Todesfällen in der zweiten Jahreshälfte verunmöglichte es jedoch, den Betrieb der Pflegstation aufrecht zu erhalten, und ein Wechsel ins Pflegeheim wurde unumgänglich. «Nächster Halt: Endbahnhof.» Der Reisende wurde gebeten auszusteigen, und wir verabschieden uns von ihm. Pater Remigius war ein leidenschaftlicher «Eisenbähnler». Er hatte eine recht grosse Modelleisenbahn – sie war 275 auf 140 Zentimeter gross –, die er unzähligen Leuten zeigte. Sie war allerdings zu gross, um sie nach seiner Pfarreitätigkeit mit auf sein Zimmer zu nehmen. Er verschenkte sie einem seiner Neffen, dessen Pate er war. Was er allerdings vom Pfarramt mitnahm, war ein Foto, die Pater Remigius im Führerstand einer Lokomotive zeigt. Ein geliehener «Edelstein» Vor fünf Wochen haben wir Weihnachten gefeiert, das Fest des neuen Lebens. Gott hat uns seinen Sohn gesandt und uns damit denWeg zum neuen Leben eröffnet. – Jesus, das Geschenk des Vaters. Für gläubige Christen bedeutet dies: Wir geben die Liebe, mit der Gott uns beschenkt hat, grosszügig an andere weiter. Ein Zeuge des neuen Lebens ist in diesen Tagen von uns gegangen: Pater Remigius Lacher. Betrachten wir unseren Verstorbenen als ein Geschenk, das uns Gott vor 93 Jahren geliehen hat – denn Gott hat dieses Geschenk in diesen Tagen ja sozusagen zurückgefordert und Pater Remigius endgültig in seine Nähe gerufen. Bei seiner Taufe, bei seiner Profess und bei seiner Priesterweihe bekam unser Verstorbener von Gott ein grosses Geschenkpaket überreicht, und unser Verstorbener hat vom Inhalt dieses Paketes reichlich Gebrauchmachen können. Seine Arbeit hat wohl auch reichlich Frucht gebracht:

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