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Pater Berno Blom

Am Abend des Bruder-Klausen-Festes, am 25. September 2020, kurz nach dem Abendessen, schnitt der Herr über Leben und Tod den in über 86 Jahren gesponnen Lebensfaden unseres Mitbruders P. Berno ab. Obwohl er in den vergangenen Wochen sichtlich an Kräften verlor, kam sein Hinschied dennoch für alle überraschend.

Seinen Anfang nahm dieser Lebensfaden im Jahr 1934, und zwar am Montag, dem 23. Juli. An diesem Tag wurde den Eltern Heinrich und Mina Blom-Christ in Fehren Zwillinge geboren, zwei Buben. Der eine erhielt in der Taufe den Namen Otto (P. Berno), der andere den Namen Erich. Drei ältere Geschwister waren bereits auf der Welt, ein jüngerer Bruder folgte neun Jahre später. Der Vater war Prokurist und die Mutter Posthalterin. Die Mutter starb, als Otto 20 Jahre alt war, nach einer Blinddarmoperation – ein Schicksal, das zu diesem Zeitpunkt bereits auch seinen ältesten Bruder eingeholt hatte.

P. Berno pflegte zeitlebens ein inniges Verhältnis zu seiner Schwarzbuben-Heimat und zu seiner Familie im speziellen. Das Elternhaus übernahm später sein Zwillingsbruder Erich, und es blieb Dank seiner Schwägerin Alda Blom auch nach dessen Tod sein «Zuhause», wo er ganz selbstverständlich ein Zimmer hatte.

Nach der Primar- und Bezirksschule kam Otto 1949 in die laufende erste Klasse im Stift Einsiedeln. Diese Schule schloss er 1956 mit der Matura ab. Offenbar hinterliess er 1951 grossen Eindruck in der Rolle der Eurydike, als Glucks Oper «Orpheus und Eurydice» aufgeführt wurde. Als Sopran schien er vollends zu überzeugen, und seine Lehrer und späteren Mitbrüder hätten ihn gerne entsprechend gefördert, aber Otto mochte nicht die erforderliche Zeit zum Üben aufbringen – lieber spielte er Fussball. Dennoch blieb die Musik ein wichtiger Teil in seinem Leben.

Im Herbst nach Abschluss der Matura trat Otto ins Kloster Einsiedeln ein – sehr zur Freude seines Vaters. 1957 legte er seine einfachen Gelübde ab und nahm den Namen Berno an. Drei Jahre später folgten die feierlichen Gelübde. Kurz nach der Priesterweihe am 20. Mai 1961 kam P. Berno als Lehrer an die Stiftsschule, unterrichtete dort Latein und Religion, unterbrach diese Tätigkeit aber 1966 für das Studium der Altphilologie in Zürich, das er 1970 mit dem Lizentiat abschloss. Zurück an der Schule, war er dann auch Unterpräfekt. Damit war ihm die Sorge um die internen Schüler anvertraut. P. Berno scheute keinen Aufwand, sich für eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung der ihm anvertrauten Jungen einzusetzen. Besonders gut sichtbar wurde dies an den gepflegten Sportanlagen und am Eisfeld im Winter, für dessen Herstellung und Erhalt P. Berno wohl nächtelang Wasser gespritzt haben muss. Viele seiner ehemaligen Schüler mögen sich an das eine oder andere Wochenende in einer Berghütte erinnern oder an Märsche auf den Kleinen Aubrig – derart früh, dass man rechtzeitig wieder am Frühstückstisch sass. In Erinnerung dürften nicht zuletzt seine gut vorbereiten Gottesdienste und Andachten geblieben sein, bei denen er auch Lichtbilder und – natürlich – Musik einsetzte. Noch in späten Jahren hallten die Schulgänge ab und zu von seinem Geigenspiel wider.

Zeugen gut vorbereiteter Gottesdienste wurden später auch die Pfarreiangehörigen von Freienbach. 1998 trat Abt Georg mit der Anfrage an ihn heran, einen dort wirkenden Mitbruder in der Seelsorge zu entlasten. Obwohl P. Berno gerne für die Jugendlichen da war und sich für sie einsetzte, ohne aufdringlich zu sein, kam ihm diese Anfrage nach über dreissigjähriger Lehrtätigkeit nicht ungelegen. In der Pfarreiseelsorge blühte P. Berno dann richtiggehend auf. Er meinte einmal, dass er schon viel früher diese Aufgabe gesucht hätte, hätte er gewusst, wie schön sie sei. «Gottesdienste, Versöhnungsfeiern mit Kindern und Jugendlichen, Trauerbegleitung von Leid geprüften Menschen, Gebete für Menschen, die an einer schweren Krankheit leiden, all diese Erfahrungen gaben mir Auftrieb», führte er anlässlich seines 75. Geburtstages aus. So war P. Berno in Freienbach dann auch weit mehr als bloss ein «Sonntagspfarrer», als welcher er von seinem Mitbruder begrüsst wurde. Das Einzige, was ihn von einem «richtigen Pfarrer» unterschied, war mehr oder weniger nur der Umstand, dass er nicht im Pfarrhaus wohnte, sondern immer ins Kloster in seine Zelle zurückkehrte, die er über 60 Jahre bewohnte und die ihm kostbar war. Die Pfarrei passte zu P. Berno, und sie half ihm, dass auch er zu ihr passen konnte. Dies zeigte sich nicht zuletzt in der Anschaffung passender Messgewänder aus dem Kloster Fahr, waren ihm doch jene seiner Vorgänger viel zu lang. Diese mussten damit nicht mehr weiter mühsam mit Stecknadeln angepasst werden, wie zu Beginn, um ein Stolpern des Paters auf den Stufen zu verhindern.

Am 31. Januar 2016 endete P. Bernos seelsorgerliche Tätigkeit in Freienbach, eine tiefe gegenseitige Verbundenheit blieb jedoch. Bis vor wenigen Jahren unterstützte er von Einsiedeln aus weiterhin die Organisation der Höfner-Wallfahrt nach Einsiedeln. Und Einsiedler Patres, die nach 2016 in Freienbach Gottesdienst feierten, durften ihm regelmässig Grüsse überbringen.

P. Berno blieb bis zuletzt Seelsorger. Solange es seine Kräfte zuliessen, nahm er Aushilfen wahr. Im Kloster Au und in den beiden Einsiedler Pflegeheimen Langrüti und Gerbe feierte er noch bis zum vergangenen Monat regelmässig Gottesdienste. Ungern zog er sich davon zurück. Zunehmend schwach und unsicher auf den Beinen, wollte er aber niemandem zumuten, ihn während eines Gottesdienstes vom Boden aufheben zu müssen, sollte er einmal stürzen.

Am Ende seiner Gottesdienste erzählte P. Berno gerne einen Witz. «Humor gehört unbedingt zur Seelsorge», meinte er, «wenn man zu ernst ist, verbaut man sich viel.» In den letzten Jahren gab er den Leuten jedoch noch ein anderes Wort mit auf den Weg – ein Segenswort. P. Berno soll damit in diesem – seinem – Lebenslauf das letzte Wort gegeben werden, an alle Leserinnen und Leser gerichtet: «Bhüet Euch Gott und nähmed’s ned schwer».

2. Oktober 2020
P. Daniel Emmenegger

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